Das erneute Urteil gegen die 28-jährige Journalistin Kateryna Bachwalowa sei schwer zu ertragen, sagt Andrej Bastunets, Vorsitzender des Belarussischen Journalistenverbands BAJ. „Sie hat bereits anderthalb Jahre abgesessen und hätte in fünf Monaten freikommen können. Dass sie nun weitere acht Jahre im Gefängnis bleiben muss, kann man nur als Rache verstehen für ihre aktive und unbeugsame Haltung sogar hinter Gittern.“
Die Urteile belarussischer Gerichte gegen Journalisten werden immer härter. Anfang August wurde Iryna Slaunikava, gleichfalls Mitarbeiterin von Belsat, in Gomel zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie mit einer, wie es heißt, extremistischen Organisation kooperiert habe. Gemeint war ihr Arbeitgeber.
In Grodno läuft derzeit der Prozess gegen Denis Iwaschenko. Die Anklage wirft ihm Staatsverrat vor. Der Journalist hatte zu dem brutalen Vorgehen der Sondereinheiten gegen friedliche Demonstranten im Sommer 2020 recherchiert. Ihm drohen 15 Jahre Haft.
Medien zu extremistischen Organisationen erklärt
Andrej Bastunets vom Journalistenverband kann die Prozesse nur aus dem Ausland verfolgen. Er selbst ist nach Litauen geflohen. „All diese Verfahren, gegen Iryna Slaunikava, gegen Denis Iwaschenko in Grodno, werden nicht öffentlich geführt. Wir hören sehr wenig darüber, was im Gericht geschieht und von den Urteilen erfahren wir oft erst im Nachhinein. Ich weiß aber, dass Journalisten und Vertreter westlicher Botschaften oft zu den Verhandlungen fahren, auch wenn sie nicht in den Saal gelassen werden. Einfach, um Solidarität zu zeigen.“
In Belarus sind mittlerweile fast alle unabhhängigen Medien zu extremistischen Organisationen erklärt worden. Wer für sie arbeitet, macht sich strafbar. Trotzdem gäbe es immer noch Kollegen im Land, die dies wagten, allerdings unter Pseudonym. Und selbst viele Experten ließen sich nur noch anonym zitieren, erzählt Bastunets.
Nach Angaben des Journalistenverbands haben rund 300 Journalisten Belarus mittlerweile verlassen. „Wenn man mal etwas Positives sagen will, dann ist das Wichtigste, dass die Journalisten trotz allem professionell weiterarbeiten. Die Umsiedlung hat ganz gut geklappt. Aber mit der Zeit entstehen natürlich neue Probleme: juristischer Art, Stichwort Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, und materieller Art, denn vieles wird teurer, Wohnraum, aber auch eine Redaktion zu unterhalten.“
Nach Angaben des Journalistenverbands haben rund 300 Journalisten Belarus mittlerweile verlassen. „Wenn man mal etwas Positives sagen will, dann ist das Wichtigste, dass die Journalisten trotz allem professionell weiterarbeiten. Die Umsiedlung hat ganz gut geklappt. Aber mit der Zeit entstehen natürlich neue Probleme: juristischer Art, Stichwort Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, und materieller Art, denn vieles wird teurer, Wohnraum, aber auch eine Redaktion zu unterhalten.“
Qualität der Berichterstattung nimmt ab
Anton Trafimowitsch hat Belarus im August 2021 verlassen. Er arbeitete für Radio Free Europe und floh, als seine Kollegen festgenommen wurden. Mit seiner Frau lebt er nun in Warschau. Dort fühlt er sich sicher, aber die Gewalterfahrungen in Belarus haben Spuren hinterlassen. „Letztes Jahr gab es hier in Polen eine große Demonstration. Da hatte ich diverse Flashbacks, als ich die Menschenmenge und Dutzende von Polizeiwagen sah. Ich habe mir gesagt: Die sind zu meiner Sicherheit hier, aber es ist trotzdem sehr schwer.“
Anton Trafimowitsch ist mittlerweile ins Medienmanagement gewechselt, er fühlt sich zu ausgebrannt, um Geschichten zu schreiben. Für seine Kollegen, die weiter aus dem Exil über Belarus berichten, ist er voller Bewunderung. „Sie berichten weiter über Dinge, die in Belarus passieren und mit Belarus zu tun haben. Und sie finden immer noch Gesprächspartner in Belarus. Wenn man sich Umfragen anschaut, leben die meisten User belarussischer Telegramkanäle im Land. Die User schicken den Journalisten Informationen, und die machen daraus Artikel. Das sind Tausende Leute, die die Redaktionen im Ausland mit Informationen aus Belarus versorgen. Manchmal kommen dabei sogar Lifestyle-Geschichten heraus.“
Eines allerdings besorgt ihn: Trotz der großen Anzahl belarussischer Nachrichtenkanäle in den Sozialen Medien glichen sich diese einander inhaltlich immer weiter an. Es gäbe kaum noch Exklusivgeschichten, und die Qualität der Berichterstattung aus dem Exil über Belarus nehme über kurz oder lang ab.