Fast drei Wochen lang sportliche Höchstleistungen, Jubel über Gold, Silber und Bronze und darüber hinaus viel internationale Aufmerksamkeit – die Olympischen Winterspiele von Peking sind auch in der aktuellen Berichterstattung präsent. Doch die Zeitungsredaktionen, Radio- und Fernsehsender sowie Online-Medien aus Deutschland sind - wenn überhaupt - nur mit ungewöhnlich kleinen Teams vor Ort.
Auch für den Deutschlandfunk berichte niemand direkt aus China, so die Leiterin der Dlf-Sportredaktion, Astrid Rawohl. "Wir setzen damit unseren Kurs seit den Olympischen Spielen von Tokio fort. Es geht um die Gesundheit und die Sicherheit unserer Kolleginnen und Kollegen."
Einschränkungen für die Medien
Insgesamt dürfte sich die Berichterstattung aus China deutlich von früheren internationalen Sportereignissen unterscheiden: Coronabedingt sollen Athletinnen und Athleten, Delegationsmitglieder und auch Medienschaffende in einer Blase, der sogenannten "Olympia-Bubble", bleiben. Beiträge, Reportagen und Interviews jenseits der sportlichen Ereignisse sind so kaum möglich.
Diese Umstände seien ein wesentlicher Grund für ihre Zurückhaltung, erklärt Deutschlandfunk-Sportchefin Rawohl: "Wir berichten in unseren Sendungen vor allem über Sportpolitik und Hintergründe. Dafür muss man mit NGOs und Regimekritikern, aber auch mit der ganz normalen Bevölkerung sprechen können. Wenn das aber nicht möglich ist, ergibt es für uns wenig Sinn, jemanden nach China zu schicken."
Bereits bei den Olympische Spielen in Tokio 2021 hatte die Corona-Pandemie zu Einschränkungen in der Berichterstattung geführt. Allerdings beklagen Kritikerinnen und Kritiker, dass die autoritäre Staatsführung in China nun die Maßnahmen als willkommenen Vorwand nutze, um die Bewegungsfreiheit einzuschränken und die Arbeit der Medien grundsätzlich zu behindern.
Der ferne Blick aus Deutschland auf Olympia
Journalist Felix Lill sagte im Deutschlandfunk, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) offenbar wenig Probleme mit diesen strengen Regeln habe und freie Berichterstattung zusehends weniger ernst genommen werde.
Schon jetzt werden die Pekinger Winterspiele immer wieder als Tiefpunkt in der olympischen Geschichte bezeichnet. Zu den Kritikern gehört unter anderem der chinesische Künstler und Dissident Ai Weiwei.
In den kritischen Kommentaren spielen aber nicht nur die Einschränkungen bei der Bewegungsfreiheit eine Rolle. Mit Sorge werde auch auf mögliche Überwachungsmaßnahmen geblickt, so Felix Lill: "Von Menschenrechtsorganisationen kam die Warnung, dass über die Laptops und Smartphones der Medienvertreter Spionage betrieben werden könnte. Und viele Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich zuletzt gesprochen habe, wollen sich das nicht antun."
Nach Angaben des Deutschen Olympischen Sportbundes seien hierzulande bis Januar 26 der insgesamt 138 Journalistenakkreditierungen zurückgegeben worden, erklärte Medienjournalist Lill im Deutschlandfunk. "Die Redaktionen einiger kleinerer Zeitungen verlassen sich bei Olympia normalerweise auf freie Mitarbeiter. Diesmal reist aber offenbar fast niemand an."
Auch ARD und ZDF haben nur wenige Mitarbeitende am Ort des Geschehens, der Großteil der Berichterstattung wird aus dem National Broadcast Center (NBC) in Mainz kommen, das beide Sender gemeinsam nutzen.
Medienfreiheit immer weiter eingeschränkt
ARD-Hörfunk-Korrespondent Benjamin Eyssel erklärt, dass immer häufiger in internationalen Medien aus der Ferne berichtet werden müsse - insbesondere, weil Akkreditierungen nicht verlängert und Journalistinnen und Journalisten von der Regierung gezwungen würden, das Land zu verlassen. Das betreffe vor allem Medien aus englischsprachigen Ländern wie Australien, den USA oder Großbritannien, so Eyssel.
Die jüngste Umfrage unter Auslandskorrespondenten in China habe außerdem gezeigt, dass die Medienfreiheit im Land immer weiter eingeschränkt werde. Benjamin Eyssel selbst wird nicht aus der "Olympia-Bubble" berichten, um die Einschränkungen und eine mehrwöchige Quarantäne im Anschluss an die Olympischen Spiele zu vermeiden.
Viele Stunden Sportberichterstattung
Dennoch werden die Winterspiele von den großen Medienhäusern prominent begleitet: ARD und ZDF bieten in der Mediathek bis zu sechs verschiedene Live-Streams. Eurosport, das sich selbst als "Home of the Olympics" bezeichnet, wird fast durchgehend auf seinen Bezahlsendern und im Free-TV Olympia zeigen.
Auch für diese Spiele wurden hohe Summen für die Übertragungsrechte ausgegeben: So bezahlte der US-Medienkonzern Discovery, zu dem unter anderem Eurosport gehört, rund 1,3 Milliarden Euro an das Internationale Olympische Komitee. Damit bekam das Unternehmen das exklusive Rechtepaket für Europa für die vier Olympischen Sommer- und Winterspiele zwischen 2018 und 2024.
Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF haben über eine Sublizenz die Möglichkeit, ebenfalls weite Teile der Wettbewerbe in ihren Fernsehprogrammen zu zeigen.
Kritik an mehreren Ausrichtern von Sportereignissen
In diesem Jahr finden gleich zwei Sport-Großereignisse in Ländern statt, die wegen Menschenrechtsverletzungen, fehlender Rechtsstaatlichkeit und Demokratie international in der Kritik stehen: neben den Olympischen Winterspielen von Peking auch die Fußball-Weltmeisterschaft im Golfstaat Katar.
Der Sündenfall als Wendepunkt?
2022 – ein Sportjahr, das mit Winterspielen in Peking beginnt und mit einer Fußball-WM in Katar endet. Es wird ein Jahr, in dem nicht nur der Sport im Fokus steht – denn die Gastgeber und Organisatoren müssen sich heftiger Kritik stellen, mit Blick auf die Menschenrechte. Was tun FIFA und das IOC?
2022 – ein Sportjahr, das mit Winterspielen in Peking beginnt und mit einer Fußball-WM in Katar endet. Es wird ein Jahr, in dem nicht nur der Sport im Fokus steht – denn die Gastgeber und Organisatoren müssen sich heftiger Kritik stellen, mit Blick auf die Menschenrechte. Was tun FIFA und das IOC?
Doch nicht nur aus politischer Perspektive gibt es Kritik an diesen Austragungsorten. Sie seien auch völlig ungeeignet für die jeweiligen Veranstaltungen, heißt es von Kritikern. Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar musste wegen Temperaturen um die 50 Grad im Sommer in den Dezember verlegt werden, die Olympischen Winterspiele finden nun in einer Region nördlich von Peking statt, in der Wassermangel herrscht und Schnee eine Seltenheit ist.