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Maut-Einigung
Experten warnen vor Nullsummenspiel

Im Streit um die PKW-Maut in Deutschland haben sich Brüssel und Berlin auf einen Kompromiss geeinigt. Doch das geänderte Maut-Modell lässt immer noch viele Fragen offen. Dabei steht nicht nur die Finanzierung in der Diskussion. Kritiker bezeichneten die Maut zudem als europafeindlich und diskriminierend für Ausländer.

Von Jörg Münchenberg |
    PKW fahren am 30.10.2014 auf der Autobahn 352 in der Region nördlich von Hannover (Niedersachsen) unter einer Mautbrücke durch.
    Verkehrsminister Alexander Dobrindt und die EU-Kommission haben sich auf eine Variante der Pkw-Maut geeinigt, die europarechtskonform sein soll. (picture alliance / dpa / Holger Hollemann)
    Sichtlich zufrieden trat der Bundesverkehrsminister vor die Presse. Sobald der deutsche Bundestag die Änderungen an der deutschen PKW-Maut beschlossen hat, wird die EU-Kommission das Verfahren gegen Deutschland einstellen:
    "Somit ist klar, dass die Maut kommt. Es wird keine Mehrbelastung für inländische Autofahrer geben. Und zukünftig wird jeder, der unsere Autobahnen nutzt, auch einen angemessenen Beitrag an der Finanzierung leisten".
    Vorteile für Halter von umweltfreundlichen Autos
    An zwei entscheidenden Stellen war Alexander Dobrindt der EU-Kommission entgegengekommen: Zum einen wird es keine direkte 1:1 Entlastung der deutschen Autofahrer von der PKW-Maut über die KFZ-Steuer geben; stattdessen werden Halter von besonders umweltfreundlichen Autos, die der Euro Norm sechs entsprechen, zusätzlich durch eine Steuerersparnis belohnt.
    Daneben sollen Kurzzeitvignetten billiger werden als ursprünglich geplant, außerdem wird es fünf statt nur drei Preisstufen pro Angebot geben. Je nach Schadstoffausstoß und Motorleistung werden beispielsweise für die 10-Tagesvignette zwischen 2,50 und 20 Euro fällig. Das sei ein guter Kompromiss, meinte dann auch EU-Verkehrskommissarin Violetta Bulc:
    "EU-Bürger werden nicht unfair behandelt. Deutsche Straßen bleiben für jeden erschwinglich, auch für Grenzpendler"
    Zudem will Deutschland die Kommission auch bei der Einführung einer europaweiten Maut politisch unterstützen. Und doch bleiben nach dem erzielten Kompromiss viele Fragen offen. Da sind zum einen die Einnahmen. Ursprünglich hat Dobrindt mit Nettoerlösen von 500 Millionen Euro gerechnet. Doch die zusätzliche Entlastung für Autofahrer mit besonders umweltfreundlichen Autos wird mit 100 Millionen Euro Mindereinnahmen zu Buche schlagen.
    Zudem sind die Kurzzeitvignetten billiger geworden. Unter dem Strich werde es dennoch Mehreinnahmen bei den Kurzzeitvignetten geben, behauptet Dobrindt, außerdem sei das Verkehrsaufkommen in Deutschland noch einmal gestiegen:
    "In der Summe führt dies dazu, dass die Nettoeinnahmesituation rund 500 Millionen Euro pro Jahr beträgt".
    "Diskriminierend für Ausländer und europafeindlich"
    Manche Experten warnen aber bereits vor einem Nullsummenspiel. Laut Koalitionsvertrag gilt die Vorgabe, dass die Verwaltungskosten für die Umsetzung der PKW-Maut nicht über den Einnahmen liegen dürfen. Außerdem dürfen deutsche Autofahrer nicht zusätzlich belastet werden. Doch auch die Kommission muss sich kritische Fragen gefallen lassen. Michael Cramer, der Verkehrsexperte der Grünen im Europäischen Parlament:
    "Die Kommission als Hüterin der Verträge verletzt ihre eigenen Gesetze. Weil diese Maut nur von Ausländern finanziert wird. Aber weil nur die Deutschen entlastet werden, wird europäisches Recht verletzt. Und das ist diskriminierend für die Ausländer und europafeindlich".
    Und so haben einige Nachbarländer wie etwa Österreich weiterhin nicht ausgeschlossen, dass sie auch gegen das überarbeitete deutsche Mautgesetz vor dem Europäischen Gerichtshof klagen werden. Dobrindt zeigte sich dennoch zuversichtlich: Nach dem Abschluss des parlamentarischen Verfahrens soll das Projekt ausgeschrieben werden. Nach den Bundestagswahlen im kommenden Jahr könnte dann die PKW-Maut in Deutschland eingeführt werden.