Archiv

Vor 75 Jahren gestorben
Max Planck - Physik-Revolutionär wider Willen

Licht kommt stets in unteilbaren Häppchen vor, den sogenannten Quanten. Entdecker dieses Phänomens war Max  Planck. Der 1947 verstorbene Physiker ist damit Urvater der Quantentheorie - ohne die es weder Computer noch Laser oder Mikrowelle gäbe.

Von Frank Grotelüschen | 04.10.2022
Der deutsche Physiker Max Planck um das Jahr 1930 in seinem Berliner Büro
Der deutsche Physiker Max Planck um das Jahr 1930 (picture alliance / Everett Collection / Courtesy Everett Collection)
„Ich war mir damals gar nicht so bewusst, von welcher Tragweite diese Entdeckung ist. Ich habe den Anstoß gegeben, und nun wächst das Werk weiter.“ Max Planck, geboren am 23. April 1858, Spross einer Gelehrtenfamilie. Im Jahr 1900 stieß er eine der bedeutendsten Umwälzungen in der Wissenschaft an: Planck führte die Quanten in die Physik ein.
Er fand heraus, dass das Licht einer Glühbirne nicht kontinuierlich abgestrahlt wird, sondern in winzigen Portionen – eben den Quanten. Diese Entdeckung markierte den Beginn einer neuen Ära – den Aufbruch in den Mikrokosmos.

Zunächst als "Paradiesvogel" belächelt

Dass Planck zum Wegbereiter einer neuen Physik werden sollte, war allerdings kaum zu erahnen. Seine Karriere begann eher unspektakulär. 1885 trat er seine erste Professur in Kiel an, um dann einem Ruf nach Berlin zu folgen – und zwar als Theoretiker. Statt mit Experimenten hantierte er mit Bleistift und Papier. Damals nicht unbedingt eine privilegierte Anstellung, meint der Wissenschaftshistoriker Arne Schirrmacher.
„Die führenden Vertreter der Experimentalphysik sahen ihn als eine Art Paradiesvogel an. Er hatte ein Institut mit 570 Mark an Budget. Das war kein richtiger Physiker zu der damaligen Zeit.“

Die Glühbirne als Forschungsfeld

Dann, Ende des 19. Jahrhunderts, wandte sich Planck einem damaligen Modethema zu, sagt Christian Thomsen, Physiker an der TU Berlin:

„In der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt hat man sich damit beschäftigt zu messen, wie stark Strahlung ist, wie hell Strahlung ist, welche Farbe Strahlung hat. Das kam daher, dass man 20, 30 Jahre vorher die Glühbirne erfunden hatte und dass elektrische Beleuchtung Einzug erhielt in alle Gebäude. Man wollte einfach feststellen, wie man Strahlung misst.“

Eine neue Strahlungsformel musste her

Von Jahr zu Jahr wurden die Messapparaturen immer genauer. Das Problem: Die Messwerte dieser Apparate wollten partout nicht mit den Formeln übereinstimmen, die es damals zur Berechnung von Strahlung gab. Theorie und Praxis stimmten nicht überein, also musste eine neue Strahlungsformel her. Das rief den Theoretiker Max Planck auf den Plan. Und der, sagt der Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer, stieß auf einen überaus kühnen Gedanken:

„Und der bestand darin, dass er einführen musste, dass die Energie nicht kontinuierlich fließen kann, sondern dass die nur sprunghaft abgegeben wird – in Form von solchen Quantensprüngen, wie man das heute nennt. Und er musste eine Unstetigkeit in die Natur einführen, die man seitdem als Plancksches Wirkungsquantum bezeichnet. Bei dem die Natur von einem Zustand in den anderen übergeht, ohne uns zu sagen, was sie dazwischen macht.“

Ist Licht in winzige Energiehäppchen aufgeteilt?

Zuvor schien klar: Eine Glühbirne sendet ihr Licht kontinuierlich aus. Planck dagegen präsentierte im Jahr 1900 eine Strahlungsformel, in der das Licht in winzige Energiehäppchen aufgeteilt ist, in Quanten. Eine These, die die Fachwelt eher skeptisch aufnahm, wie sich Max Planck später erinnerte.
„Es hat viele Jahre gedauert, in denen ich mit allen Mitteln meiner physikalischen Kenntnisse gegen Vorurteile und Missverständnisse gekämpft habe, um die Anerkennung der Bedeutung des Wirkungsquantums zu erzwingen.“

"Gerade nicht als Revolutionär angetreten"

Was die Physikgemeinde schließlich überzeugte: Planck hatte eine Formel gefunden, deren Ergebnisse perfekt mit den Messwerten übereinstimmten. Dennoch: Besonders wohl war ihm nicht, als er die Quantenhypothese aufstellte. Planck sah in ihr mehr einen vorläufigen Kunstgriff als eine tiefgreifende physikalische Revolution, so  Wissenschaftshistoriker Arne Schirrmacher:

„Planck war ja gerade nicht als Revolutionär angetreten. Und er wird ja heute gerne gesehen als der Revolutionär wider Willen. Er wollte eigentlich eine Physik weiterentwickeln, abschließen vielleicht sogar, aber nicht unbedingt neue Gebiete aufstoßen. Aber die Entwicklung zwang ihn dazu Die Plancksche Strahlungsformel brachte halt die Quanten in die Welt, mit der er sich mehr widerwillig anfreunden musste.“
Heute basieren Laser, Mikrowelle und Computerchips auf der Quantentheorie. 1918 erhielt Max Planck für seine Formel den Physiknobelpreis. Danach entwickelte er sich mehr und mehr zum Organisator der Wissenschaft. Mit den Nazis arrangierte sich Planck nur widerwillig und versuchte zu verhindern, dass jüdische Wissenschaftler aus ihren Positionen gedrängt wurden – ohne Erfolg. Nach Kriegsende, zwei Jahre vor seinem Tod am 4. Oktober 1947, übernahm er ein letztes Amt als kommissarischer Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Doch da der Name zu sehr an ein militaristisches Deutschland erinnerte, sollte er geändert werden, sagt Ernst Peter Fischer:

„Jetzt war Planck der Alterspräsident und kommissarische Präsident. Da lag es natürlich nahe, den Namen in Max-Planck-Gesellschaft umzubenennen. Und das hat er mit tiefer Befriedigung und dankbar zur Kenntnis genommen.“
Ein wertvolles Erbe - heute zählt die Max-Planck-Gesellschaft zu den renommiertesten Forschungsorganisationen der Welt.