Sandra Pfister: Der Titel, der ist perdu. Die Uni Bayreuth hat Karl-Theodor zu Guttenberg gestern Abend den Doktortitel entzogen. Damit hat sie ihm vermutlich einen Gefallen getan, denn immerhin hat sie nicht thematisiert, ob er vorsätzlich getäuscht hat. Inzwischen tauchen aber neue Indizien dafür auf, dass Guttenberg mehr Bundestagsexpertisen kopiert haben soll als bisher bekannt. Viele Deutsche scheint das kaum aufzuregen, aber in der Scientific Community, da brodelt es. Heute hat eine Troika um den ehemaligen Leiter des Adolf-Grimme-Instituts, Lutz Hachmeister, angekündigt, ihre Doktortitel so lange ruhen zu lassen, bis Guttenberg kein Minister mehr ist. Herr Hachmeister, das ist ja eine originelle Idee, es dem Minister nachzutun und den Titel freiwillig nicht mehr zu führen, aber ist das mehr als ein Gag?
Lutz Hachmeister: Na ja, die ganze Affäre hat auch schon sehr komödiantische Elemente, das gebe ich zu, wenn man gestern die Bundestagsdebatte auch verfolgt hat, aber es ist schon mehr als das. Ich wollte ein Zeichen setzen, dass Heuchelei und doppelte Standards und Betrügereien nicht in der Wissenschaftswelt ohne Protest angenommen werden können, also dass man das wirklich als Normalfall annimmt und dass jemand, nur weil er ein Bundesminister ist und ein angeblich beim Volk beliebter Politiker – auch darüber wäre ja noch mal zu diskutieren, wie das zustande kommt –, dass man dem das einfach so durchgehen lässt. Und ich fand die Ankündigung, dann, wenn der Titel so entwertet ist, auf ihn temporär zu verzichten, eigentlich eine gute Methode des Protestes.
Pfister: Haben Sie denn den Eindruck, dass Ihre Wissenschaftlerkollegen sich zu wenig artikulieren, ihren Unmut zu wenig äußern?
Hachmeister: Ich glaube, das wird zunehmen, das ist jetzt erst der Anfang. Ich glaube, dass viele Leute über die dreiste Art, nicht nur ein Plagiat vorzulegen, verblüfft waren, sondern auch über dieses ständige Herumlügen und diese Salamitaktik beim Zugeben der Dinge, die zu Guttenberg gemacht hat, und dass jetzt erst ein wenig die Reflexion einsetzt. Man sah das auch gestern in der Bundestagsdebatte, was das eigentlich für den sogenannten Bildungs- und Wissenschaftsstandort Deutschland bedeutet, wenn das einreist, wenn diese Methoden Schule machen.
Pfister: Aber man hat nicht das Gefühl, dass intellektuelle Redlichkeit etwas ist, was die Mehrheit der Deutschen beschäftigt. Der Rückhalt für Guttenberg, der ist ja ungebrochen. Treibt Sie das auch um?
Hachmeister: Ihre These würde ich nicht teilen. Diese Umfragen, die das belegen sollen, das sind Zweckumfragen. Nehmen Sie allein die "Bild"-Zeitung, die ein ganz spezifisches Interesse daran hat, ihren Medienstar hochzuhalten: Sie macht eine Telefonumfrage, und es ist klar, dass die Leute, die da anrufen, zu 88 Prozent für Guttenberg sind. Zur selben Zeit kursiert bei "Bild Online" eine Umfrage, dass 55 Prozent der "Bild Online"-Nutzer für seinen Rücktritt eintreten. Also glauben Sie diesen Umfragen in keiner Art und Weise, das sind auch Momentaufnahmen. Ich glaube, dass bei näherer Reflexion auch die Mehrheit der Bevölkerung dazu kommen wird, dass es so nicht geht, dass das Verhalten einfach schändlich ist, wie es Arnulf Baring gesagt hat – immer dann etwas zuzugeben, wenn man dazu gezwungen wird, und sich auf der anderen Seite so hinzustellen, dass man sozusagen auch der Held der ganzen Affäre ist, indem man am Freitag schon gesagt hat, am vergangenen Freitag, ich lege meinen Titel nieder. Nun hat es die Universität Bayreuth auch noch bestätigt, das ist so self fulfilling prophecy. Ich finde das einen der unglaublichsten Fälle dieser Art, die ich in meinem Leben mitbekommen habe, und dagegen muss einfach doch deutlich protestiert werden.
Pfister: Und das haben Sie getan: Lutz Hachmeister, Medienhistoriker und Filmemacher, lässt zusammen mit zwei Kollegen seinen Doktortitel ruhen, solange Guttenberg Minister ist. Danke, Herr Hachmeister!
Hachmeister: Bitte sehr!
Uni Bayreuth entzieht Verteidigungsminister zu Guttenberg den Doktortitel
Lutz Hachmeister: Na ja, die ganze Affäre hat auch schon sehr komödiantische Elemente, das gebe ich zu, wenn man gestern die Bundestagsdebatte auch verfolgt hat, aber es ist schon mehr als das. Ich wollte ein Zeichen setzen, dass Heuchelei und doppelte Standards und Betrügereien nicht in der Wissenschaftswelt ohne Protest angenommen werden können, also dass man das wirklich als Normalfall annimmt und dass jemand, nur weil er ein Bundesminister ist und ein angeblich beim Volk beliebter Politiker – auch darüber wäre ja noch mal zu diskutieren, wie das zustande kommt –, dass man dem das einfach so durchgehen lässt. Und ich fand die Ankündigung, dann, wenn der Titel so entwertet ist, auf ihn temporär zu verzichten, eigentlich eine gute Methode des Protestes.
Pfister: Haben Sie denn den Eindruck, dass Ihre Wissenschaftlerkollegen sich zu wenig artikulieren, ihren Unmut zu wenig äußern?
Hachmeister: Ich glaube, das wird zunehmen, das ist jetzt erst der Anfang. Ich glaube, dass viele Leute über die dreiste Art, nicht nur ein Plagiat vorzulegen, verblüfft waren, sondern auch über dieses ständige Herumlügen und diese Salamitaktik beim Zugeben der Dinge, die zu Guttenberg gemacht hat, und dass jetzt erst ein wenig die Reflexion einsetzt. Man sah das auch gestern in der Bundestagsdebatte, was das eigentlich für den sogenannten Bildungs- und Wissenschaftsstandort Deutschland bedeutet, wenn das einreist, wenn diese Methoden Schule machen.
Pfister: Aber man hat nicht das Gefühl, dass intellektuelle Redlichkeit etwas ist, was die Mehrheit der Deutschen beschäftigt. Der Rückhalt für Guttenberg, der ist ja ungebrochen. Treibt Sie das auch um?
Hachmeister: Ihre These würde ich nicht teilen. Diese Umfragen, die das belegen sollen, das sind Zweckumfragen. Nehmen Sie allein die "Bild"-Zeitung, die ein ganz spezifisches Interesse daran hat, ihren Medienstar hochzuhalten: Sie macht eine Telefonumfrage, und es ist klar, dass die Leute, die da anrufen, zu 88 Prozent für Guttenberg sind. Zur selben Zeit kursiert bei "Bild Online" eine Umfrage, dass 55 Prozent der "Bild Online"-Nutzer für seinen Rücktritt eintreten. Also glauben Sie diesen Umfragen in keiner Art und Weise, das sind auch Momentaufnahmen. Ich glaube, dass bei näherer Reflexion auch die Mehrheit der Bevölkerung dazu kommen wird, dass es so nicht geht, dass das Verhalten einfach schändlich ist, wie es Arnulf Baring gesagt hat – immer dann etwas zuzugeben, wenn man dazu gezwungen wird, und sich auf der anderen Seite so hinzustellen, dass man sozusagen auch der Held der ganzen Affäre ist, indem man am Freitag schon gesagt hat, am vergangenen Freitag, ich lege meinen Titel nieder. Nun hat es die Universität Bayreuth auch noch bestätigt, das ist so self fulfilling prophecy. Ich finde das einen der unglaublichsten Fälle dieser Art, die ich in meinem Leben mitbekommen habe, und dagegen muss einfach doch deutlich protestiert werden.
Pfister: Und das haben Sie getan: Lutz Hachmeister, Medienhistoriker und Filmemacher, lässt zusammen mit zwei Kollegen seinen Doktortitel ruhen, solange Guttenberg Minister ist. Danke, Herr Hachmeister!
Hachmeister: Bitte sehr!
Uni Bayreuth entzieht Verteidigungsminister zu Guttenberg den Doktortitel