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Medien in Katalonien
Kampf gegen Entmachtung

Sollte die spanische Regierung die Autonomie Kataloniens außer Kraft setzen, droht auch den Medien eine Entmachtung. Madrid hat bereits angekündigt, die öffentlichen Sender stärker kontrollieren zu wollen. Dort wächst der Widerstand.

Von Burkhard Birke |
    Massenproteste in Barcelona für die Unabhängigkeit Kataloniens - hier am 21. Oktober 2017
    Täglich wird momentan für die Unabhängigkeit Kataloniens demonstriert. (imago)
    "Die Drohung eines Eingriffs der spanischen Regierung auf die öffentlichen katalanischen Medien, die katalanische Presseagentur ACN inbegriffen entspricht einem direkten Angriff auf die Bevölkerung und verletzt ihr Recht, auf eine wahrheitsgetreue, objektive und ausgeglichene Information."
    In acht Sprachen verlasen Mitarbeiter die Protestnote. Die Empörung ist groß: Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy beabsichtigt, den Fernsehkanal TV3 und Catalunya Radio mit insgesamt 2300 Mitarbeitern direkt dem Staatssekretariat für Kommunikation zu unterstellen. Auch die 60 Mitarbeiter der katalanischen Nachrichtenagentur will er an die Kandare nehmen.
    "Ein perverser, antidemokratischer Mechanismus"
    "Hier soll ein perverser, antidemokratischer Mechanismus angewandt werden, um eine Kontrolle auszuüben, die ihnen weder die Wahlergebnisse noch das katalanische Parlament noch ihre Präsenz in der Aufsichtsbehörde derzeit gewähren." So deutlich empört sich Fernsehdirektor Vincent Sanchis.
    Laut Autonomiestatut obliegt die Kontrolle der öffentlichen audiovisuellen Medien dem Parlament: Entsprechend den Mehrheitsverhältnissen wird ein Verwaltungsrat gewählt. Einmal im Monat müssen der Präsident der Medienagentur und die programmverantwortlichen Direktoren einem Parlamentsausschuss Rede und Antwort stehen. 230 Millionen Euro steuert die Generalitat, also die katalanische Regierung zum 300 Millionen Jahresbudget von Radio und Fernsehen bei. Die Nachrichtenagentur mit ihren 60 Mitarbeitern hat 4 Millionen zur Verfügung. Den Geldhahn zudrehen wäre die wohl effizienteste Methode, unliebsame Berichterstattung zu unterbinden. Denn momentan lautet die Devise: Weiter so wie bisher.
    "Wir werden genauso professionell wie bisher weiterarbeiten, ohne jeden Druck und ohne jede Zensur von Inhalten", meinte Fernsehreporterin Miraya Sagú.
    Keine Zustände wie bei Television Espanola
    "Wir haben lange für die Unabhängigkeit unseres Mediums gekämpft. Wir waren immer sehr kritisch, auch mit der katalanischen Regierung. Wir kämpfen, um diese Unabhängigkeit und den Pluralismus in Radio und TV zu verteidigen und können nicht akzeptieren, dass uns jetzt ein Kommissar vor die Nase gesetzt werden könnte." Jordi Sanchez ist Betriebsrat beim Fernsehsender TV3. Zustände wie bei Television Espanola, wo Mitarbeiter immer wieder massive politische Einflussnahme anprangern, will man hier nicht.
    "Wir haben keine redaktionelle Linie für oder gegen Unabhängigkeit", bekräftigt Catalunya Radio Chef Saul Gordilla, dafür aber ein Stilbuch für faire, pluralistische Berichterstattung. "Die Bedrohung durch den Artikel 155 kann mich als Journalist doch nicht daran hindern, den Leuten zu erklären, was passiert", verteidigt Saul Gordilla die breite Berichterstattung über das illegale Referendum, für das allerdings auch eine offizielle Information der Regionalregierung geschaltet und die auch nach dem Verbot durchs spanische Verfassungsgericht weiter ausgestrahlt wurde.