Elke Durak: Politikbegeisterung in den USA, Politikverdrossenheit in Deutschland, Wahlkampf dort mitreißend, Wahlkampf hier: Begeisterung hält sich oft genug in Grenzen. Sollten die deutschen Parteien ihren Wahlkampf modernisieren, von den Amerikanern lernen, oder sind wir doch viel zu sehr ganz anders? - David McAllister ist am Telefon, der Landesvorsitzende der CDU in Niedersachsen und Fraktionschef seiner Partei im niedersächsischen Landtag. Guten Morgen, Herr McAllister.
David McAllister: Guten Morgen, Frau Durak.
Durak: Sie sind schnell voran und nach oben gekommen, haben begeistert. Wie tun Sie das, wie machen Sie das?
McAllister: Ich bin in der letzten Woche kurz vor den Präsidentschaftswahlen jetzt wieder eine Woche in den Vereinigten Staaten gewesen, habe mir den Wahlkampf angeschaut, und natürlich kann man immer wieder viele Anregungen mit nach Hause nehmen. Nicht alles ist umsetzbar, aber für Wahlkämpfer lohnt sich immer eine Reise nach Amerika. Dieser Präsidentschaftswahlkampf hat ganz besondere Maßstäbe in jeglicher Hinsicht gesetzt und davon müssen wir jetzt einiges in Deutschland übernehmen. Aber nicht alles wird umsetzbar sein und manches wollen wir auch gar nicht.
Durak: Wollen wir noch mal zur Ausgangsfrage zurückkehren. Wie haben Sie es geschafft, so rasch so weit nach vorne zu kommen in der niedersächsischen CDU?
McAllister: Politische Karrieren kann man nicht planen. Wer eine politische Karriere plant, der wird definitiv scheitern. Ich bin vor allen Dingen durch glückliche Fügungen in jungen Jahren das geworden, was ich bin. Christian Wulff hat mich von Anfang an sehr unterstützt. Ich bin 2003 mit 32 Jahren Fraktionsvorsitzender gewesen, war vorher sein Generalsekretär. Ich glaube, die beste Mischung für Politik ist es, Sachkompetenz mit einer besonderen Leidenschaft und natürlich auch einer gewissen Medienaffinität zu verbinden. Aber die wichtigste Voraussetzung für eine politische Laufbahn ist und bleibt die Bereitschaft, hart zu arbeiten, sich in die Themen einzuarbeiten.
Durak: Das könnte auch ein Politiker sagen, der 50 Jahre älter ist als Sie. Was machen Sie anders? Sie sind jung, Sie nutzen sicherlich auch neue Medien. Auf Ihrer Homepage kann man ja das eine oder andere nachlesen. Das sieht aber relativ normal aus. Es gibt auch Fotos aus Ihrem politischen Alltag, auch mit der Apfelblütenkönigin, wie sich das alles gehört. Trotzdem: Was sollten Politiker heute anders machen, wenn Sie aus Ihrer eigenen Erfahrung schöpfen?
McAllister: Jugend ist kein Qualitätsmerkmal für einen Politiker, weder in die eine, noch in die andere Richtung, sondern es geht letztlich darum, nahe an den Menschen zu sein, sich darüber im Klaren zu sein, dass man Politik macht für die Menschen, dass man versuchen will, seinen Beitrag zu leisten, dass es den Menschen besser geht, dass man sich immer wieder vergewissert, dass man auf Zeit gewählt ist. Ich glaube, ganz wichtig für ein politisches Engagement ist auch, dass man eine starke Verankerung hat in einer Welt außerhalb der Politik, in familiären Strukturen, im Freundeskreis, und dass man auch immer wieder auf Menschen hört, die nicht den ganzen Tag Politik machen, sondern vor allen Dingen ganz normal im Leben stehen. Es gibt kein Patentrezept. Insofern würde ich auch nicht sagen, dass jüngere Politiker unbedingt so sehr viel was anderes machen als ältere Politiker. Sicherlich haben jüngere Politiker zu den neuen Medien einen größeren Zugang, aber das ist auch ein ganz normales Ereignis.
Durak: Sie haben eingangs gesagt, von den Amerikanern kann man nicht alles, aber könnte man einiges übernehmen. Was zum Beispiel?
McAllister: Na ja, dieser amerikanische Wahlkampf hat ganz neue Maßstäbe gesetzt. Das geht bei der Finanzierung los. In diesem Wahlkampf in Amerika sind zum ersten Mal über eine Milliarde Dollar im Wahlkampf ausgegeben worden. Ich glaube, wir sind uns in Deutschland einig, dass wir diese Summen nicht wollen, im Übrigen auch nicht leisten können. Aber davon unabhängig: Wahrscheinlich wird man rückblickend sagen können, so wie 1960 der Wahlkampf von Kennedy der erste fernsehgestützte Wahlkampf gewesen ist, war der Wahlkampf 2008 von Barack Obama der erste Internet gestützte Wahlkampf. Insbesondere Barack Obama hat völlig neue Maßstäbe gesetzt im Internet Campaigning. Das geht los mit seiner wirklich beispiellosen Homepage barackobama.com. Obama hat es geschafft, übers Internet drei Millionen Menschen zu gewinnen, die für ihn spenden. Das sind drei Millionen potenzielle Menschen, die sich dann auch weiter engagiert haben. Er hat beim Grassroot Campaigning, bei den Finanzen, neue Maßstäbe gesetzt. Er hat unglaublich viele Freiwillige, hundert Tausende, Millionen von Wähler durch direkte E-Mails nahezu täglich informiert und vor allen Dingen haben die Demokraten noch mehr als die Republikaner die neuen Tools im Internet sehr gut genutzt, also YouTube, Myspace, Facebook. Obama hatte alleine bei Facebook 2 Millionen Freunde. Das heißt, die jungen Menschen nutzten diese Internetforen. Das ist die moderne Technik, mit der man junge Menschen erreicht, und dort hat man beispiellose Maßstäbe gesetzt.
Durak: Und das scheint Ihnen zu gefallen. - Wie tun Sie es denn?
McAllister: Moderne Technik alleine ist kein Patentrezept, aber sicherlich werden die Parteien in der ganzen Welt und damit auch in Deutschland schauen müssen, wie man diese Potenziale besser nutzen kann. Das so genannte "Web 2.0", also das interaktive Internet, die interaktive Kommunikation, erfordert jetzt eine Antwort "Politik 2.0" durch die Parteien. Das heißt, wir werden sicherlich auch zukünftig unsere Videos, unsere Wahlwerbespots in YouTube und in andere Foren stellen. Wir werden in den nächsten Jahren mehr E-Mail-Adressen sammeln, um frühzeitig auch Unterstützer zu sammeln, um dieses so genannte Grassroot Campaigning tatsächlich umzusetzen. Aber bei aller Begeisterung für den modernen Internet-Wahlkampf, ich glaube noch wichtiger ist und bleibt der klassische Kontakt mit dem Wähler, also das persönliche Gespräche im Wahlkreis mit Hausbesuchen im Freundes- und Bekanntenkreis, auf Veranstaltungen und so weiter. Das ist mir auch aufgefallen in Amerika, insbesondere als ich in Ohio gewesen bin. Da habe ich einen demokratischen Kongress-Kandidaten gefragt, was ist für sie das wichtigste Wahlkampfinstrument, und er sagte zu mir, nach wie vor "knocking on the door", also das direkte Gespräch mit den Kandidaten. Das andere, was sicherlich auch einen in Amerika abschreckt, ist das Negative Campaigning, also das gezielte Diffamieren des politischen Gegners. Diese Art des aggressiven Negativwahlkampfes, das wollen wir in Deutschland nicht, sondern wir wollen vor allen Dingen positiv und in der Sache argumentativ weiterkommen.
Durak: Herr McAllister, Sie haben zuvor, glaube ich, etwas ganz Entscheidendes gesagt, was Deutschland und die USA unterscheidet und was möglicherweise auch die verschiedenen Wahlkämpfe beschreibt, nämlich die Finanzierung. Hier bekommen die Parteien Steuergelder, in den USA muss jeder Cent eingetrieben werden. Ist das nicht auch die entscheidende Triebfeder für die Parteien in den USA, Wahlkämpfe so zu führen, dass sie die Menschen auch erreichen?
McAllister: Amerikanische Wahlkämpfe sind nun wirklich nicht mit den deutschen zu vergleichen und ehrlich gesagt, ich möchte auch nicht das amerikanische System in diesem Punkt nach Deutschland übertragen. Ich hatte gesagt, der Wahlkampf hat diesmal die eine Milliarde Dollar Grenze überschritten. Obama alleine hat 650 Millionen Dollar ausgegeben für seine Kampagne. Das sind rund 500 Millionen Euro. Nur zum Vergleich: Im Bundestagswahlkampf 2005 haben alle Parteien zusammen in Deutschland 60 Millionen Euro ausgegeben. Das heißt, die Dimensionen in Amerika sind wiederum unvorstellbar gesprengt worden. Das kann nicht das Prinzip sein. Und Obama hat sicherlich rund 300 Millionen Euro privat übers Internet gesammelt, aber Sie sehen: da fehlen ja noch die anderen 350 bis 400 Millionen Euro und das sind Großspenden auch aus der Wirtschaft. Nein, durch diese riesigen Summen werden auch Abhängigkeiten geschaffen zwischen Politik und Wirtschaft, die ich nicht für richtig halte. Ich möchte gerne am gemischten Parteienfinanzierungssystem in Deutschland festhalten, aus staatlichen Wahlkampfkosten, Rückerstattungen und der Möglichkeit, natürlich auch private Spenden von Privatpersonen und von Firmen einzusammeln, aber bitte auch nach einem entsprechenden Transparenzgebot.
Durak: Und drittens haben wir ja noch die Mitgliederbeiträge. Die Mitglieder gehen zurück in beiden großen Parteien. Wenn dieser Trend anhält, woher nehmen die Parteien dann das Geld?
McAllister: Die großen Volksparteien in Deutschland haben natürlich in den letzten Jahren einen Mitgliederrückgang gehabt. Das ist der allgemeine Trend aller Großorganisationen. Aber im Vergleich zu anderen Ländern sind die deutschen Parteien nach wie vor vergleichsweise mitgliederstark. Das heißt, die Mitgliedsbeiträge werden immer auch ein, wenn auch nicht der entscheidende Baustein der Parteienfinanzierung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten bleiben. Aber es geht bei den Mitgliedern nicht so sehr um die Beiträge; es geht vor allen Dingen auch darum, dass wir zukünftig in einer aktiven Demokratie Menschen haben, die im wahrsten Sinne des Wortes Partei ergreifen, die sagen, es lohnt sich, für die Demokratie sich einzusetzen. Eine Demokratie wird immer eine Organisationsform erfordern, die eine Partei ist oder eine parteiähnliche Struktur hat, und das Grundgesetz hat ja ausdrücklich auch die Parteien erwähnt als elementarer Bestandteil des demokratischen Prozesses. Ich wünsche mir auch für die Zukunft starke Parteien und ich wünsche mir vor allen Dingen für Deutschland auch starke Volksparteien, denn wir sind in Deutschland in den letzten 60 Jahren gut gefahren, dass es zwei große Volksparteien gab.
Durak: Herr McAllister, sie werden aber immer mehr, die im Bundestag vertretenen Parteien. - Danke schön David McAllister, Landesvorsitzender der CDU in Niedersachsen und auch der Vorsitzende der Landtagsfraktion.
David McAllister: Guten Morgen, Frau Durak.
Durak: Sie sind schnell voran und nach oben gekommen, haben begeistert. Wie tun Sie das, wie machen Sie das?
McAllister: Ich bin in der letzten Woche kurz vor den Präsidentschaftswahlen jetzt wieder eine Woche in den Vereinigten Staaten gewesen, habe mir den Wahlkampf angeschaut, und natürlich kann man immer wieder viele Anregungen mit nach Hause nehmen. Nicht alles ist umsetzbar, aber für Wahlkämpfer lohnt sich immer eine Reise nach Amerika. Dieser Präsidentschaftswahlkampf hat ganz besondere Maßstäbe in jeglicher Hinsicht gesetzt und davon müssen wir jetzt einiges in Deutschland übernehmen. Aber nicht alles wird umsetzbar sein und manches wollen wir auch gar nicht.
Durak: Wollen wir noch mal zur Ausgangsfrage zurückkehren. Wie haben Sie es geschafft, so rasch so weit nach vorne zu kommen in der niedersächsischen CDU?
McAllister: Politische Karrieren kann man nicht planen. Wer eine politische Karriere plant, der wird definitiv scheitern. Ich bin vor allen Dingen durch glückliche Fügungen in jungen Jahren das geworden, was ich bin. Christian Wulff hat mich von Anfang an sehr unterstützt. Ich bin 2003 mit 32 Jahren Fraktionsvorsitzender gewesen, war vorher sein Generalsekretär. Ich glaube, die beste Mischung für Politik ist es, Sachkompetenz mit einer besonderen Leidenschaft und natürlich auch einer gewissen Medienaffinität zu verbinden. Aber die wichtigste Voraussetzung für eine politische Laufbahn ist und bleibt die Bereitschaft, hart zu arbeiten, sich in die Themen einzuarbeiten.
Durak: Das könnte auch ein Politiker sagen, der 50 Jahre älter ist als Sie. Was machen Sie anders? Sie sind jung, Sie nutzen sicherlich auch neue Medien. Auf Ihrer Homepage kann man ja das eine oder andere nachlesen. Das sieht aber relativ normal aus. Es gibt auch Fotos aus Ihrem politischen Alltag, auch mit der Apfelblütenkönigin, wie sich das alles gehört. Trotzdem: Was sollten Politiker heute anders machen, wenn Sie aus Ihrer eigenen Erfahrung schöpfen?
McAllister: Jugend ist kein Qualitätsmerkmal für einen Politiker, weder in die eine, noch in die andere Richtung, sondern es geht letztlich darum, nahe an den Menschen zu sein, sich darüber im Klaren zu sein, dass man Politik macht für die Menschen, dass man versuchen will, seinen Beitrag zu leisten, dass es den Menschen besser geht, dass man sich immer wieder vergewissert, dass man auf Zeit gewählt ist. Ich glaube, ganz wichtig für ein politisches Engagement ist auch, dass man eine starke Verankerung hat in einer Welt außerhalb der Politik, in familiären Strukturen, im Freundeskreis, und dass man auch immer wieder auf Menschen hört, die nicht den ganzen Tag Politik machen, sondern vor allen Dingen ganz normal im Leben stehen. Es gibt kein Patentrezept. Insofern würde ich auch nicht sagen, dass jüngere Politiker unbedingt so sehr viel was anderes machen als ältere Politiker. Sicherlich haben jüngere Politiker zu den neuen Medien einen größeren Zugang, aber das ist auch ein ganz normales Ereignis.
Durak: Sie haben eingangs gesagt, von den Amerikanern kann man nicht alles, aber könnte man einiges übernehmen. Was zum Beispiel?
McAllister: Na ja, dieser amerikanische Wahlkampf hat ganz neue Maßstäbe gesetzt. Das geht bei der Finanzierung los. In diesem Wahlkampf in Amerika sind zum ersten Mal über eine Milliarde Dollar im Wahlkampf ausgegeben worden. Ich glaube, wir sind uns in Deutschland einig, dass wir diese Summen nicht wollen, im Übrigen auch nicht leisten können. Aber davon unabhängig: Wahrscheinlich wird man rückblickend sagen können, so wie 1960 der Wahlkampf von Kennedy der erste fernsehgestützte Wahlkampf gewesen ist, war der Wahlkampf 2008 von Barack Obama der erste Internet gestützte Wahlkampf. Insbesondere Barack Obama hat völlig neue Maßstäbe gesetzt im Internet Campaigning. Das geht los mit seiner wirklich beispiellosen Homepage barackobama.com. Obama hat es geschafft, übers Internet drei Millionen Menschen zu gewinnen, die für ihn spenden. Das sind drei Millionen potenzielle Menschen, die sich dann auch weiter engagiert haben. Er hat beim Grassroot Campaigning, bei den Finanzen, neue Maßstäbe gesetzt. Er hat unglaublich viele Freiwillige, hundert Tausende, Millionen von Wähler durch direkte E-Mails nahezu täglich informiert und vor allen Dingen haben die Demokraten noch mehr als die Republikaner die neuen Tools im Internet sehr gut genutzt, also YouTube, Myspace, Facebook. Obama hatte alleine bei Facebook 2 Millionen Freunde. Das heißt, die jungen Menschen nutzten diese Internetforen. Das ist die moderne Technik, mit der man junge Menschen erreicht, und dort hat man beispiellose Maßstäbe gesetzt.
Durak: Und das scheint Ihnen zu gefallen. - Wie tun Sie es denn?
McAllister: Moderne Technik alleine ist kein Patentrezept, aber sicherlich werden die Parteien in der ganzen Welt und damit auch in Deutschland schauen müssen, wie man diese Potenziale besser nutzen kann. Das so genannte "Web 2.0", also das interaktive Internet, die interaktive Kommunikation, erfordert jetzt eine Antwort "Politik 2.0" durch die Parteien. Das heißt, wir werden sicherlich auch zukünftig unsere Videos, unsere Wahlwerbespots in YouTube und in andere Foren stellen. Wir werden in den nächsten Jahren mehr E-Mail-Adressen sammeln, um frühzeitig auch Unterstützer zu sammeln, um dieses so genannte Grassroot Campaigning tatsächlich umzusetzen. Aber bei aller Begeisterung für den modernen Internet-Wahlkampf, ich glaube noch wichtiger ist und bleibt der klassische Kontakt mit dem Wähler, also das persönliche Gespräche im Wahlkreis mit Hausbesuchen im Freundes- und Bekanntenkreis, auf Veranstaltungen und so weiter. Das ist mir auch aufgefallen in Amerika, insbesondere als ich in Ohio gewesen bin. Da habe ich einen demokratischen Kongress-Kandidaten gefragt, was ist für sie das wichtigste Wahlkampfinstrument, und er sagte zu mir, nach wie vor "knocking on the door", also das direkte Gespräch mit den Kandidaten. Das andere, was sicherlich auch einen in Amerika abschreckt, ist das Negative Campaigning, also das gezielte Diffamieren des politischen Gegners. Diese Art des aggressiven Negativwahlkampfes, das wollen wir in Deutschland nicht, sondern wir wollen vor allen Dingen positiv und in der Sache argumentativ weiterkommen.
Durak: Herr McAllister, Sie haben zuvor, glaube ich, etwas ganz Entscheidendes gesagt, was Deutschland und die USA unterscheidet und was möglicherweise auch die verschiedenen Wahlkämpfe beschreibt, nämlich die Finanzierung. Hier bekommen die Parteien Steuergelder, in den USA muss jeder Cent eingetrieben werden. Ist das nicht auch die entscheidende Triebfeder für die Parteien in den USA, Wahlkämpfe so zu führen, dass sie die Menschen auch erreichen?
McAllister: Amerikanische Wahlkämpfe sind nun wirklich nicht mit den deutschen zu vergleichen und ehrlich gesagt, ich möchte auch nicht das amerikanische System in diesem Punkt nach Deutschland übertragen. Ich hatte gesagt, der Wahlkampf hat diesmal die eine Milliarde Dollar Grenze überschritten. Obama alleine hat 650 Millionen Dollar ausgegeben für seine Kampagne. Das sind rund 500 Millionen Euro. Nur zum Vergleich: Im Bundestagswahlkampf 2005 haben alle Parteien zusammen in Deutschland 60 Millionen Euro ausgegeben. Das heißt, die Dimensionen in Amerika sind wiederum unvorstellbar gesprengt worden. Das kann nicht das Prinzip sein. Und Obama hat sicherlich rund 300 Millionen Euro privat übers Internet gesammelt, aber Sie sehen: da fehlen ja noch die anderen 350 bis 400 Millionen Euro und das sind Großspenden auch aus der Wirtschaft. Nein, durch diese riesigen Summen werden auch Abhängigkeiten geschaffen zwischen Politik und Wirtschaft, die ich nicht für richtig halte. Ich möchte gerne am gemischten Parteienfinanzierungssystem in Deutschland festhalten, aus staatlichen Wahlkampfkosten, Rückerstattungen und der Möglichkeit, natürlich auch private Spenden von Privatpersonen und von Firmen einzusammeln, aber bitte auch nach einem entsprechenden Transparenzgebot.
Durak: Und drittens haben wir ja noch die Mitgliederbeiträge. Die Mitglieder gehen zurück in beiden großen Parteien. Wenn dieser Trend anhält, woher nehmen die Parteien dann das Geld?
McAllister: Die großen Volksparteien in Deutschland haben natürlich in den letzten Jahren einen Mitgliederrückgang gehabt. Das ist der allgemeine Trend aller Großorganisationen. Aber im Vergleich zu anderen Ländern sind die deutschen Parteien nach wie vor vergleichsweise mitgliederstark. Das heißt, die Mitgliedsbeiträge werden immer auch ein, wenn auch nicht der entscheidende Baustein der Parteienfinanzierung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten bleiben. Aber es geht bei den Mitgliedern nicht so sehr um die Beiträge; es geht vor allen Dingen auch darum, dass wir zukünftig in einer aktiven Demokratie Menschen haben, die im wahrsten Sinne des Wortes Partei ergreifen, die sagen, es lohnt sich, für die Demokratie sich einzusetzen. Eine Demokratie wird immer eine Organisationsform erfordern, die eine Partei ist oder eine parteiähnliche Struktur hat, und das Grundgesetz hat ja ausdrücklich auch die Parteien erwähnt als elementarer Bestandteil des demokratischen Prozesses. Ich wünsche mir auch für die Zukunft starke Parteien und ich wünsche mir vor allen Dingen für Deutschland auch starke Volksparteien, denn wir sind in Deutschland in den letzten 60 Jahren gut gefahren, dass es zwei große Volksparteien gab.
Durak: Herr McAllister, sie werden aber immer mehr, die im Bundestag vertretenen Parteien. - Danke schön David McAllister, Landesvorsitzender der CDU in Niedersachsen und auch der Vorsitzende der Landtagsfraktion.