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Mathematiker
Pierre de Fermat - seiner Zeit voraus

Er führte ein ausgefülltes Leben als Jurist und Regierungsbeamter, allerdings ist er der Nachwelt als bedeutendster Mathematiker der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts bekannt: Pierre de Fermat. Vor seinem Tod vor 350 Jahren hinterließ der Franzose ein mathematisches Rätsel, das erst 1994 geknackt werden konnte.

Von Mathias Schulenburg |
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    Der französische Mathematiker Pierre de Fermat wird oft als menschenscheu dargestellt. (dpa / pa / Constantini)
    Pierre de Fermat, Ende 1607 oder Anfang 1608 in Beaumont-de-Lomagne nahe Toulouse geboren, der Nachwelt vornehmlich als Mathematiker höchsten Ranges bekannt, auf dem beschwerlichen Weg von Toulouse nach Nîmes, um einen Gerichtsbeschluss durchzusetzen: Die Färber von Nîmes mögen dringendst von der Verwendung importierten Übersee-Indigos absehen und wieder den heimischen Färberwaid verwenden, dessen profitabler Vermarktung der Region Lauragais den Namen Schlaraffenland eingetragen hatte. Eine delikate Aufgabe, die Fermat als ganzen Kerl mit diplomatischem Geschick ausweist. Nichts für einen menschenscheuen Gelehrten, als der Fermat oft dargestellt wird.
    Tatsächlich verstand sich Fermat selbst weniger als Mathematiker denn als Jurist, Richter, schließlich Parlamentsrat. Für seine hohe Position hatte er Qualifikationen erworben, aber auch, im Einklang mit Gesetz und Gebräuchen, ein großes Vermögen bezahlt, das aus der väterlichen Erbschaft stammte.
    Aber die Nachwelt hatte schon recht: Seinen Platz in der Geschichte hat Fermat nicht seiner gesellschaftlichen Stellung zu verdanken, sondern einer Reihe mathematischer Perlen die, teils, auch die Physik erhellten.
    Ausbreitung des Lichts
    Eine besonders schön schimmernde: das Prinzip der kürzesten Zeit, angewandt auf die Ausbreitung des Lichtes.
    Das kann man schon mittels eines Glases Tee erfahren. Die vermeintliche Knickung des Teelöffels an der Grenze zwischen Luft und Tee ist dem Umstand zu danken, dass Licht stets einen Weg wählt, der ein Minimum an Zeit erfordert. Aus diesem Prinzip lässt sich das Lichtbrechungsgesetz von Snellius ableiten, das den Löffel geknickt aussehen lässt.
    Fermat war sehr auf seine Ruhe bedacht, seine Mathematik verbreitete er in privater Korrespondenz. Gedrängt, einen Teil seiner Arbeiten zu veröffentlichen, schrieb er:
    "Was auch immer von meinem Werk man für publikationswürdig erachtet, ich möchte meinen Namen nicht darunter sehen."
    Mathematisches Rätsel von Fermat
    Der Wunsch konnte nicht in Erfüllung gehen, denn Fermat hinterließ der Mathematik eines der härtesten Rätsel ihrer Geschichte, das zu knacken mehr als 350 Jahre in Anspruch nahm. Dabei sah alles kinderleicht aus. Fermat, ein großer Bewunderer des Pythagoras, hatte dessen Gleichung a2 + b2 = c2- eben die, aus der Schule, rechtwinkliges Dreieck - modifiziert und sich gefragt, ob die Gleichung nicht auch für höhere Potenzen als 2 ganzzahlige Lösungen haben könne. Für die Potenz 2 lassen sich beliebig viele ganzzahlige Zahlentripel finden, zum Beispiel 3, 4, 5. Deren Quadrate summiert ergeben: 3 zum Quadrat, also 9, plus 4 zum Quadrat, also 16, gleich 5 zum Quadrat, die 25 - Gleichung erfüllt. Schon für die dritte Potenz aber a3 + b3 = c3 ließ sich kein passendes ganzzahliges Zahlentrio mehr finden, ebenso wenig für noch höhere Potenzen. Man möge doch beweisen, dass sich bei dieser Gleichung für Potenzen größer 2 überhaupt keine Lösungen finden lassen.
    Dann die Perfidie, sinngemäß: Nun, er, Fermat, habe einen wunderschönen Beweis gefunden, leider nur sei der Rand des Buches, das gerade zur Hand war, nicht breit genug gewesen, den Beweis niederzuschreiben, wenn sich die Kollegen also selber bemühen wollten.
    Erst 350 Jahre später, 1995, wurde ein Beweis akzeptiert, ausgearbeitet von Andrew Wiles und Richard Taylor. Die 100-Seiten-Schrift, für Nicht-Spezialisierte ein Buch mit sieben Siegeln, gilt als der Höhepunkt der Mathematik des 20. Jahrhunderts. Die Fachwelt, hier der Mathematikhistoriker Keith Devlin, sieht Fermat auf dem Olymp:
    "Als Pierre de Fermat am 12. Januar 1665 starb, war er einer der berühmtesten Mathematiker in Europa. Obwohl sein Name heutzutage ausnahmslos mit der Zahlentheorie verbunden wird, war vieles von seinem Werk in diesem Gebiet seiner Zeit so weit voraus, dass er seinen Zeitgenossen besser vertraut war durch seine Forschung in der Koordinatengeometrie, durch die Infinitesimalrechnung und durch die Wahrscheinlichkeitstheorie."