Mit dem neuen Medienstaatsvertrag wolle die Politik für die Zukunft "Vielfalt sicherstellen, Meinungsfreiheit ermöglichen und gesellschaftliche Diskussionen in ihrer Breite tatsächlich auch abbildbar haben", sagte Carsten Brosda im Dlf.
Für den Senator der Hamburger Behörde für Kultur und Medien spielen dabei besonders Suchmaschinen und Social-Media-Plattformen einen Rolle. Denn heutzutage sei die Idee veraltet, "dass es auf der einen Seite ein Medienunternehmen gibt, dass es Angebot unterbreitet, und auf der anderen Seite den Nutzer - vor dem Bildschirm sitzend, eine Zeitung oder eine Zeitschrift lesend".
Plattformen sollen transparenter werden
Dieses Zweierverhältnis sei mittlerweile zu einem Dreierverhältnis geworden, so der SPD-Politiker: "Dazwischen ist in der Regel noch eine Plattform, die Inhalte verbreitet und über die Inhalte gesucht und gefunden werden können. Und insofern spielt es eine maßgebliche große Rolle, dass wir darauf achten, dass über diese digitalen Mittler keine Vielfaltseinschränkungen passieren. Das wird das Entscheidende sein und da müssen die Anbieter jetzt in einem ersten Schritt Transparenz herstellen darüber, wie sie auswählen, wie sie aggregieren und wie sie präsentieren, damit der Nutzer eine größere Klarheit darüber hat, nach welchen Prinzipien dieses Angebot zustande kommt."
Der Hamburger Kultursenator will allerdings nicht, dass die Plattformen ihre Algorithmen offenlegen - das würde einer Manipulation Tür und Tor öffenen. "Aber es heißt, klarer einsichtig zu machen, nach welchen Kriterien Dinge funktionieren. Und dazu gehört dann beispielsweise auch, dass wenn wir diese sogenannten Social Bots haben - also Profile, die auf Sozialen Netzwerken machinengeneriert sind, hinter denen keine echte Person steht, dann muss auch da sichergestellt sein, dass ich das als Nutzer schlicht weiß, damit ich weiß, mit wem ich da interagiere."
Vertrauenswürdige Inhalte bevorzugen
Mit dem neuen Medienstaatsvertrag solle verhindert werden, dass in Deutschland das drohe, was in anderen Ländern mittlerweile als Strategie der Unterdrückung von Meinung und Information sichtbar werde, so Brosda:
"Erinnern Sie sich an Steve Bannon, den Trump-Berater, der gesagt hat, er will die Zone - und damit meinte er die mediale Berichterstattung - mit 'shit' fluten. Er will so viele Informationen hineingeben, dass man gar nicht mehr unterscheiden kann: Was ist jetzt eigentlich relevant und was ist nicht relevant? Was ist wertvoll und was ist nicht wertvoll? Und da müssen wir die vertrauenswürdigen Quellen - und das sind die klassischen Medienangebote auf jeden Fall, die redaktionell gestalteten Inhalte - die müssen wir sichtbar halten, damit wir das Allgemeine auch noch auffinden können."
"Kräftig durchatmen, bevor man in die Tastatur tippt"
Die Debatte auf Social Media zum "Umweltsau"-Video des WDR sieht Brosda kritisch - genau wie die Einmischung von Politikerinnen und Politikern wie Armin Laschet in die Diskussion um den Satire-Clip.
"Ich finde, wir müssen bei diesen Diskussionen aufpassen, dass wir nicht die Fähigkeit verlieren, zu erkennen, in welchem Kontext und aus welcher Position heraus Äußerungen getroffen werden. Und wenn es uns nicht mehr gelingt, satirische Beiträge zu unterscheiden von Informationsbeiträgen, Meinungsbeiträgen zu unterscheiden von Recherche-Ergebnissen, dann geht uns erheblich etwas verloren."
Er habe das Gefühl, dass zu oft einzelne Soundbites herausgegriffen würden, "um dann einen kurzfristigen Geländegewinn in einer politischen oder auch einer sozialen gesellschaftlichen Debatte erzielen, ohne dass wir uns Gedanken darüber machen: Was heißt das denn eigentlich auf der Strecke für die Verlässlichkeit, für die Akzeptanz und für die Legitimation dieser Gesamtveranstaltung namens demokratische Öffentlichkeit? Da täte allen miteinander gut, einmal kräftig durchzuatmen bevor man in die Tastatur oder auf das Handydisplay tippt."