Ein Büro der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz, Landesstelle NRW, in Köln. Hier arbeitet Matthias Felling, Brille und blaues Jeanshemd mit aufgekrempelten Ärmeln, Medienpädagoge. Er veranstaltet Treffen, bei denen Eltern die Medien-Nutzung ihrer Kinder hinterfragen – und ihre eigene.
"Also bei Elternabenden versuchen wir schon immer zu gucken, dass wir die Eltern daran erinnern, wie sie selbst zum Beispiel mit Medien aufgewachsen sind."
Matthias Felling zieht einen großen Flipchart-Bogen mit handgeschriebenen Stichworten aus einem Regal und breitet ihn auf seinem Schreibtisch aus.
"Das ist eine Methode, die heißt 'Medienwelten früher – heute', und wir sammeln am Anfang: Welche Medien haben beim Aufwachsen der Eltern eine Rolle gespielt? Da haben wir hier den Fernseher, der nur drei Programme hatte, den Walkman, hier die ersten Konsolen, ein 386er Computer."
Das Smartphone vereine alle früheren Medien in sich
Sinn der Übung: Die Eltern sollen sich erinnern, wie faszinierend Medien damals für sie selbst waren, und gleichzeitig ihre eigene Mediennutzung als Vorbild der Jugendlichen reflektieren. Das Smartphone vereine alle früheren Medien in sich, sagt der Pädagoge – ist Fernseher, Kamera, Computer und Spielekonsole in einem. Und auch viele Erwachsene erlägen im Alltag ständig seinem Reiz, etwa um beim Kita-Fest zu fotografieren.
Matthias Felling dreht sich zum Computer und öffnet eine Präsentation, die er bei den Elternabenden zeigt, um Selbstkritik anzuregen.
"Also ich hab hier Bilder rausgesucht, die Menschen beim Umgang mit dem Handy zeigen. Ich hab einmal den Bergsteiger, der mit GPS unterwegs ist. Und hab aber gleichzeitig auch eine Frau, die auf einem Pferd sitzt, und darunter steht die Nachricht, die sie gerade schreibt: Bin gerade reiten. Also genau das, was wir uns mit Horror vorstellen: Die ganze Zeit darüber zu berichten, was man denn da tut – und das eigentliche Tun zu vergessen."
Bei den Treffen gibt der Medienpädagoge den Eltern auch konkrete Handlungsideen mit. Zum Beispiel: Gezielt medienfreie Zeiten schaffen.
"Das kann mal nur das Abendessen sein. Das kann mal ein Ausflug sein, wo man gemeinsam was macht. Das kann die Überlegung sein: Ist es nachts angeschaltet oder ausgeschaltet. Also so die bewusste Auseinandersetzung damit, wie ich das Medium nutze."
Es gibt auch Apps, die Eltern nutzen können, um Handy-Funktionen ihrer Kinder zu filtern oder zu blockieren. Außerdem könne ein Regelkatalog vereinbart werden, wer wann und wo bestimmte Geräte nutzt, sagt Matthias Felling und wendet sich erneut dem Computer zu.
Das Handy in der Schule als Lehrbeispiel einsetzen
"Ich gehe auf eine Seite, die heißt www.mediennutzungsvertrag.de. Und jetzt habe ich die Möglichkeit, mir für verschiedene Themenbereiche Regeln vorschlagen zu lassen. Ich hab hier das Smartphone, Internet, Fernsehen, Konsole. Nehme ich mal das Smartphone zum Beispiel. Da gibt’s dann solche Sachen wie "Handyfreie Orte". Die Regel, die vorgeschlagen wird heißt: An handyfreien Orten – Krankenhaus, Kirche, Kino – nutze ich kein Handy oder schalte es aus. In der Schule halte ich mich an die Handyregeln der Schule."
Über solche Regeln diskutiert Felling auch mit Lehrerinnen und Lehrern. Dabei warnt er davor, dass Handy in der Schule nur als Problem zu betrachten. Es könne auch als Lehrbeispiel eingesetzt werden. Ausgehend vom Smartphone-Spiel Pokémon Go etwa ließen sich viele Themen mit Jugendlichen aufgreifen.
"Datenschutz, Geschäftsmodelle, auch Faszination. Und wann wird aus Faszination so eine Art Sucht oder problematische Nutzung? Was muss da passieren, dass ich so angefixt bin von so einem Spiel, dass ich andere Sachen vernachlässige? Das ist ja alles was, wo ich Auseinandersetzung brauche, Auseinandersetzung mit Erwachsenen. Und wenn die Erwachsenen nur sagen "Nee, mit dem Smartphone habe ich nichts zu tun, wir haben hier ein Handyverbot", dann verpasse ich viele Chancen."