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Mayersche und Thalia
Gemeinsam gegen Amazon

Ein US-amerikanischer Konzern solle nicht allein über die Vielfalt im deutschen Buchhandel bestimmen, sagte Hartmut Falter, Chef der Mayerschen Buchhandlung, im Dlf zur Fusion mit Thalia. Das Online-Geschäft sei wichtig, aber nur ein Teil des Buchhandels.

Hartmut Falter im Gespräch mit Gisa Funck |
    Bücher in den Themen Manga, Jugend und Hörbücher werden in der East Side Mall an der Warschauer Straße angeboten.
    Bei der Fusion sollen keine Filialen geschlossen und auch alle Verwaltungsstandorte erhalten bleiben (picture alliance / Jens Kalaene)
    Gisa Funck: Hallo Herr Falter, zweihundert Jahre lang war die 1817 in Aachen gegründete Mayersche Buchhandlung ein eigenständiger Familienbetrieb. Jetzt werden rückwirkend zum 1. Januar die 55 Filialen der Mayerschen in die Thalia-Kette eingegliedert. Und man liest in den Artikeln nun überall, dass dieser Zusammenschluss der beiden Buchhandelsketten eine Notwehr-Maßnahme gegen die Übermacht des Internetdienstleisters Amazon sei. War die Marktdominanz von Amazon tatsächlich der Hauptgrund für den Zusammenschluss?
    Hartmut Falter: Es war einer der Gründe. "Notwehr" klingt mir jetzt ein bisschen zu sehr nach Defensive. Wir haben das Ziel, dass wir es in dem Land der Dichter und Denker nicht einem US-Amerikanischen Konzern überlassen, über die Vielfalt im Buchhandel zu bestimmen. Insofern haben nun zwei sehr leistungsstarke Unternehmen zusammengefunden, um die Kraft und die Vielfalt, die der deutsche Buchhandel bietet, zu erhalten.
    "Online nicht der alleinige Fokus"
    Funck: Heißt das denn jetzt auch im Umkehrschluss, dass Sie im Verbund mit Thalia - um jetzt besser mit Amazon konkurrieren zu können, dass Sie künftig auch den Internet-Buchhandel stärker ausbauen werden - im Vergleich zum konventionellen Ladengeschäft?
    Falter: Thalia ist schon jetzt im Internet-Buchhandel sehr erfolgreich und sehr kompetent unterwegs. Wir haben als kleinerer Mittelständler etwas später damit angefangen. Insofern ist das sicherlich ein Part, den Thalia sehr gut beisteuern kann, so dass sich die Mayersche in dieser Hinsicht weiterentwickeln kann. In der Online-Kompetenz werden wir profitieren. Wobei Online ist jetzt nicht der alleinige Fokus für uns. Das Online-Geschäft ist wichtig und wächst, aber das ist nur ein Teil des Buchhandels. Und so ganz dynamisch, wie das mal vor fünf Jahren der Fall war, wächst der Online-Markt auch nicht mehr.
    "Im Kern sind wir Buchhändler"
    Funck: Sie schlagen buchhändlerisch ja durchaus auch etwas ungewöhnliche Verkaufswege ein, etwa über ihre Tochtergesellschaft "Best of Books", ein Unternehmen, dass sich auf den Buchverkauf in Supermärkten und Drogerien spezialisiert hat. Außerdem gibt es in der Mayerschen Buchhandlung schon länger das Konzept, dass man dort nicht nur Bücher, sondern auch Gesellschaftsspiele, Kalender, Grußkarten und viele andere Dinge findet. Werden Sie dieses Verkaufskonzept, sozusagen "Weg vom reinen Buchgeschäft", werden Sie das jetzt stärker ausbauen?
    Falter: Sie sprechen über zwei verschiedene Dinge. Ich bleibe erstmal beim Sortiment unserer Buchhandlungen: Da war es immer schon so, dass das Sortiment einer Buchhandlung nicht zu hundert Prozent aus Büchern bestand. Im Augenblick besteht es bei uns zu rund achtzig Prozent aus Büchern. Und die restlichen zwanzig Prozent sind zu einem Großteil, um die fünfzehn Prozent, Kalender, Presseerzeugnisse, Hörbücher, Kinder-DVDs.

    Also im Kern sind wir Buchhändler, und dann gibt es halt einige Randsortimente. Das ist aber im gesamten Buchhandel so und nichts für uns spezielles. Und das andere Thema ist Lebensmittel-Handel oder Drogeriehandel. Dabei geht es ausschließlich um Bücher, die wir in diese Läden reinliefern. Und das Schöne ist doch, dass Bücher auch dort auf ihre Kunden treffen. Die Hauptsache ist doch, dass wir es so schaffen, möglichst viele Menschen mit Büchern zusammenzubringen. Und da mag mancher aus der Branche ein bisschen von oben herab schauen, aber für mich sind das die gleichen Menschen wie im Buchladen, die sind nur in einer anderen Einkaufssituation, eben im Drogeriemarkt oder im Lebensmittelhandel. Und es ist doch schön, wenn es auch dort ein kleines Sortiment von Büchern gibt, das den Kunden erreicht.
    "Genauso viele Läden wie vorher"
    Funck: Die Buchbranche reagierte ja relativ überrascht auf die Ende letzter Woche vermeldete Fusion von der Mayerschen mit der Thalia-Kette. Und Ihr Kompagnon, der geschäftsführende Thalia-Gesellschafter Michael Busch, der sprach in der Presse jetzt mit Blick auf die Fusion ihrer beider Ketten davon, dass das ein "Zeichen des Aufbruchs gegen die Marktmacht der globalen Online-Händler" sei. Also ein positives Zeichen. Ich habe mich aber gefragt: Ist es wirklich ein positives Zeichen für die Branche, wenn sich zwei führende deutsche Großbuchhändler zu einem Riesen-Unternehmen zusammenschließen? Also, da kann man ja auch Angst bekommen als kleinerer Buchhändler?
    Falter: Es ist eindeutig ein positives Zeichen, ja! Das ist eine Frage der Perspektive. Wir bejammern an vielen Stellen die mangelnde Flexibilität deutscher Unternehmen und stellen eine gewisse Apathie fest, wenn es um Google, Amazon oder Facebook geht. Und wir sehen, in welch' einer Ohnmacht wir uns befinden, wenn wir es (angesichts dieser Internet-Giganten) versäumen, eigene Kompetenzen aufzubauen. Und jetzt gelingt es endlich zwei mittelständischen Familienunternehmen, hier aus der Kraft ihrer Historie und ihres steuerlich anständig erwirtschafteten Kapitals dafür zu sorgen, dass der Buchhandel nicht von einem Internet-Riesen dominiert wird, also darauf kann man doch eigentlich nur sehr positiv schauen.
    Funck: Können Sie vielleicht trotzdem verstehen, dass der eine oder andere kleinere Buchhandels-Konkurrent jetzt angesichts der Fusion von Thalia und Mayerscher ein bisschen Angst bekommt?
    Falter: Ich kann vieles verstehen, aber das kann nicht verstehen. Denn die Mayersche und Amazon sind auch jetzt schon da. Und wir sind schon immer anerkannte, leistungsfähige Unternehmen. Und wir werden in Zukunft nicht mehr Läden haben, sondern genauso viele Läden wie vorher.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen