Boschidar Dimitrow ist Direktor des Nationalhistorischen Museums in Sofia und hat jeden Samstag seine eigene Geschichtssendung in einem bulgarischen Spartenkanal.
Der fast 70-Jährige versteht sich als Wächter über Bulgariens Historienschatz und Propagandist der nationalen Sache. Mit populistischen Thesen wirbt er derzeit für eine Gesetzesänderung, damit Mazedoniern mit bulgarischen Wurzeln nur auf Basis mündlicher Aussagen – in bulgarischer Sprache - die bulgarische Staatsbürgerschaft erhalten. Schriftliche Beweise für eine bulgarische Abstammung, wie bisher, wären nicht länger nötig. Für den Historiker Boschidar Dimitrow ein angemessener Schritt, wie er in seiner Geschichtsendung erklärt:
"13 Jahrhunderte lang haben in Mazedonien Bulgaren gelebt. Und eines herrlichen Tages sagte man ihnen, dass sie keine Bulgaren, sondern Mazedonier seien. Sie hätten mit Bulgarien nichts zu tun, man würde ihnen einen Staat konstruieren, eine eigene Geschichte schreiben und eine Sprache schaffen. Und das wurde getan. Wer damit nicht einverstanden war, wurde unterdrückt. In der neuen Zeit entstanden aber plötzlich Identitätsprobleme. "
Bis zu 500.000 Mazedonier könnten so auch zu Bulgaren und damit zugleich zu EU-Bürgern werden, erhofft sich der Museumsdirektor. Das wäre ein Viertel der Gesamtbevölkerung von Mazedonien. Das würde auch seine These vom eigentlich bulgarischen Mazedonien bestätigen, die der Historiker Boschidar Dimitrow vehement vertritt. Er und die These sind umstritten, früher hat Dimitrow beim kommunistischen Geheimdienst gearbeitet und musste deswegen sein Ministeramt unfreiwillig aufgeben. Nun wirbt er für diese Gesetzesänderung, an dessen Erfolg er keine Zweifel hat:
"Wenn wir uns gut organisieren, wofür nicht nur ein Gesetz, sondern auch der politische Wille notwendig ist, können wir die Mazedonier individuell sehr schnell in die EU bringen. Wir werden damit auch unsere demographischen Probleme lösen. Die Mazedonier wollen das, alle – mit dem Ministerpräsidenten an der Spitze streben – streben nach einem bulgarischen Pass. Fragen sie den früheren Premier Ljuptscho Georgiewski (Sprich Georgiiiii jewski ) und andere."
Der ehemalige mazedonische Ministerpräsident Ljuptscho Georgiewski hat bereits einen bulgarischen Pass. Dennoch hält er nichts von der These vom bulgarischen Mazedonien:
"In Mazedonien war von 1945 bis die 90er-Jahre derjenige ein Patriot, der diese Berliner Mauer zwischen Bulgaren und Mazedoniern noch gibt. Wir sollten uns von diesen Vorurteilen befreien. Seit Mazedonien unabhängig ist hat es aber schon eine Annäherung zu Bulgarien gegeben."
Im krisengeschüttelten Mazedonien haben zwei Drittel der Staatsbürger eine doppelte Staatsbürgerschaft und damit größere Bewegungsfreiheit. Auch mazedonische Lkw fahren meist mit bulgarischen Kennzeichen im Ausland. In der ehemaligen jugoslawischen Republik, fast so groß wie das Bundesland Brandenburg, leben mehrheitlich ethnische Mazedonier und eine albanische Minderheit. Der mazedonische Analytiker Kim Mehmeti erklärt zum mazedonisch-bulgarischen Verhältnis:
"Es sind zwei Völker. Es gibt aber nirgends zwei Völker deren Geschichte so miteinander verwickelt ist, wie die der Bulgaren und Mazedonier. So finden sie die gleichen Denkmäler in den verschiedenen Hauptstädten in Sofia und im Disneyland Skopje."
Mazedonien ist ein klassisches Auswanderungsland. Die Aussicht auf bulgarische EU-Pässe wird weitere Mazedonier ins Ausland locken. Ein Mazedonier auf der Straße meint:
"Unsere Gastarbeiter kommen schon jetzt nicht mehr aus dem Ausland zurück. Bald wird es ein Mazedonien ohne Mazedonier geben."