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Medien in Österreich
#MeToo-Vorwürfe gegen Boulevardmogul Fellner

In Österreich sieht sich der Medienunternehmer Wolfgang Fellner #MeToo-Vorwürfen ausgesetzt. Sein Name wurde allerdings erst öffentlich, nachdem in Deutschland die "Zeit" berichtet hat. Der Fall wirft auch ein Schlaglicht auf die politischen Kontakte und den Einfluss des 66-Jährigen.

Text von Michael Borgers / Cathrin Kahlweit im Gespräch mit Bettina Köster |
Der österreichische Medienmanager Wolfgang Fellner
Der österreichische Medienmanager Wolfgang Fellner wehrt sich gegen Belästigungsvorwürfe einer Ex-Angestellten (IMAGO / Hartenfelser)
In Deutschland verbinden wohl die meisten den Namen Fellner mit Österreich. So heißt, Vorname Bibi, die Wiener Kommissarin, die seit mehr als 20 Jahren im "Tatort" im Ersten ermittelt. Am 27. April lernten die Leser der Wochenzeitung "Zeit" noch einen Fellner kennen: Wolfgang Fellner. Keine fiktive Figur, sondern Medienmanager in Österreich.
In dem Artikel mit der Überschrift "Du schaust aus wie eine Nutte" geht es um Belästigungsvorwürfe gegen Fellner; es handelt sich dabei um ein Zitat, das der 66-Jährige nicht bestreitet. Zu Beginn des Textes heißt es: "Sex, Skandale und Emotionen: Der Boulevard liefert den Stoff für ein Massenpublikum. Und in keinem europäischen Land ist er so mächtig wie in Österreich."
"Boulevardisierung der Politik"
In der Bundeshauptstadt Wien decken drei Zeitungen über 70 Prozent der Leserschaft ab, sagte 2019 Politikwissenschaftler Fritz Plasser im Dlf. Die Markmacht von drei Boulevardblättern beeinflusse auch die Politik.
Seitdem haben auch andere Redaktionen in Deutschland und Österreich nachgezogen - und nennen nun den Namen Fellners.

Berichtet wurde, aber ohne Namen zu nennen

Im Zentrum der Vorwürfe gegen den "König des Boulevards" (taz vom 28. April) und der Berichterstattung über sie stehen rechtliche Auseinandersetzungen. In einem ersten Verfahren klagt die Moderatorin Raphaela Scharf auf Wiedereinstellung, in einem zweiten Fellner gegen Scharf, damit sie bestimmte Behauptungen über ihn unterlässt. Raphaela Scharf wirft ihrem ehemaligen Arbeitgeber vor, sie sexuell belästigt zu haben
Der nächste große mediale Aufschlag nach dem Bericht in der "Zeit" war eine einstündige TV-Sendung, wieder mit deutscher Beteiligung. In Puls 24, einem österreichischen Privatfernsehsender im Besitz der ProSiebenSat.1 Media SE, interviewte die renommierte Journalistin und Moderatorin Corinna Milborn zwei Frauen, die gegen Fellner aussagen: Raphaela Scharf und Katia Wagner, ebenfalls eine frühere Angestellte Fellners, die nun als Zeugin gegen diesen aussagen will.

Bekanntes #MeToo-Prinzip

In dem Gespräch berichten beide von ihren Erfahrungen mit Fellner. Das Prinzip, das sie beschreiben, ähnelt dem aus anderen #MeToo-Fällen: Der mächtige Mann, der Komplimente macht und zum Essen einlädt, und Frauen, die zusagen, aus Angst davor, ihren Job zu verlieren.
Auch Fellner war zu der Sendung eingeladen, hatte aber nicht zugesagt. Den Vorwurf der sexuellen Belästigung weist er weiterhin zurück.
Fellner hat sich inzwischen erst einmal aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Die Moderation der nach ihm benannten Talksendung in seinem Sender oe24.tv hat er abgegeben und sich "auf eigenen Wunsch" beurlauben lassen - um sein Unternehmen vor Schaden zu schützen, wie der 66-Jährige erklärte.

Das "sensible Thema" der "Anzeigenkorruption"

Fellner gehörten laut der Tageszeitung "Standard" zwischenzeitlich mehr als 50 Firmen. Die bekanntesten aktuell sind die Boulevardzeitung "Österreich", die dazugehörige Website oe24.at sowie der TV-Kanal oe24.TV. Das sind Redaktionen, die indirekt von staatlicher Förderung profitieren. Das Magazin "Dossier" berichtete bereits 2019 über das "sensible Thema" der "Anzeigenkorruption" in Österreich, also das Schalten staatlicher Anzeigen in privaten Medien. Laut "Zeit" warb alleine 2020 die öffentliche Hand mit mehr als 15 Millionen Euro Steuergeld in Fellners Mediengruppe.
Chefredakteur wehrt sich gegen Kritik von Kollegen
Nach Enthüllungen über die Finanzen der ÖVP stand 2019 die Wochenzeitung "Falter" in der Kritik. In der Berichterstattung anderer Medien werde er auch persönlich angefeindet, erzählte damals Chefredakteur Florian Klenk.
"Die gesamte Medienbranche wird mit Millionen gefördert", sagte im Deutschlandfunk Cathrin Kahlweit, die für die "Süddeutsche Zeitung" aus Österreich berichtet. Gleichzeitig gebe es eine Scheu, die Abhängigkeiten zwischen Politik und Medienunternehmen anzusprechen. Deutsche und auch Schweizer Medien seien immer wieder eine Art Türöffner für bestimmte Themen in Österreich, auch im Fall des Ibiza-Skandals sei das so gewesen.
In Österreich würden Boulevardmedien "Stimmung machen in der Politik", so Kahlweit. Und Fellner gelte als "gut vernetzt" und sei "mächtig in der Szene". Er selbst trage durch die aktuellen Vorfälle vielleicht einen "Image-Schaden" davon, erwartet die Journalistin. Aber die Abhängigkeiten zwischen Politik und Medien würden wohl bleiben.