Claudius war weniger Dichter als vielmehr Journalist und Redakteur. In den 1770er Jahren schrieb er für den „Wandsbecker Bothen“. Wandsbek war damals noch ein Vorort von Hamburg. Matthias Claudius war bei der Zeitung für die „Gelehrten Sachen“ zuständig.
Gute Kenntnisse des Himmels
Sein Abendlied lässt auf gute Kenntnisse des Himmels schließen. Zunächst geht es um Wald, Wiesen und Nebelschwaden in der Dämmerung. In der dritten Strophe wird es dann astronomisch: „Seht Ihr den Mond dort steh'n? Er ist nur halb zu seh'n, Und ist doch rund und schön.“
Dies mag zunächst als sachlicher Fehler erscheinen. Denn ein Halbmond geht nicht in der Dämmerung auf – allenfalls unter sehr theoretischen Annahmen in hohen Breiten. Bei uns steht der Halbmond bei Sonnenuntergang bereits am Himmel.
Doch Matthias Claudius meint hier womöglich etwas Anderes: Vom Mond ist immer nur dieselbe Hälfte zu sehen – die Rückseite bleibt dem Blick von der Erde verborgen.
Voll und halb gleichzeitig
Auch Matthias Claudius war klar, dass der Mond eine komplette schöne Kugel ist. Interessanterweise hat auch der Maler Ludwig Richter in seiner berühmten Illustration dieses Liedes einen vollen und keinen halben Mond dargestellt.
Heute strahlt unser Trabant noch halb – nach Neujahr heißt es dann frei nach Claudius: Der volle und doch halbe Mond ist aufgegangen.