Mechelen ist eine aufgeräumte Kleinstadt. Rund um den alten Marktplatz stehen Giebelhäuser mit schicken Fassaden. Das neugotische Rathaus ist ein Schmuckkästchen. Das war nicht immer so. Früher hatte das Städtchen die höchste Kriminalitätsrate in Belgien, erinnert sich Bart Somers, der hier seit 16 Jahren Bürgermeister ist. Mechelen trug den Titel "dreckigste Stadt in Flandern", die Mittelklasse zog weg, es gab viele soziale Spannungen, sagt der 53-jährige Politiker. Mechelen sei eine verzweifelte Stadt gewesen.
Eine Kleinstadt mit 138 Nationen
Bürgermeister Bart Somers entwickelte ein Konzept, um die Stadt wieder hoch und die Bürger wieder zusammen zu bringen. Eine Kleinstadt mit 138 Nationen. Von den rund 90.000 Einwohnern ist jeder fünfte Muslim. Erstes Ziel: mehr Sicherheit. Der Bürgermeister erhöhte die Zahl der Polizisten deutlich - von rund 160 auf 260. Wir haben nicht zugelassen, dass es Stadtviertel gibt, in denen Drogendealer Geschäfte machen und Kriminelle Vorbilder für junge Leute sind, sagt Somers.
Mehr Sicherheit auch durch massive Videoüberwachung. In der Kleinstadt gibt es mehr als 200 Kameras. An Gebäuden und Plätzen, aber auch an der Stadtgrenze. In Mechelen können Sie nicht rein- oder rausfahren, ohne das Ihr Kennzeichen registriert wird, sagt der Bürgermeister. Pro Jahr würden rund 96 Millionen Autokennzeichen erfasst.
Ghettoisierung der Stadt verhindern
Sein strenges Sicherheitskonzept hat Somers den Spitznamen "Null-Toleranz-Mann" eingebracht. Ich habe aber auch Null Toleranz gegenüber Diskrimierung, sagt der Politiker einer liberalen Partei. Integration sei der Schlüssel. In Mechelen sorge man zum Beispiel dafür, dass Schulklassen gemischt sind. So versuchen wir die Ghettoisierung der Stadt zu verhindern, sagt Somers.
Der Bürgermeister ließ Spielplätze erneuern, Parks entrümpeln und schuf Zentren, in denen sich junge Leute treffen können. Und: Er arbeitet Hand in Hand mit Sportvereinen. Ein Fußballclub, in dem viele Jugendliche unterschiedlicher Nationalitäten spielen, bietet nach der Schule Hausaufgabenhilfe an, erzählt Bart Somers. Am Monatsende müssten die Jugendlichen ihre Schulnoten vorzeigen, und, wenn die nicht gut seien, dürften die Spieler nicht aufs Feld.
Trainer von Sportvereinen seien aufmerksam, wenn Jugendliche sich stark verändern, sich radikalisieren. Sie melden uns das und dann schauen wir zusammen mit der Polizei, was wir tun können, sagt Somers.
Die Kleinstadt Mechelen liegt zwischen Antwerpen und Brüssel. Aus Antwerpen seien fast einhundert junge Leute in den Bürgerkrieg nach Syrien gegangen, um dort für die Terrorgruppe "IS" zu kämpfen. Aus Brüssel seien es rund 200 gewesen. Selbst aus der Kleinstadt Vilvoorde, ganz in der Nähe, seien 28 junge Leute als Terrorkämpfer in den Krieg gezogen. Aus Mechelen ist bislang niemand dorthin gegangen, sagt der Bürgermeister. Und das, obwohl Mechelen zu den Orten mit den meisten unterschiedlichen Nationalitäten in Belgien gehöre.
Intensive Betreuung von jungen Straftätern
Jugendliche Intensivtäter zwischen 15 und 17 Jahren, die zum Beispiel wiederholt klauen oder massiv Drogen nehmen, kommen für mindestens drei Monate in eine Art "Jugendstrafanstalt". Dort leben sie, getrennt von ihren Eltern, gehen zur Schule und haben ein intensives Programm, das ihnen klar macht, was sie falsch gemacht haben. Sie bekommen sozusagen einen neuen Moralkompass, sagt der Bürgermeister.
Aber gerade kriminelle Jugendliche bräuchten eine Perspektive. Wenn einer von ihnen nicht mehr zur Schule geht, finden wir eine Schule für ihn, wenn er keinen Job hat, suchen wir ihm eine Arbeit, wenn er kein Hobby hat, schauen wir nach einem Sportverein, sagt der Bürgermeister.
Null Toleranz gegenüber Kriminalität und Radikalisierung. Aber auch gegen Ausgrenzung und Intoleranz. Wir sind streng, aber offen, sagt Bürgermeister Bart Somers. Und in Mechelen funktioniere das.