Von außen betrachtet könnte alles so einfach sein. Eine Serie läuft im linearen Fernsehprogramm von ARD oder ZDF. Und danach kommt sie direkt in die Online-Mediatheken der Sender, wo sie gestreamt werden kann, wann immer die Zuschauer möchten. So einfach ist es aber leider nicht. Warum, erklärt Eckart Gaddum, Online-Chef des ZDF:
"Es gibt ja einen Rahmen für das, was wir in der Mediathek machen und dürfen. Es gibt einmal den Staatsvertrag, der das regelt. Dann gibt es noch das Telemedienkonzept, das es noch genauer regelt. Wir dürfen nicht einfach alles. Ergebnis ist: Wir haben etwa 70 Prozent unseres Programms zum Abruf in der Mediathek bereit - mit unterschiedlichen Verweildauern und manches möglicherweise gar nicht."
Zum Beispiel angekaufte Filme oder Serien aus dem Ausland wie Sherlock oder Mad Men: Die dürfen überhaupt nicht in den öffentlich-rechtlichen Mediatheken auftauchen, um den kommerziellen Markt für diese Filme und Serien nicht zu stören. Dort sind deshalb nur Eigen- oder Ko-Produktionen von ARD und ZDF erlaubt.
Verschiedene Regulierungen beschränken Abrufbarkeit
Neben dem Telemedienkonzept beschränkt auch der sogenannte Beihilfekompromiss der EU-Kommission die Mediatheken. Laut dieser Regelung dürfen öffentlich-rechtliche Angebote "nicht in Konkurrenz zu kommerziellen Video-on-Demand-Angeboten" treten, wie zum Beispiel Netflix oder Amazon. Dazu kommen außerdem noch Rechte und Lizenzen, die mit den Urhebern der Inhalte für die Onlinenutzung verhandelt werden müssen. Die können zum Beispiel ihre Inhalte weiterverkaufen, nachdem sie aus den öffentlich-rechtlichen Mediatheken gelöscht worden sind, sagt Oliver Castendyk von der Produzentenallianz.
"Wenn ein Buch ins Internet gestellt wird, bekommt der Autor auch noch mal einen Teil dieser Erlöse. Dasselbe gilt für Musik oder was auch immer. Und im Fernsehfilmbereich gilt es bei privaten Sendern auch so, dass es einen bestimmten Prozentsatz an Beteiligungen gibt. Die öffentlich-rechtlichen würden das ja auch gerne machen, aber bei der Mediathek können sie es nicht. Weil es da eben nichts gibt, woran man jemanden beteiligen kann."
Denn die Mediatheken sind kostenlos zugänglich. Dafür, dass die Inhalte zumindest kurzzeitig in den Mediatheken stehen, bekommen die Produzenten und Urheber eine kleine Spezialvergütung - circa vier Prozent der Produktionskosten, so Castendyk.
Aber auch dann müssen die Inhalte nach ein paar Tagen wieder aus den Mediatheken verschwinden. Das führt bei vielen Zuschauern zu Unmut. Und auch bei den Öffentlich-Rechtlichen, die die Onlinerechte für viele Produktionen immer wieder neu verhandeln müssen. Die ARD schreibt auf Anfrage:
"Einfacher wäre für uns sicherlich, die komplette Mediathek zu sperren. Doch genau das wollen wir eben nicht, auch wenn es bedeutet, viele Rückfragen und Beschwerden beantworten zu müssen."
Dass diese Verweildauer viele Zuschauer stört, kann ZDF-Mann Eckart Gaddum verstehen.
"Erstens weil die Leute es überhaupt nicht nachvollziehen können. Das schafft Akzeptanzprobleme, gerade im Öffentlich-Rechtlichen. Da sagen die Leute: Ich habe doch meine Gebühren bezahlt, warum nicht auch dafür? Weil ja die Nutzung von Video-on-Demand immer selbstverständlicher wird. Das war ja vor ein paar Jahren noch was Besonderes, jetzt ist es selbstverständlich. Und der Nutzer kann zu Recht fragen: Warum ist das nicht im Preis mit drin? Insofern ist die Vermittlung der Verweildauer für uns zunehmend problematischer."
ARD und ZDF wollen gerne andere Lösung
Was soll also die Zukunft bringen, wenn sich immer mehr Menschen an das On-Demand-Fernsehen von Netflix und Co. gewöhnt haben, an Anbieter, mit denen die Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen ständig und unausweichlich verglichen werden, die aber laut Gesetz gar nicht in Konkurrenz treten dürfen. Wird es doch noch ein öffentlich-rechtliches Netflix geben? Lange war so eine Plattform geplant: Germany's Gold. Die wurde allerdings 2013 vom Kartellamt wegen Wettbewerbsverfälschung nicht zugelassen. Oder kommt es doch eher zur Abschaffung der Verweildauer? Eckart Gaddum vom ZDF.
"Ich glaube, dass es schon unter allen Beteiligten ein konstruktives und gutes Nachdenken gibt. Da sind ja viele dran beteiligt. Darüber, ob man da nicht etwas ändert. Sie sehen ja beispielsweise beim jungen Angebot von ARD und ZDF verschiebt sich auch schon was. Da haben wir die Möglichkeit, auch Ankaufproduktionen online anzubieten im jungen Angebot. Also, warum soll es nicht möglich sein, insgesamt die Regeln nach und nach den veränderten Wirklichkeiten anzupassen? Ich glaube, auf Dauer werden die Verweildauern, wie sie heute sind, keinen Bestand haben."