Der Maler Max Liebermann hat auf die Frage, warum er denn statt im schönen Italien lieber im windigen Holland male, die berühmte Antwort gegeben: "Italien ist mir zu pittoresk". Und damit stand er nicht allein. Sein Zeitgenosse Wilhelm Busch hielt es ähnlich. Als er - der väterlich gewollten Ausbildung am hannoverschen Polytechnikum entflohen - 1852 in Antwerpen ankommt, um ein neues Leben als Maler zu beginnen, sieht er dort zum ersten Mal Gemälde von Rubens, Brouwer, Teniers und Frans Hals. Im Tagebuch schwärmt er von ihrer "göttlicher Leichtigkeit, der Unbefangenheit eines guten Gewissens". Es ist Liebe auf den ersten Blick, aber Antwerpen wird zur beruflichen Katastrophe, er mit Typhus muss zurück ins heimatliche Wiedensahl. Wenig später versucht er es ein drittes Mal - an der Münchener Akademie - wieder ohne Erfolg. Das Wilhelm Busch Museum in Hannover, das neben den berühmten Bildergeschichten auch noch immer kaum bekannten malerischen Nachlass des Meisters hütet, wirft jetzt tiefe Blicke auf Buschs Liebesverhältnis mit den Meistern des Goldenen Zeitalters.
Wilhelm Busch, der es mit Geschichten wie "Max und Moritz", "Hans Huckebein" oder "Plisch und Plumm" zu überregionalem, ja internationalem Ruhm gebracht hatte, war ein scheuer, verschlossener, insgeheim etwas anderes, größeres wollende Künstler. Seine Malerei war schwer und dunkel, voll erdiger, tiefsamtener Zonen. Seine Pinselwerke zeigte er nur wenigen seiner Freunde. Es ist frappierend zu sehen, wie eng er sich an die Vorbilder aus Flandern hielt: Wer in Hannover die thematisch gehängte Schau durchwandert, muss manchmal schon die Ausschilderung lesen: Handelt es sich bei dieser kleinen arkadischen Landschaft vielleicht nicht doch um einen Busch? Nein, sie ist von seinem Vorbild Ruysdael. Oder jene - von Gewitterwolken verhangene - Windmühle? Die könnte von Brueghels Hand sein, doch hat Wilhelm Busch sie gemalt. Ein Höhepunkt der Ausstellung: die Gegenüberstellung von Adriaen Brouwers Genrebild "Operation am Rücken" aus dem Frankfurter Städel mit einem ähnlichen Bild von Busch. Hat er es kopiert oder sich nur genüsslich bei Brouwer bedient?
Ähnliches fühlt man vor Buschs "Selbstbildnis in holländischer Tracht", das den Besucher herausfordernd über die kalte, barocke Schulter anblickt, ganz bewusst im Stile von Frans Hals. Und ach, die vielen Kühe, die Busch konterfeit - ohne die Vorbilder von Adriaen van de Velde oder Paulus Potter sind sie undenkbar. "Die holländischen Bilder hab ich freilich gern" - so schrieb er, irgendwo versteckt, in einem Brief. Doch dass es sich um ein "privates Pläsier" handelte, ja mehr noch: um eine lebenslange Leidenschaft, das wusste kaum jemand. Erst wir können heute - über ein Jahrhundert nach seinem Tod - etwas davon begreifen. Dass er - der berühmte Meister des "Humoristischen Hausschatzes" - nur Zeichner geworden war, das blieb ihm zeitlebens wie ein Stachel in der Seele, es machte einen Teil seiner Schwermut aus.
Wilhelm Busch hat wiederholt Kassel besucht, wo er die Niederländer bewunderte, jetzt sind über zwei Dutzend dieser Bilder in Hannover zu Gast. Buschs lebenslange Faszination für sie ist aktenkundig. Schon 1908 - kurz nach seinem Tod - kündete davon eine erste posthume Ausstellung. Interessanterweise haben Künstler wie August Macke oder Paul Klee sie damals gesehen und sich so erstaunt wie bewundernd darüber geäußert.
Wir können jetzt in Hannover auch studieren, worin Busch sich von seinen Vor-Bildern unterscheidet: Wenn er eine mit Reet gedeckte Kate oder eine Weide mit roten Fohlen, eine Sandkuhle oder einen Weiher am Waldrand malt, macht er sie zu arkadischen Reminiszenzen, zu Erinnerungsbildern, vernebelt von Trauer, dass sich dergleichen im Jahrhundert der Technik und der Wissenschaften im Abseits noch erhalten habe.
Busch malt Bauern- und Wirtshausgeschichten, sadistische Zahnärzte oder eingenickte Trinker sozusagen in Anführungszeichen, wie Überbleibsel einer längst versunkenen Zeit. Und ebenso scheinen sie im Farbbrei, in den Schrunden seiner Gemälde versinken, sich dem modernen Blick entziehen zu wollen. Wilhelm Busch war ein prekärer Künstler, angesiedelt zwischen Baum und Borke, und eigentlich ist es ein Wunder, dass er mit so schönen, bösen Geschichten wie dem "Maler Klecksel" einen ganz besonderen Ruhm erworben hat.
Wilhelm Busch, der es mit Geschichten wie "Max und Moritz", "Hans Huckebein" oder "Plisch und Plumm" zu überregionalem, ja internationalem Ruhm gebracht hatte, war ein scheuer, verschlossener, insgeheim etwas anderes, größeres wollende Künstler. Seine Malerei war schwer und dunkel, voll erdiger, tiefsamtener Zonen. Seine Pinselwerke zeigte er nur wenigen seiner Freunde. Es ist frappierend zu sehen, wie eng er sich an die Vorbilder aus Flandern hielt: Wer in Hannover die thematisch gehängte Schau durchwandert, muss manchmal schon die Ausschilderung lesen: Handelt es sich bei dieser kleinen arkadischen Landschaft vielleicht nicht doch um einen Busch? Nein, sie ist von seinem Vorbild Ruysdael. Oder jene - von Gewitterwolken verhangene - Windmühle? Die könnte von Brueghels Hand sein, doch hat Wilhelm Busch sie gemalt. Ein Höhepunkt der Ausstellung: die Gegenüberstellung von Adriaen Brouwers Genrebild "Operation am Rücken" aus dem Frankfurter Städel mit einem ähnlichen Bild von Busch. Hat er es kopiert oder sich nur genüsslich bei Brouwer bedient?
Ähnliches fühlt man vor Buschs "Selbstbildnis in holländischer Tracht", das den Besucher herausfordernd über die kalte, barocke Schulter anblickt, ganz bewusst im Stile von Frans Hals. Und ach, die vielen Kühe, die Busch konterfeit - ohne die Vorbilder von Adriaen van de Velde oder Paulus Potter sind sie undenkbar. "Die holländischen Bilder hab ich freilich gern" - so schrieb er, irgendwo versteckt, in einem Brief. Doch dass es sich um ein "privates Pläsier" handelte, ja mehr noch: um eine lebenslange Leidenschaft, das wusste kaum jemand. Erst wir können heute - über ein Jahrhundert nach seinem Tod - etwas davon begreifen. Dass er - der berühmte Meister des "Humoristischen Hausschatzes" - nur Zeichner geworden war, das blieb ihm zeitlebens wie ein Stachel in der Seele, es machte einen Teil seiner Schwermut aus.
Wilhelm Busch hat wiederholt Kassel besucht, wo er die Niederländer bewunderte, jetzt sind über zwei Dutzend dieser Bilder in Hannover zu Gast. Buschs lebenslange Faszination für sie ist aktenkundig. Schon 1908 - kurz nach seinem Tod - kündete davon eine erste posthume Ausstellung. Interessanterweise haben Künstler wie August Macke oder Paul Klee sie damals gesehen und sich so erstaunt wie bewundernd darüber geäußert.
Wir können jetzt in Hannover auch studieren, worin Busch sich von seinen Vor-Bildern unterscheidet: Wenn er eine mit Reet gedeckte Kate oder eine Weide mit roten Fohlen, eine Sandkuhle oder einen Weiher am Waldrand malt, macht er sie zu arkadischen Reminiszenzen, zu Erinnerungsbildern, vernebelt von Trauer, dass sich dergleichen im Jahrhundert der Technik und der Wissenschaften im Abseits noch erhalten habe.
Busch malt Bauern- und Wirtshausgeschichten, sadistische Zahnärzte oder eingenickte Trinker sozusagen in Anführungszeichen, wie Überbleibsel einer längst versunkenen Zeit. Und ebenso scheinen sie im Farbbrei, in den Schrunden seiner Gemälde versinken, sich dem modernen Blick entziehen zu wollen. Wilhelm Busch war ein prekärer Künstler, angesiedelt zwischen Baum und Borke, und eigentlich ist es ein Wunder, dass er mit so schönen, bösen Geschichten wie dem "Maler Klecksel" einen ganz besonderen Ruhm erworben hat.