Fahnen schwingen, Sprüche klopfen, sich in seiner ablehnenden Haltung bestätigt fühlen. Für viele Menschen scheint es ein Ritual geworden zu sein, montags auf den Theaterplatz zu kommen, da, wo Dresden am prächtigsten scheint. Um sich von anderen abzugrenzen und gegen das Fremde zu wettern.
Ich lebe seit einigen Wochen in Dresden, habe bisher die Demos nur beobachtet. Das, was auch ich aus dem Fernsehen kannte: Fremdenfeindliche Parolen, dieses Mal sprechen Gastredner aus England und Franken, zum Abschluss das Deutschlandlied. 2500 bis 4500 Menschen werden gezählt, auch das ein Ritual. – Jetzt bin ich zum ersten Mal als Journalist hier. Was gibt es an so einem Montag zu berichten? Ich frage Wolfram Nagel, der für den Mitteldeutschen Rundfunk arbeitet. Aus Angst vor Beschimpfungen und Angriffen hält er sein Aufnahmegerät dezent an der Hüfte, auf ein Sender-Logo verzichtet er.
"Na, wir beobachten das. Wir beobachten das wirklich und schauen einfach was hier gesagt wird, was hier passiert, was für Leute hier kommen, wie sie sich äußern. Gibt es Gegenbewegungen, gibt es Gegendemonstrationen, so was."
Beobachten ohne konkreten Auftrag
Beobachten ohne konkreten Auftrag. Montägliche Routine für Dresdner Journalisten, für sie ein ruhiger Abend. Das war Anfang des Jahres anders, da dominierte Pegida die Schlagzeilen, Woche für Woche. Auch in den bundesweiten Medien. Pegida war von Anfang an ein Medienereignis, sagt Ferda Ataman, Leiterin des Mediendienst Integration. Der Mediendienst will Journalisten bei der Arbeit zu Themen wie Integration, Migration und Asyl beraten.
"Mein Eindruck ist tatsächlich, dass die Medien dazu beigetragen haben, dass aus einer Facebook-Gruppe eine Art Bewegung geworden ist. Das liegt eben unter anderem daran, dass das Phänomen eben zwischen den Jahren kam, da war eine Berichtslücke und man konnte wahnsinnig sich drauf stürzen. Es war neu, es war ein Phänomen. Und das hat mit Sicherheit dazu beigetragen, dass die Gruppe auch stärker geworden ist. Also wenn man darüber berichtet, dass nächsten Montag wahnsinnig viele große Massen von Menschen erwartet werden, dann hat das auch eine gewisse Self-fullfilling-Prophecy."
Musste man zum Beispiel über den Jahrestag ausführlich im Voraus berichten? Oder hat die bundesweite Berichterstattung dazu beigetragen, daraus ein Großereignis zu machen? Reporter Wolfram Nagel am Rande des Theaterplatzes sieht das nicht so.
"Dann würde ja Pegida bundesweit solche Größenordnungen zusammenbringen. Das ist aber wirklich ein Dresdner Phänomen geblieben, also ein lokales Phänomen. Oder ein sächsisches Phänomen."
Gewalt gegen Menschen - Routine bei Pegida
Von dem bundesweit momentan nichts zu hören ist. Und auch regional sehr wenig. Dennoch ist es kein Termin wie jeder andere, eben weil die Journalisten selbst im Fokus der Aggressionen stehen. Das hat auch Hauke Heuer von den Dresdner Neusten Nachrichten erlebt.
"Ja seit einigen Monaten ist hier so ein Damm gebrochen. Und es passiert immer wieder. Also wenn ich jetzt hier offen mit ner Kamera rumlaufen würde, hab das auch am Anfang noch gemacht, mit zwei Kameras rumzulaufen und eindeutig zu erkennen bin als Pressevertreter, dann kann das sehr schnell mit Unannehmlichkeiten verbunden sein. Das heißt nicht, dass man gleich geschlagen wird, aber man wird natürlich beleidigt, geschubst."
Natürlich? Daran haben sich die Pressevertreter scheinbar schon gewöhnt. Dass sich die Gewalt auch gegen sie richtet. Und das macht die Berichterstattung so vielschichtig. Und damit so schwierig.
Die Demo ist schon vorbei, da werfen Pegidisten Steine auf Gegendemonstranten, die Scheibe eines Lautsprecherwagens wird getroffen. Gewalt gegen Menschen, erstaunlich selbstverständlich. Und für Pegida ein Mittel, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Auch das scheint hier in Dresden schon zur Routine geworden zu sein. So steht diese Pegida-Demonstration mit einigen wenigen Zeilen zumindest in den sächsischen Zeitungen. Es zeigt mir, dass es notwendig ist, sehr genau hinzuschauen.