Wieder rief der Speaker zur Ordnung. Premierministerin Theresa May musste sich im Unterhaus rückversichern, bevor sie heute in Brüssel den Staats- und Regierungschefs vorschlägt, den Briten noch einmal mehr Zeit für den Brexit zu geben.
420 Stimmen dafür, 110 dagegen: Die Nein-Stimmen waren es, die für Aufsehen erregten. Die meisten kamen aus Mays eigener Fraktion, dazu noch einmal 100 Enthaltungen. Eine große Mehrheit der Tory-Fraktion ist dagegen, dass ihre Premierministerin den Brexit noch einmal verschiebt. Owen Paterson und John Redwood forderten stellvertretend, sofort und ohne Vertrag aus der EU auszutreten.
Bei Wahlen droht Tories eine schwere Niederlage
"17,4 Millionen Menschen wollten den Brexit. Sie haben sich gegen die Meinung des Establishments ausgesprochen."
"Wir haben die Öffentlichkeit schon einmal enttäuscht, als wir nicht am 29. März die EU verlassen haben. Wir sollten wenigstens jetzt diese Woche gehen, je früher, desto besser."
Und es wird aus Sicht der Fraktion noch schlimmer kommen: Die EU wird wohl sogar eine lange Verschiebung fordern. Nicht bis zum 30.Juni, sondern bis zum 31. Dezember oder sogar bis März 2020. Also wird Großbritannien wohl an den Europawahlen teilnehmen müssen. Den Konservativen steht eine schwere Niederlage ins Haus. Brexit-Wähler könnten in Scharen zu den schon politisch totgeglaubten Rechtspopulisten von UKIP überlaufen. Neil Hamilton ist Parteichef von UKIP in Wales.
"Nach dem Referendum glaubten viele, wir hätten unsere Schuldigkeit getan. Es ist jetzt aber klar, dass unsere Aufgabe nicht beendet ist. Wir sind wieder im Geschäft und machen Fortschritte."
Gespräche mit der Opposition
Noch sind Europawahlen aber nicht sicher. Eine Hoffnung gründet noch darauf, dass Regierung und die Opposition eine Einigung erzielen. Das wird aber diese Woche definitiv noch nicht geschehen. "Die Regierung hat sich noch nicht entscheidend bewegt", konstatiert Rebecca Long-Bailey, Mitglied der Labour-Delegation. "Aber wir hoffen, dass wir Fortschritte erzielen werden, und bleiben in den nächsten Tagen weiter im Gespräch."
May muss den EU-Staats- und Regierungschefs eine Begründung liefern, warum sie einer Verschiebung des Austrittstermins zustimmen sollen. Das könnten die Gespräche mit der Opposition sein, auch wenn die Aussicht auf Erfolg sehr vage ist. Entsprechend düster sind heute Morgen die Schlagzeilen der britischen Zeitungen. "Erniedrigt uns nicht", fleht die "Times" die EU an. Und die "Daily Mail" titelt enttäuscht in großen Lettern: "Alles wird noch ein ganzes weiteres Jahr in der Schwebe bleiben."