Banal gesagt: Den klassischen Sportarten fehlt die Lobby. Sowohl bei der Volleyball-WM als auch bei der Handball-Weltmeisterschaft forderten die Rechteinhaber, dass die deutschen Sender bei der Satellitenüber-tragung nicht in den benachbarten Ländern zu sehen sind. "Spill over" heißt der Effekt, wenn deutsche Sendungen via Satellit auch jenseits der hiesigen Landesgrenzen empfangen werden können. Bei Volleyball und Handball zogen die deutschen Bewerber zurück, obwohl sie gute Chancen gehabt hätten, vor Gericht Erfolg zu haben. Der Münchner Rechtsanwalt Mark E. Orth:
"Die Europäische Fernsehsenderichtlinie sieht eben genau vor, dass im Falle des Satellitenfernsehens, wenn sie in einem Mitgliedsstaat die Rechte haben und dort das Signal an einen Satelliten schicken, haben sie automatisch in allen Mitgliedsstaaten auch die Fernsehrechte und dieser gesetzgeberischen Regelung kann man nicht dadurch entgehen, dass man versucht, den Markt wieder aufzuteilen."
Das Interesse der Sender dürfte gering sein, denn sie selbst sind mehr an territorialen und nicht an europäischen Rechten interessiert. Und bei den betroffenen Verbänden fehlt oft das Know-how in solch juristischen Randbereichen. Außerdem wollen die Federationen auch ihre Eigeninteressen wahren.
"Und das andere Problem ist die grundsätzliche Interessenlage. Handball-Liga, Volleyball-Liga, was auch immer. Sind natürlich auch daran interessiert, ihre eigenen Rechte territorial begrenzt zu vermarkten. Und wenn sie das auf der einen Seite bei der WM angreifen, können sie nicht mehr ihre Ligen so territorial begrenzt vermarkten, in dem sie Rechte für Deutschland vergeben oder für andere Länder."
Nationale Liste
Hinzu kommt: Im Rahmen der europäischen Fernsehrichtlinie mussten alle Mitgliedsstaaten eine Liste von Sportevents erstellen, die im frei empfangbaren Fernsehen gezeigt werden müssen. In Deutschland stehen auf dieser nationalen Liste nur Olympische Spiele und Fußball-Ereignisse, diese Großereignisse sind in gewisser Weise also geschützt davor, nur noch im Bezahlfernsehen auftauchen zu können. In anderen Ländern ist die Liste der Sportevents umfangreicher: So gehört beispielsweise in Frankreich auch die Handball-WM zu den "geschützten" Sportarten. In England stehen unter anderem auch Cricket und Pferderennen auf der Liste, in Italien Basketball, Volleyball und Wasserball. ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky sieht da aber nicht nur die öffentlich-rechtlichen Sender in der Pflicht. Im Deutschlandradio Kultur sagte er:
"Warum müssen alle in der ARD zu sehen sein? Ich glaube, Billard oder auch Snooker haben breite Flächen bei Sport1, Eurosport oder auch bei anderen Sendern. Insofern sind dort die Flächen vorhanden für Sportarten wie Billard, die wir so nicht zur Verfügung stellen können."
Aktuell schreibt Sport 1 Quotenrekorde. Die Dart-Weltmeisterschaft im „Ally Pally" lockt in Spitzenzeiten fast eine Million Zuschauer vor den Bildschirm. Das in Deutschland verbreitete österreichische Servus TV zeigt die Partien der Deutschen Eishockey-Liga, das Segel-Highlight Americas Cup, Extremsport und auch Fußball-Highlights wie den spanischen Classico. Für Freunde des Boxsports ist der Männersender DMAX ein Geheimtipp. Hier sind nachts die Kämpfe des Superstars Floyd Mayweather zu sehen.
Alternative Verbandsfernsehen
Als weitere Alternative zu ARD und ZDF sieht Sportkoordinator Balkausky neue Medien wie beispielsweise den geplanten Olympiakanal des Internationalen Olympischen Komitees. Im "Verbandsfernsehen" sieht er keine Konkurrenz.
"Das zeigt doch das Beispiel Sportdeutschlandtv. Es ist, glaube ich, eine sinnvolle Ergänzung, dass die Verbände die jetzigen Möglichkeiten, günstiger produzieren zu können, günstiger verbreiten zu können über das Internet, das die genutzt werden, die wir gar nicht nutzen könnten."
Perfekt ist diese Lösung aber noch nicht. Bei der Volleyball-WM im Oktober wurde SportdeutschlandTV kritisiert, die Übertragung sei öfter zusammengebrochen. SportdeutschlandTV-Geschäftsführer Oliver Beyer erläutert:
"Zum Teil lag es auch an den technischen Voraussetzungen auf Seiten des Nutzers. An der einen oder anderen Stelle haben auch wir gesagt, damit wir dem Großteil der Zuschauer eine stabile, eine hochqualitative Übertragung bieten können, müssen wir einfach den Server im Auge behalten können. Das kann dazu geführt haben, dass jemand nicht beim ersten Aufruf, dann aber beim zweiten oder dritten rein kam. Es war nicht so, dass wir ab einer bestimmten Schwelle abgeriegelt oder dicht gemacht haben, sondern das wir nur dafür gesorgt haben, das keine Überlastung eintritt, sondern eben auch die Qualität stimmt."