Journalistische Medien müssten einordnen, welche Expertinnen und Experten nach wissenschaftlicher Kenntnislage Recht hätten. Das sei eine "hohe Verantwortung", so Stollorz. Medien dürften nicht auf falsche Ausgewogenheit setzen, bei der jeder mal zu Wort kommt, wenn Sachverhalte in der Wissenschaft geklärt seien.
"Wir sollten uns eigentlich eher darauf fokussieren, denen, denen wir wirklich Reputation zusprechen, auch zuzuhören und deren Berichte und Beobachtungen auch über den weiteren Verlauf in unseren Entscheidungen Rechnung zu tragen", fordert Stollorz, der auch Geschäftsführer des Science Media Center Germany ist, das sich als Vermittler von Wissenschaft und Journalismus versteht und in diesen Tagen sein fünfjähriges Bestehen feiert.
Seit der Corona-Pandemie habe sich die Wissenschaft "wahnsinnig beschleunigt" mit einer "Flut von Wissenschaftspublikationen", erklärt Stollorz. In dieser Zeit sei ihm aufgefallen, dass es Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten "eher gelingt, diese Flut einzuordnen, anstatt zu vermelden, was aktuell vermeldet wird".
Stollorz: In Debatten nicht populistisch verkürzen
In der Pandemie habe man gelernt, dass es wichtig wäre, Forschenden, die die primäre Expertise haben, eher zu vertrauen, als Menschen, die populistisch oder um bestimmte Meinungen zu bestätigen, in der Öffentlichkeit auftauchten. Deren Ziel sei es eher, "Verwirrung zu stiften oder Entscheidungen zu verzögern", so Stollorz.
Ob es wichtiger wäre, Menschenleben zu retten oder die Wirtschaft oder doch die Schulbildung der Kinder, diesen Fragen lägen zwar Wertedebatten mit unterschiedlichen Perspektiven zu Grunde, aber viele aktuelle Meinungsverschiedenheiten ließen sich nicht schlicht in zwei Lager einteilen. Sie beruhten hingegen oft auf ähnlichen Argumenten, die jedoch unterschiedlich gewichtet würden. Eine populistische Verkürzung in die "zwei Lager: Lockern oder Lockdown" sei "Unsinn", findet Stollorz.