Zu Gast bei der FlammAerotec GmbH. Die hatte 2004 in einem Schweriner Industriepark einen metallgrauen Büro- und Fertigungskomplex errichtet und erst kürzlich beträchtlich erweitert. Hier stellen über 300 Facharbeiter diverse Teile für die internationale Flugfahrtindustrie her, vor allem für Airbus im nahegelegenen Hamburg. Von Umformtechnik über Baugruppenmontage bis Oberflächenbearbeitung sei hier vieles an Fachkönnen gefragt, erklärt Pierre Gerasch vor einer der vielen computergesteuerten Maschinen:
"Ja, das ist eine Zerspanungsmaschine. Hier werden ebene Bleche zugeschnitten - entweder aufs Maß, oder es werden Teile ausgeschnitten aus den Riesenblechen,."
"Und die Kollegen, die diese Maschine bedienen, sind dann was von Beruf?"
"Zerspanungsmechaniker."
"Wie viel Azubis haben Sie in diesem Bereich?"
"Insgesamt elf. Der große Anteil ist Fertigung und der kleinere Anteil ist im kaufmännischen Bereich. Aber wir suchen hauptsächlich im Bereich der Fertigung. Fertigungsmechaniker ist da der klassische Beruf, den wir auch ausbilden. Und seit letztem Jahr auch Zerspanungsmechaniker, den wir dieses Jahr aber leider noch nicht besetzen konnten. Wir hätten da noch zwei Ausbildungsstellen unbesetzt. Auch beim Fertigungsmechaniker hätten wir erst zwei von drei Stellen besetzt."
Entlohnung nach dem Metalltarif
Am Geld liege es nicht, denn das Unternehmen bezahle seine Azubis nach dem Metalltarif, beginnend bei 1.014 Euro pro Monat im ersten Lehrjahr, sagt Gerasch. Zum Vergleich: Der Durchschnittsverdienst für Lehrlinge beträgt in Deutschland rund 730 Euro. Im Gegensatz zu vielen Handwerksbetrieben oder zum Hotel- und Gaststättengewerbe stelle man beim Schweriner Flugzeugteilebauer zudem fest:
"Also, wir haben nicht das Problem, dass wir zu wenige Bewerbungen haben, sondern dass die Qualität einfach nicht stimmt. Also gerade wenn die Noten in Mathematik und Physik mit vier, fünf, sechs - das reicht natürlich nicht."
Bewerber auf Umwegen
Ein anderes Problem, das immer weiter um sich greife: Viele Bewerber wollten eigentlich studieren oder etwas ganz anderes werden wie Erzieher, Kindergärtnerin, Tierpfleger. Klappt das nicht, versuchen sie es hier, ohne sich jedoch mit dem Unternehmen befasst oder handwerkliches Geschick zu haben, ergänzt Pierre Gerasch.
Passe man absehbar gar nicht zusammen, sage man auch schon mal nein und suche weiter - ob auf Messen oder im Internet auf der bundesweit zugänglichen Lehrstellenbörse der Industrie- und Handelskammern. Die hat auch Peter Todt fest im Blick, bei der IHK zu Schwerin zuständig für Aus- und Weiterbildung im Kammerbereich Westmecklenburg. Allein dort beginnen heute fast 900 Jugendliche eine Lehrausbildung. Aber:
"Auf der anderen Seite haben wir noch über 500 freie Stellen in unserer Lehrstellenbörse. Das kann einen natürlich schon beunruhigen, denn das sind noch 500 Angebote in den Unternehmen - 500 Bedarfe und 500 Zukunftsmöglichkeiten, die einfach nicht genutzt werden. Ich sehe die Ursache hauptsächlich darin, dass die Grundmotivation 'Ich kümmere mich um die eigenen Zukunft, ich möchte gerne vor den Sommerferien einen abgeschlossenen Vertrag haben' - nicht ausreichend gegeben ist. Wir vermitteln, dass die Lehrstellensituation positiv ist, und das führt meiner Meinung nach zu einer inneren Trägheit 'Da hab ich ja noch genügend Zeit mich darum zu kümmern.' Und das ist natürlich ein fatales Signal."
Betriebe brauchen Planungssicherheit
Denn die Betriebe bilden für ihren eigenen Bedarf aus und brauchen Planungssicherheit. Schon werben die ersten mit diversen Prämien, mit freien Tankfüllungen, guten Unterkünften, mit der Übernahme von Kosten für Führerschein oder Vereinsaktivitäten– etwa der Wismarer Holzverarbeiter Egger. Und, so Peter Todt: Wenn es um Mechatroniker, Informatiker, Bankberufe, Industriekaufleute geht, versuchen Unternehmen und die Industrie- und Handelskammern, das Beste aus der Abiturienten- und Studentenschwemme zu machen.
"Wir haben mit der Hochschule Wismar seit zweieinhalb Jahren ein Projekt 'Studienabbrecher'. Das heißt, wir sind an der Hochschule dran, wenn ein Student innerlich wackelt, dass wir ihn nicht wackeln lassen. Sondern dass wir ihm ein Angebot unterbreiten, 'Du kannst dich an uns wenden, ohne dass das sofort jemand mitbekommt.' Das läuft dann so: Er steigt bei uns, wenn er die berufliche Ausbildung machen möchte und das Ganze fachlich passt, garantiert im zweiten Ausbildungsjahr ein. Das heißt, wir erlassen Zeiten; er hat ja schon Leistung erbracht. Er bringt ja was mit. Das läuft gut. Die Betriebe nehmen die gern."