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Medienregulierung
Der Kampf gegen den Online-Goliath

Facebook, Google und Co. nehmen die Regulierungsversuche der Bundesländer nicht ernst, warnt der Publizist Lutz Hachmeister. Im Dlf forderte er deswegen eine Bundesanstalt für Medienpolitik.

Lutz Hachmeister im Gespräch mit Sebastian Wellendorf |
    Lutz Hachmeister im Oktober 2017 in Köln
    Professor Lutz Hachmeister ist Medienhistoriker an der Technischen Universität Dortmund. (picture alliance / Horst Galuschka/dpa)
    Netzneutralität, Falschmeldungen und Urheberrecht: Das sind nur drei der Medienthemen, die derzeit europaweit diskutiert werden. In Deutschland sind Rundfunkentscheidungen allerdings nach wie vor Ländersache. Die deutsche Medienpolitik könne deswegen auf viele Problemfelder gar nicht mehr adäquat reagieren, sagte Medienhistoriker Lutz Hachmeister im Dlf.
    In einem aktuellen Text für das Magazin "Aus Politik und Zeitgeschichte" bemängelt er eine zunehmende Diskrepanz zwischen globalen Problemen und regionalen Zuständigkeiten. Die Medienpolitik sei "asymmetrisch", sagte er im Dlf-Medienmagazin @mediasres.
    Föderale Staatskanzleien vs. internationale Großkonzerne
    Auf der einen Seite stünden die Ländergremien: "Da basteln einige Referenten in Staatskanzleien wacker an den sogenannten Rundfunkänderungsstaatsverträgen – schon ein schwieriges Wort, mit einem sehr komplizierten juristischen Vokabular, das so in der breiteren Öffentlichkeit auch keiner mehr versteht."
    Ihre Gegenspieler seien Google, Apple, Facebook und Amazon, die mit Kapital und massivem Lobbying viele Anliegen einfach an sich abperlen lassen könnten und die Medienpolitik der Bundesländer gar nicht mehr ernst nehmen würden.
    Bundesanstalt soll helfen
    Hachmeister fordert deswegen eine Anstalt auf Bundesebene mit guter Personalausstattung und Forschungsressourcen, "damit man überhaupt wieder eine Institution hat, die da kenntlich wird". Die Länder könnten weiterhin für regionale Entscheidungen zuständig sein.
    "Aber alles andere kann nur in einer Bund-Europa-Koalition geregelt werden." Man dürfe nicht nur auf Entscheidungen aus Brüssel setzen – gerade Deutschland spiele in der Medienpolitik der EU eine wichtige Rolle und müsse deswegen über eine entsprechende Struktur verfügen.
    Politik hat immer weniger Handlungsoptionen
    An eine Selbstregulierung der Medienindustrie glaubt der Professor nicht: "Dieses Politikfeld muss einfach personell und institutionell stärker werden, und das muss man auch wollen." Hinter der jetzigen Situation vermutet er den "bewussten Versuch, ein altes Regulierungsregime noch so lange aufrecht zu erhalten wie es geht".
    Auch wenn es internationale Medienkonzerne schon lange gebe, habe man früher mehr Handlungsoptionen gehabt. Diese Zeiten seien inzwischen vorbei: "Heute kann im Prinzip jeder von jedem Punkt der Welt audiovisuelle Inhalte einfach senden, ohne dass er da groß reguliert wird." Dadurch habe man objektiv einen Handlungszugriff verloren.