Rainer Meyer ist kein Hauptstadtjournalist. Meyer ist Blogger, bekannt als "Don Alphonso". Unter diesem Pseudonym ordnet er von Bayern aus die Welt ein, und dabei auch immer wieder gerne: Berlin.
Wie im vergangenen Jahr, als er drei Schwarze im – für seinen Drogenhandel bundesweit bekannten Görlitzer Park – fotografierte und dazu schrieb: "Wenn sie Dich anschaun und Du weisst warum. Sag Dir, jetzt sind sie halt da, darum."
Dass die Fotografierten mit Drogen handeln, schreibt Meyer nicht ausdrücklich, legt es nur nahe. Das Thema Migration treibt ihn in vielen seiner Veröffentlichungen um, mal mehr, mal weniger kritisch.
Grünen-Politikerin Roth kritisiert die Berufung Meyers
Für viele Linke ist er damit zu einer Art Hassfigur geworden. Aus Sicht der Grünen-Politikerin Claudia Roth geht Meyer mit seiner Kunstfigur "Don Alphonso" regelmäßig zu weit:
"Für mich hat die Meinungsfreiheit dann Grenzen, wenn sie zur Verhetzung führt, wenn Hass gepredigt wird, und wenn soziale Gruppen ausgegrenzt und verhetzt werden. Das passiert regelmäßig, wenn er Geflüchtete pauschal abwerten will, wenn er - Zitat - von der 'Gaudi-Migration' spricht."
Dass Rainer Meyer in die Jury des "Medienpreises Parlament" berufen wurde, sieht Roth entsprechend kritisch.
Und damit sei sie nicht die Einzige, sagt sie. Seit der Bekanntgabe der sieben Jury-Mitglieder vor gut drei Monaten hätten zahlreiche Anfragen ihr Büro erreicht: "Warum, um alles in der Welt, so jemand in eine so renommierte Jury entsandt wird?"
Roth ist seit mehr als fünf Jahren Vizepräsidentin des Bundestages. Wer in die Jury des Medienpreises berufen wird – damit habe sie dennoch nichts zu tun, betont sie: "Das kommt aus der Verwaltung heraus. Und bisher war das nie kritikabel."
Das letzte Wort hat der Bundestagspräsident: Wolfgang Schäuble von der CDU.
"Welt"-Chef Poschardt freut sich über die Diskussion
Rainer Meyer selbst wollte nicht mit dem Deutschlandfunk über die Kritik an seiner Berufung in die Jury sprechen. Der Chefredakteur der Tageszeitung "Die Welt" Ulf Poschardt, begrüßt die Entscheidung. "Die Welt" ist die neue Heimat des Blogs von "Don Alphonso", seit die Frankfurter Allgemeine Zeitung beschlossen hat, ihn nicht mehr zu beherbergen. Man freue sich, schreibt Ulf Poschardt auf Twitter, auch über die Reaktionen des "Elfenbeinturms", ein Sprachbild, mit dem er regelmäßig Menschen kritisiert, die er offenbar einer bestimmten Gesinnung zuordnet.
Rainer Meyer stellt sich als Feindbild beider Welten dar: Für die AfD sei er ein "linker Alpenlümmel" und für "Linke" ein "rechter Provokateur", charakterisiert er sich in seinem Twitter-Profil.
Ihn nur als "Provokateur" zu sehen wäre allerdings eine Untertreibung, findet der Berliner Publizist Michael Seemann: "Es gibt immer eine Handvoll Menschen, Einzelpersonen, die er gerade als sein Feindbild etabliert hat, und dann schreibt er wirklich einen Artikel nach dem anderen, macht hier einen Seitenhieb, macht da einen Seitenhieb."
Ein aktuelles Beispiel sind wiederholte Angriffe gegen die Journalistin Juliane Leopold. So twitterte "Don Alphonso" jüngst: Solange Leopold tagesschau.de leite, sehe er keinen Anlass, dafür Gebühren zu zahlen. Lieber kaufe er für das Geld - so wörtlich - "einen Bananenrock und schwarze Körperfarbe". Leopold war früher Chefredakteurin der deutschen Ausgabe von Buzzfeed, ein Portal, das Meyer zu - Zitat - "Trottelplattformen" zählt.
Meyer sieht sich selbst nicht als Journalist
Seemann: "'Don Alphonso' ist definitiv einer, der, vielleicht nicht wörtlich 'Lügenpresse' ruft, aber trotzdem ständig dieses Narrativ bedient, dass die Presse eben lügen würde. Und zwar dann, wenn sie nicht seinen Vorstellungen entspricht."
In Blog-Beiträgen und Tweets der jüngeren Vergangenheit hat Meyer beispielsweise von "Merkels Medienpaladinen", "Relotiusmedien" oder "Systemredakteuren" gesprochen.
Davon, selbst Journalist zu sein, habe sich Meyer in der Vergangenheit distanziert, sagt Publizist Seemann: "Mit der konkreten Begründung, dass das Bloggen ihm näher liegt, weil er so faul sei zu recherchieren."
Dass Meyer nun in die Jury eines journalistischen Preises berufen wurde – für Seemann eine: "wirklich sehr, sehr interessante Entscheidung."
Ehemalige Jury-Mitglieder bewerten "Don Alphonso" kritisch
Die Arbeit in der Jury kann eine von längerer Dauer sein. Von den sieben Mitgliedern scheiden jedes Jahr meist nur die aus, die am längsten dabei sind. Bereits zum sechsten Mal entscheidet Claudia Nothelle mit - in diesem Jahr als Jury-Vorsitzende. Die ehemalige Chefredakteurin und Programmdirektorin beim RBB ist inzwischen Professorin für Fernsehjournalismus.
Die Mitglieder der Jury zeichne aus, so Nothelle, "dass sie alle sich intensivst mit politischen Fragen beschäftigen und es wirklich verfolgen, egal in welcher Position sie tätig sind, egal in welchem Medium sie unterwegs sind."
Ehemalige Jury-Mitglieder bewerten die Personalie "Don Alphonso" kritisch, sagen, mit der Entscheidung für ihn und damit für seine Sprache werde einer gesellschaftlichen Verrohung Vorschub geleistet. Öffentlich im Deutschlandfunk äußern wollen sie sich aber nicht, um das Thema nicht zu sehr ins Scheinwerferlicht zu stellen.
Über einzelne Jury-Mitglieder will sich die Jury-Vorsitzende Claudia Nothelle nicht äußern, unterstreicht aber: Die Entscheidung über die Gewinner des Preises werde demokratisch herbeigeführt: "Und da werden natürlich auch immer, wenn auch nur zweitrangig, politische Fragen auch mitdiskutiert. Das spielt eine Rolle und das macht's auch so interessant."