Erleichtert und zufrieden ist man in der Deutschen Fußball-Liga. Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke lächelt entspannt, als er beim Spobis-Kongress in Hamburg auf die Medienrechte-Vergabe zurückblickt.
„Ich war danach bei der UEFA und hab die Verbandspräsidenten von Italien und Frankreich getroffen, Gravina und Diallo. Die konnten das alle nicht fassen, die hatten gerade was anderes erlebt.“
In beiden Ländern gingen die Abschlüsse der Medienrechtsvergabe deutlich zurück, ähnliches hatten Experten auch für die Bundesliga prognostiziert - doch am Ende wurde es sogar eine leichte Steigerung.
„Die Geschäftsführung hat es auch gut gemacht.“
1,12 Milliarden Euro jedes Jahr bis 2029
Ein Lob für Marc Lenz und Steffen Merkel, die als Liga-Geschäftsführer die Auktion geleitet haben. Merkel selbst verwendet seit dem Abschluss gerne das Wort: „Sehr, sehr großer Vertrauensbeweis für die 1. und die 2. Bundesliga.“
1,12 Milliarden Euro jedes Jahr bis 2029, nur wenige Experten hatten mit diesem Ergebnis gerechnet. Noch dazu, als der erste Auktionsversuch im Frühling gescheitert war. Im Streit mit DAZN musste erst ein Schiedsverfahren klären, wie es weitergeht.
„Am Ende des Tages würde ich das jetzt auch gerade mit ein bisschen Abstand nüchterner betrachten“, sagt Merkel jetzt nach dem Abschluss im zweiten Versuch.
DAZN-Chef kommt zum BVB-Spiel
Aufsichtsratschef Watzke plaudert aus dem Nähkästchen, er habe inzwischen ein belastbares Verhältnis zu DAZN-Chef Len Blavatnik und auch während der Auseinandersetzung versucht, den Draht zu halten. Schließlich sei Blavatnik zu einem BVB-Spiel nach Deutschland gekommen, an einem Freitagabend gegen St. Pauli.
„Ich glaube nicht, dass er wusste, gegen wen wir spielen und auch nicht, dass er am Spiel so interessiert war. Das war einfach nur eine Geste zu zeigen, zwischen uns ist wieder alles okay. Dieses diplomatische Spiel muss man dann halt machen. Er ist in der 40. Minute schon wieder abgehauen und zurück nach Amerika.“
Die Wogen geglättet und DAZN weiter im Boot für die Liga. Zum Glück – findet Axel Hellmann, Vorstandssprecher bei Eintracht Frankfurt.
„Wir sind aus meiner Sicht in der aktuellen Situation zwischen Sky und DAZN noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen, es hätte auch ein anderes Resultat geben können.“
Traditioneller Medienmarkt kommt an sein Ende
Auch, weil Hellmann davon überzeugt ist, dass der mediale Markt, so wie er derzeit existiert, an sein Ende kommt. Die Liga müsse jetzt strategische Entscheidungen treffen und zukunftsfähig werden. Für viele Verantwortliche bei den Top-Klubs geht der Blick deshalb in die Vereinigten Staaten.
Oliver Mintzlaff, CEO von Leipzigs Besitzer Red Bull, denkt an künftiges Mediennutzungsverhalten. Der Fußball müsse "innovativer werden und sich natürlich dann auch den Gegebenheiten dieser neuen Zielgruppe, Gen Z oder wie man die nennen möchte, und da gibt’s genügend Beispiele im amerikanischen Sport, NFL, NBA, aber auch in der Formel 1, wie man so ein Produkt deutlich attraktiver gestalten kann.
Die Auslandsverkmarktung bleibt das Sorgenkind
Dafür muss die Bundesliga aber international überhaupt erst einmal wahrgenommen werden, das Geschäft außerhalb Deutschlands ist und bleibt das Sorgenkind der Liga. Gerade einmal 200 Millionen Euro erlöst die Bundesliga im Ausland. Verschwindend gering im Vergleich zur Premier League, die durch die englische Sprache allerdings einen natürlichen Vorteil hat.
„Das müssen wir natürlich ausgleichen, in dem wir uns mehr anstrengen", fordert Jan-Christian Dreesen, der Vorstandsvorsitzende von Rekordmeister Bayern München. Das bedeute vor allem eine stärkere Präsenz der Klubs im fernen Ausland. „Vor zwei Jahren waren 13 Premier League-Klubs unterwegs und nur zwei aus der Bundesliga. Das kann nicht richtig sein.“
Der Blick geht in die USA
Vor allem die USA sind da im Fokus, nicht nur wegen der anstehenden Klub-WM in diesem Sommer und der großen Weltmeisterschaft im nächsten Jahr.
„Ein Markt, wo Soccer aus einem ganz breiten Fundament zunehmend mehr Druck nach oben macht und irgendwann auch in die Primetime – da sind wir von überzeugt – kommen wird. Und das in einem Markt, in dem 300 Millionen Menschen leben, der sportbegeistert ist, der vor allem aber auch bereit ist, für Sport viel Geld auszugeben.“
International sieht die Liga noch Steigerungspotenzial
Trotz der bekannten Konkurrenz durch NFL, NBA und Co. verzeichnet die Major League Soccer Rekordzahlen, nicht zuletzt dank Superstars wie Lionel Messi. International sieht die Liga also noch großes Steigerungspotenzial, bei den nationalen Erlösen ist die Decke, so scheint es, eigentlich erreicht.
„Es wird nicht da drum gehen, dass wir uns in drei Jahren wieder treffen und bis dahin haben wir die Beine hochgelegt und kommen jetzt mit einem cleveren Auktionsmodell um die Ecke,“ ist DFL-Geschäftsführer Steffen Merkel überzeugt. „Es wird da drum gehen in den nächsten drei Jahren, alles zu tun, auch von Liga und von Klub-Seite, unsere Partner im Wachstum zu unterstützen.“
Selbständiger, moderner und auch unabhängiger
Mit besseren Zugängen, mehr Interviews. Liga und Sender säßen in einem Boot, auch das könne man vom Branchenprimus, der englischen Premier League, lernen. Neu ist in jedem Fall, dass von den Erlösen durch die Medienvergabe die Liga-Geschäftsführung 50 Millionen Euro zurückhält, um die eigenen Produkte zu verbessern.
Man will selbständiger und moderner werden. Wie genau ist Thema intensiver Überlegungen. Ende März steht eine Klausurtagung an. Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke will "mal zwei Tage nur über die Strategie der Liga diskutieren. Da verspreche ich mir sehr viel von. Da muss auch jeder mal ein bisschen rumspinnen können. Da soll jeder mal völlig ungefiltert seine Meinung reingießen.“
Und davon gibt es bekanntlich eine Menge in der Bundesliga, es ist vor allem der altbekannte Konflikt zwischen internationaler Wettbewerbsfähigkeit und dem Versuch zu verhindern, dass die Schere zwischen den Top-Klubs und den kleineren Vereinen weiter auseinandergeht.
„Ich glaube nicht, dass das so eine binäre oder schwarz-weiß-Debatte ist“, sagt Eintracht Frankfurt-Boss Axel Hellmann. „Ich glaube, man kann beides zusammenfügen. Man muss sich nur im Klaren sein, was man fokussiert.“
Die Debatte um die Zeit nach 2029 ist bereits entbrannt
Viel wird davon abhängen, ob man davon überzeugt ist, auch bei der nächsten Ausschreibung noch einmal einen starken Wettbewerb mit international operierenden Sendern wie Sky und DAZN zu bekommen. Ein Gedankenspiel ist auch, abseits der großen Medienunternehmen eine eigene Liga-Plattform zu gründen und die Bilder nicht nur selbst zu produzieren, sondern auch zu vermarkten und zu verkaufen.
„Das halte ich für eine strategische Grundsatzfrage, wo wir uns tief in die Augen schauen müssen und sagen: Wo glauben wir denn, landen wir in vier Jahren?“
Gerade einmal zwei Monate nach der für die Bundesliga so erfolgreichen Medienrechtsvergabe entbrennt jetzt also bereits die Debatte um die Zeit nach 2029.