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Medienkompetenz in Palästina
Schüler in Ramallah gründen Bildungs-Taskforce

Es begann mit einer Medien-AG - inzwischen fordern 16 palästinensische Schüler ihre Mitschüler als Bildungs-Taskforce zum kritischen Denken auf. Unter anderem in einer schuleigenen Radiosendung.

Von Camilla Hildebrandt |
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"Bevor wir die Workshops mitgemacht haben, habe ich Informationen immer blind akzeptiert", sagt einer der Schüler. Jetzt recherchiere er erst mal selbst und entscheide dann, was er glaube. (picture alliance/dpa/Mika Schmidt)
Loay, 17, und Juman, 15, besuchen beide staatliche Schulen in Ramallah. Sie gehören zu einer von Schülern selbst gegründeten Bildungs-Taskforce. So lässt sich wohl am besten die Gruppe der 16 Schüler bezeichnen.
Selbstbewusst und auch stolz erzählen sie, wie es dazu kam, dass sie Mitschüler über Informationsfreiheit und die Notwendigkeit der Quellenrecherche aufklären. Beide waren Teilnehmer einer Medien-AG, die an ihren Schulen angeboten wurde. In den Workshops, organisiert von der palästinensischen NGO PYALARA und der Deutsche-Welle-Akademie, ging es um Online-Radio, Critical Thinking oder Sicherheit im Netz:
"Bevor wir die Workshops mitgemacht haben, habe ich Informationen immer blind akzeptiert. Jetzt, wenn ich eine Information lese oder bekomme, dann recherchiere ich erst mal und entscheide dann, ob ich sie glaube oder nicht."
Im Ergebnis gut, auch wenn das Ergebnis nicht stimmt
Auslöser, um selbst tätig zu werden, war schließlich der Kommentar einer Lehrerin, die meinte, Rap-Musik in Palästina sei lediglich eine Kopie der westlichen Musik, und man sollte sich eher davon fernhalten:
"Wir wollten schauen, ob das wirklich so ist. Außerdem wissen sehr wenige hier etwas über Rap. Wir haben also recherchiert und herausgefunden, dass der Rap von den Arabern und Westafrikanern erfunden wurde und von den Europäern und Amerikanern übernommen wurde."
Die Lehrerin hat auf die Recherchearbeit ihrer Schüler positiv reagiert und sich bedankt, auch wenn sie vielleicht nicht ganz stimmt. Es gibt verschiedene Theorien über die Entstehung des ersten Rap. Viele besagen, dass die ersten Sprechgesänge aus Afrika stammen.
Aber nicht nur Lehrer, sondern auch viele Eltern finden es gut, dass sich die Kinder zu kritischen, jungen Menschen entwickeln. Die Workshops wurden an 16 Schulen im Gazastreifen und in der Westbank angeboten. Media Information Literacy, kurz MIL, nennt sich das Konzept.
"Nicht alle Schulen unterstützen dieses kritische Denken"
Samia Salah ist Journalistin und hat die Schul-Workshops als Projektmanagerin betreut:
"Nicht alle Schulen unterstützen dieses kritische Denken. Wir haben regelmäßige Treffen mit den Trainern, mit den Supervisern und führen Gespräche mit den Schulvorsitzenden. Das Wichtigste ist aber, dass das Ministerium für Kultur und Erziehung unser Projekt fördert."
Ein Projekt, das Jugendlichen kritisches Denken und Basiskenntnisse des Journalismus vermitteln will. Juman und Loay sind enthusiastisch dabei, halten ihre Bildungs-Taskforce für sehr wichtig. Sie informieren in einer täglichen Schul-Radiosendung, die es an allen Schulen gibt, über die Workshops, über die Bedeutung der Informationsrecherche.
Und sie wenden ihre neuen Kenntnisse auch gleich an. Loay ist Schulsprecher, und eines der Seminare – Interviewtraining – hat ihn besonders beeindruckt. Also hat er den Schulleiter in die Morning-Show eingeladen:
"Wir haben den Schulleiter im unserem Schulsender interviewt. Es ging darum, dass er die Preise im Schulladen senken und qualitativ besseres Essen verkaufen sollte. Wir sagten, er habe drei Tage Zeit etwas zu ändern, aber es passierte nicht. Dann interviewten wir ihn noch mal, sagten, er sei ein sehr guter Schulleiter, aber dass wir jetzt eine Veränderung brauchten. Er lachte und meinte: Okay! Und er tat es auch."
Für Loay ein lebensveränderndes Projekt
Ob durch diese neue Art der Schulbildung tatsächlich eine Veränderung in der Gesellschaft stattfinden kann, wenn auch in kleinem Rahmen? Ja, meint Samia Salah von PYALARA:
"Ich bin jetzt sieben Jahre bei PYLARA und hatte viele Projekte, aber das hier ist mein Lieblings-Projekt. Ich arbeite mit Schülern und Lehrern zusammen, und das Besondere ist, dass das Projekt die Persönlichkeit fördert. Außerdem hat das Bildungsministerium tatsächlich einige Medienthemen mit in den Lehrplan aufgenommen. Und auch ich bin jetzt viel kritischer in meiner Arbeit."
Loay sagt, die Workshops hätten tatsächlich sein Leben verändert. Und auch Juman fühlt sich in ihrer aktiven und kritischen Haltung bestärkt:
"Das Projekt geht jetzt vorbei nach drei Jahren. Nächstes Jahr gehe ich in eine andere Schule. Ich bin sehr traurig darüber. Es ist zum Alltag geworden für uns, ein Teil unseres Lebens. MIL ist wie Essen, Trinken und Schlafen für uns geworden!"
Beide wollen Rechtswissenschaften studieren, wenn sie mit der Schule fertig sind:
"I want to be the best lawyer in Palestine. I am Juman, I am 15 years old, and I want to be a lawyer, to be a human rights lawyer. Inshallah."