Erst kurz vor Mitternacht begann das Parlament die Beratungen über das neue Mediengesetz. Wieder ein "nächtlicher Anschlag" nannten das regierungskritische Internetportale, denn schon früher hatte die rechtskonservative Regierungspartei PiS umstrittene Gesetze nachts durch den Sejm geboxt. Der PiS-Abgeordnete Ryszard Terlecki:
"Die Berichterstattung der öffentlichen Medien über das Verfassungsgericht in den vergangenen Wochen war extrem unsachlich. Deshalb ist eine gewisse Eile nötig. Denn wenn die Medien sich vorstellen, dass sie auch die nächsten Wochen die Polen mit sich selbst beschäftigen und unsere Reformen kritisieren, dann müssen wir das unterbinden. Medien sollten sich nicht auf eine Seite in der politischen Auseinandersetzung schlagen, sondern sachlich informieren. Und das tun sie nicht, meine ich."
Medien sollen sich verstärkt um kulturelle und historische Bildung bemühen
Das Parlament verwies das Gesetz in die Ausschüsse. Es sei die erste Etappe einer Reform der öffentlichen Medien, heißt es in der PiS. Die Aufsichtsräte und die Vorstände der Medien werden künftig vom Schatzminister ernannt. Bisher wählte sie der Rundfunkrat, der vom Präsidenten und den beiden Kammern des Parlaments bestimmt wurde. Die öffentlichen Medien würden nun noch wesentlich abhängiger von der Regierung, so Iwona Sledzinska-Katarasinska von der rechtsliberalen Oppositionspartei "Bürgerplattform".
"Bisher gab es immerhin öffentliche Auswahlverfahren und eine transparente Wahl der Verantwortlichen in den Medien. Auch wenn jemand mit der Wahl nicht einverstanden war, hatte er zumindest Zugang zu Informationen. Nun kommen die Medien komplett in die Hand eines Mannes, des Schatzministers. Wir erfahren nicht einmal, warum er seine Entscheidungen trifft."
Später will die PiS Radio und Fernsehen in sogenannte "Nationale Medien" verwandeln, denen voraussichtlich nur noch jeweils ein Direktor vorstehen wird. Die Medien sollten sich dann verstärkt um kulturelle und historische Bildung bemühen, so führende PiS-Politiker, und dabei bei den Zuschauern eine patriotische Haltung stärken.
Die Regierung will das hohe Tempo in der Gesetzgebung beibehalten
Zuvor hatte das Parlament gestern den Haushalt für das kommende Jahr geändert - und dabei eine Bankensteuer eingeführt. 0,44 Prozent ihrer Bilanzsumme müssen Banken künftig jährlich abführen - die derzeit höchste Bankensteuer in Europa. Sie solle helfen, unter anderem eine Erhöhung des Kindergelds zu finanzieren, erklärte Ministerpräsidentin Beata Szydlo.
"Wir haben ein Programm, das polnische Familien unterstützt, und wir werden es konsequent umsetzen. Wir unterstützen lieber polnische Familien als ausländische Konzerne. Wir werden unsere Einnahmen erhöhen, indem wir die Steuern eintreiben, die dem polnischen Staat zustehen."
Vertreter der Opposition warnten: Die neue Steuer treffe die polnische Wirtschaft, weil die Banken nun die Kreditzinsen erhöhen würden.
Die Regierung will das hohe Tempo in der Gesetzgebung beibehalten: Auch heute wird der Sejm, anders als zunächst geplant, zusammenkommen. Für den Nachmittag ist geplant, das Mediengesetz zu beschließen.