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Medienethiker über Klimaberichterstattung
Viele individuelle Lösungen für komplexe Probleme

In der Berichterstattung über Klimawandel würden oft individuelle Lösungen in den Vordergrund gestellt, sagte der Medienethiker Alexander Filipovic im Dlf. Einordnende Informationen gebe es zwar - diese würden aber selten prominent platziert. Doch durch die junge Klimaschutzbewegung könnte sich das ändern.

Alexander Filipovic im Gespräch mit Mirjam Kid |
Ein Teilnehmer der "Munich For Future"-Demonstration am 21. Juli 2019 hält ein Plakat mit der Aufschrift "Das ist eine Krise - kein Wandel" hoch .
Hoffnung macht Medienethiker Filipovic die Dynamik, die aus Bewegungen wie "Fridays for Future" entstehe (dpa / picture alliance / NurPhoto / Alexander Pohl)
Die Medien würden Nachrichten generell so aufbereiten, dass sie gerne gehört, gelesen und angeschaut werden, meint Alexander Filipovic, Professor für Medienethik an der Hochschule für Philosophie in München. Daher würden oft individuelle Fragen und Probleme, die sich an Personen festmachen lassen, prominenter platziert.
Personalisierung und Dramatisierung
In der Konsequenz würden die komplizierten und oft auch wissenschaftlichen Themen in den Hintergrund rücken. Es gebe zwar ein Angebot an anspruchsvollen, einordnenden Informationen - diese seien aber oft eher auf den Wissenschafts-, Wirtschafts- oder Innenpolitikseiten zu finden und weniger auf den Titeln von Zeitungen.
"Das was die Menschen beschäftigt, das was auf Seite Eins steht, das was in den populären Medien gebracht wird und was im Internet angeklickt wird, das sind die Geschichten, wo es um Personen, Drama und Helden geht", meint Filipovic.
Deswegen könne der Eindruck entstehen, dass die Medien immer nur über die kleinen Dinge berichten, aber wenn man genau hinschaue, dann gehe es auch um die großen Fragen - "bloß: Wer liest das? Wer liest das Dossier über drei, vier Seiten über Post-Wachstums-Theorien? Das ist natürlich nicht mitreißend."
"Erfolg hat, was sich bei Twitter einfach teilen lässt"
Zudem gliedere sich die mediale Berichterstattung immer in das politische Spektrum ein. Bestimmte Perspektiven würden schon im vorhinein mit einem bestimmten Label geframed, so der Medienethiker: "Wir haben zum Teil Scheuklappen: Da wird das eine Thema mit einer linken Politik und das andere mit einer rechten Politik identifiziert." Es spiele hier auch hinein, dass die Politik diese Frames ebenfalls benutze, um ihre Positionen unterscheidbarer zu machen.
Erfolg hat aus Sicht von Filipovic das, was sich auch in den sozialen Medien einfach teilen lasse - die komplizierten Themen hätten es auch hier sehr viel schwerer.
Eine Frau tippt mit dem Finger an einen Globus der sich dreht
Korrespondenten berichten über: Klimawandel In Paris, Tel Aviv oder Nairobi zeigt sich der Klimawandel auf ganz unterschiedliche Weise. Unsere Korrepondenten berichten darüber, welche Rolle das Thema in der öffentlichen Debatte vor Ort einnimmt und wie darüber gesprochen wird.
Hoffnung mache ihm die Dynamik, die aus Bewegungen wie "Fridays for Future" entstehe und von Jugendlichen ausgehe: Dadurch könnte passieren, "dass sich die Erwachsenen für die Komplexität des Themas interessieren und auch die anspruchsvollen Dinge angucken und auch kaufen, sodass sich die Medien auch trauen, die wichtigen Sachen zu platzieren".