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Medienpolitik in Deutschland
Der lange Weg zum Rundfunkbeitrag

Der Rundfunkbeitrag wird alle paar Jahre neu berechnet. Auf welche Höhe genau, entscheidet sich in mehreren Stufen. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum aktuellen Verfahren und der Kritik daran.

Von Martin Krebbers |
Früher war es die "Rundfunkgebühr", 2013 wurde das Modell zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland auf einen "Rundfunkbeitrag" umgestellt
Rundfunkbeitrag (picture alliance / dpa / dpa-Zentralbild / Fernando Gutierrez-Juarez)

Wie genau kommt es zum Rundfunkbeitrag?

Ganz am Anfang sind ARD, ZDF und Deutschlandradio gefragt: Die Sender melden ihren Finanzbedarf bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs an, besser bekannt als KEF, ein unabhängiges, von den Ministerpräsidenten der Länder bestelltes Experten-Gremium. Die Sender müssen dabei sehr genau vorrechnen, wofür sie wie viel Geld benötigen, um den gesetzlichen Programmauftrag zu erfüllen.
Diese Berechnungen prüft die KEF dann im nächsten Schritt, erfahrungsgemäß mit sehr spitzem Stift. Sollten die Sender zu großzügig gerechnet haben, wird auch gestrichen und gekürzt – am Ende dürfen die nicht zu viel aber auch nicht zu wenig Geld bekommen. Genau das muss die KEF ausbalancieren und deshalb hat sie für die Prüfung auch hinreichend Zeit, aktuell bis Februar 2024.
Danach müssen dann die Landesparlamente entscheiden und sich dabei möglichst an die KEF-Empfehlung halten.

Auch vor dem Hintergrund von Kritik seitens der Politik bereits im Vorfeld – wie ergebnisoffen ist diese KEF-Prüfung? 

Die KEF hat eine unabhängige Stellung in diesem Verfahren. So soll verhindert werden, dass die Politik hier eigenhändig den Rotstift ansetzt oder anderseits die Sender sich den Beitrag selbst festlegen können. Beides geht ausdrücklich nicht. Die KEF gibt eine Empfehlung und daran sollen sich die Länder weitgehend halten. Soweit die Theorie.
In der Praxis gibt es allerdings erheblichen politischen Druck, wie ein Blick ins Jahr 2020 zeigt: Damals sollte der Rundfunkbeitrag um 86 Cent steigen, doch Sachsen-Anhalt verweigerte die Zustimmung. Da musste dann Monate später das Bundesverfassungsgericht die Erhöhung durchsetzen.

Sollte die KEF nun wieder eine Erhöhung empfehlen, wird der Widerstand aus den Ländern sehr viel größer sein. Und was dann?

Dass Rundfunkbeiträge künftig grundsätzlich vom höchsten Gericht durchgesetzt werden, ist unwahrscheinlich. Damit würde das öffentlich-rechtliche System auf Dauer seine Legitimation verlieren. Tatsächlich hat das Bundesverfassungsgericht eine grundsätzliche Anpassung des Verfahrens bereits angemahnt.

Wollen denn die Sender eine Erhöhung des Beitrags?

Noch sind keine genauen Zahlen bekannt. Die Sender hielten sich bis zuletzt bedeckt, genau wie die KEF. Fakt ist, dass sich manche Intendanten ausdrücklich eine Erhöhung wünschen. rbb-Intendantin Katrin Vernau sagte der F.A.Z., sollte 2025 keine Erhöhung kommen, komme es zur nächsten großen Sparrunde.
Allerdings wissen die Sender natürlich auch, dass es nur wenig politischen Spielraum für Erhöhungen gibt. Der Hessische Rundfunk spricht deshalb schon von einer „Transformation im Schrumpfen“, will sich also verschlanken und dabei digitaler ausrichten.
WDR-Intendant Tom Buhrow warnte bereits vor einem „Schockschrumpfen“: Radikale finanzielle Reduktionen seien nur möglich, wenn man sich ehrlich mache und auch den gesetzlichen Auftrag reduzieren würde. Buhrow spielt damit den Ball an die Politik. Und die antwortet mit einem sogenannten „Zukunftsrat“, einem weiteren unabhängigen Gremium, das eine langfristige Perspektive für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erarbeiten soll.

Und was will die Politik?

Die Politik will keine Erhöhung des Rundfunkbeitrags, entsprechend haben sich zahlreiche Ministerpräsidenten bereits deutlich positioniert. NRW, Bayern, Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern fordern, den Beitrag einzufrieren, bei anderen heißt es, der Beitrag solle stabil bleiben – auch um die Arbeit des „Zukunftsrats“ abzuwarten. Vorschläge der FDP, den Beitrag abzusenken, nannte NRW-Medienminister Liminski im Deutschlandfunk unredlich.

Wir müssen ja zur Kenntnis nehmen, dass die Kosten insgesamt steigen und die Inflation zeitweilig zweistellig war. (...) Beitragsstabilität muss in diesem Umfeld für die Länder ein gemeinsames Ziel sein. Ich glaube, sinkende Beiträge in Aussicht zu stellen, wäre nicht redlich.

Nathanael Liminski im Deutschlandfunk, 2023
Kleiner Schönheitsfehler: Mit ihrer Forderung, den Beitrag einzufrieren, übergehen die Länder aber die KEF, die ja eigentlich das Privileg zu einer Empfehlung der Höhe des Rundfunkbeitrags hat.
Der Gegenwind aus der Politik ist also deutlich spürbar, beispielsweise dann, wenn Bayerns Ministerpräsident Söder plötzlich den Begriff „Zwangsgebühren“ in den Mund nimmt, die FDP ARD und ZDF zusammenlegen und die AfD den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk gleich ganz abschaffen will.