Fünf Mitglieder zählt die NPD-Fraktion, allen voran Udo Pastörs, lange Zeit Bundesvorsitzender der Partei. Der wollte mit den anderen NPD-Abgeordneten Mecklenburg-Vorpommerns Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge und Asylbewerber in Nostorf-Horst besuchen. Dort ist offiziell Platz für 600 Menschen auf einmal. Doch schon seit Wochen ist Horst stark überbelegt. Innenminister Lorenz Caffier (CDU) untersagte ihnen den Zutritt. Warum, das erklärte er Anfang August so:
"Ich betrachte das nicht als Besuch, denn ich höre, man will das 'inspizieren' und 'das Treiben der Regierung kontrollieren'. Sicherlich ist es ein hohes Gut, was die Abgeordneten betrifft, aber das hohe Gut ist nicht grenzenlos und ich glaube und halte es auch persönlich für unerträglich, dass diejenigen, die derzeit auf dem Rücken der Asylbewerber Politik machen, jetzt auch noch mein Erstaufnahmelager, was schon sehr grenzwertig gefüllt ist, inspizieren wollen, um dann möglicherweise Fotos und anderes ins Netz zu stellen. Aus diesem Grund und auch, um die Sicherheit der Asylbewerber, der Mitarbeiter und der Region zu gewährleisten, habe ich ein Verbot ausgesprochen."
NPD-Fraktion klagte gegen Besuchsverbot
Dagegen klagte die NPD-Fraktion und bekam nun teilweise recht. Das Landesverfassungsgericht in Greifswald befand, dass der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern die verfassungsrechtlich garantierten Selbstinformations- und Kontrollrechte von Abgeordneten verletzt habe.
Er habe "eine eigene Bewertung" dessen vorgenommen, "ob ein solcher Besuch notwendig ist", und dabei "ausschlaggebend an die inhaltlichen Positionen der Abgeordneten auf einem bestimmten Gebiet der politischen Auseinandersetzung angeknüpft". Die Verfassungsrichter erklärten, dass es mit den Rechten von frei gewählten Abgeordneten nicht vereinbar sei, sie ausschließlich aus Gesinnungsgründen von der Kontrolle der Landesregierung und ihren nachgeordneten Behörden und Einrichtungen fernzuhalten. Andere zwingende Gründe, den NPD-Abgeordneten den Besuch der Erstaufnahmestelle in Nostorf-Horst zu untersagen, habe der Innenminister jedenfalls nicht vorgetragen.
Der muss sich nun das Besuchsbegehren der NPD-Abgeordneten noch einmal auf den Tisch holen und darüber "in angemessener Frist erneut entscheiden". Gut für ihn: Die Richter bescheinigten ihm ausdrücklich das Recht, "die näheren Einzelheiten eines Besuchs festlegen", beispielsweise Tag, Dauer und Ablauf des Besuchs. Um den "Schutzverpflichtungen gegenüber den Bewohnern der Aufnahmeeinrichtung gerecht zu werden und den Sicherheitsbedürfnissen Rechnung zu tragen, die sich aus der politischen Orientierung der NPD-Abgeordneten ergeben könnten", dürfe er auch die Ablehnung von Filmaufnahmen anweisen. Die NPD-Abgeordneten wiederum könnten keine Frist setzen, bis wann sie ihren Besuch absolviert haben wollen.
In einer ersten Reaktion erklärte der Chef der SPD-Landtagsfraktion, Dr. Norbert Nieszery, man akzeptiere "selbstverständlich das Urteil des Landesverfassungsgerichtes." Er fügte hinzu: "Wir Demokraten im Landtag werden in geeigneter Weise dafür sorgen, dass die Flüchtlinge und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Erstaufnahmeeinrichtung durch den sogenannten Vor-Ort-Termin der NPD-Fraktion so wenig wie möglich belästigt werden."
Der Schweriner Weg
Tatsächlich beschreitet der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern seit dem ersten Einzug der NPD 2006 den sogenannten Schweriner Weg. Alle Fraktionen haben sich darauf verständigt, die NPD-Abgeordneten so gut es geht zu ignorieren, ihnen den Zugang zu Informationen im parlamentarischen Verfahren zu erschweren und niemals für Gesetze oder Petitionen zu stimmen, wenn dies auch die Rechten tun würden.
Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider (SPD) hat sich sogar schon mehrfach Rügen durch das Landesverfassungsgericht abgeholt, weil sie den NPD-Abgeordneten im Plenum oft willkürlich das Wort entzieht und Ordnungsrufe erteilt. Zuletzt gaben die Richter im Juni drei Klagen der NPD-Fraktion statt, die der Landtagspräsidentin die Verletzung ihrer Neutralitätspflicht vorwarfen.
Ob der "Schweriner Weg" richtig und erfolgreich ist, um der NPD im Land das Wasser abzugraben, ist fraglich. Mecklenburg-Vorpommern ist inzwischen das letzte und einzige Bundesland, in dem die Rechtsextremen immer noch im Parlament sitzen und somit ihre Arbeit auch durch Steuergelder finanziert bekommen.
Derweil hofft Innenminister Lorenz Caffier, dass möglichst bald das Bundesverfassungsgericht dem "Spuk NPD" ein Ende bereitet und ihm damit die Sorge nimmt, sich selbst im Umgang mit NPD-Abgeordneten nicht verfassungskonform zu verhalten. Der Schweriner CDU-Politiker ist eine maßgebliche Kraft hinter dem NPD-Verbotsantrag der Bundesländer, der gerade in Karlsruhe verhandelt wird.
"Ich glaube, dass gerade diese Situation uns wieder ganz klar zeigt: Solange die NPD in Deutschland als zugelassene Partei gilt, hat sie natürlich in vielerlei Hinsicht Rechte und Pflichten gleichermaßen wie die anderen Abgeordneten. Ich müsste mich mit dem Problem Hort und der NPD nicht rumärgern, wenn die NPD eine verbotene Partei wäre. Deswegen wird, hoffe ich, zügig, schnell und in unserem Interesse entschieden."