Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in ihrer Amtszeit nur wenige Interviews gegeben und sich medial rar gemacht. Ihr Nachfolger Olaf Scholz werde diese Medienstrategie kaum ändern, glaubt Lars Haider, Chefredakteur des Hamburger Abendblatts. Er hat Scholz in den vergangenen zehn Jahren immer wieder zum Interview getroffen und eine Biografie über den Neukanzler veröffentlicht.
"Er ist ja genau damit angetreten, dass er all denen, die ganz gut fanden, wie Angela Merkel regiert hat, versprochen hat: ich bin so eine Art männliche Merkel. Also wenn ihr mit Merkel zufrieden seid und wollt, dass es ungefähr personell so weitergeht, dann könnt ihr mich wählen."
Scholz-Kanzlerschaft wird für Medien "keine leichte Zeit"
Für die Medien werde die Scholz-Kanzlerschaft – wie unter Merkel – keine leichte Zeit, vermutet Haider. Scholz sei nämlich jemand, der in Interviews auf Fragen gerne so antworte, wie er die Fragen höre - und nicht wie sie gestellt wurden.
Als damals noch designierter Bundeskanzler hat Scholz vor kurzem allerdings etwas getan, was seine Vorgängerin immer kategorisch abgelehnt hat: Er war zu Gast bei Bild TV und hat an der "Bild"-Spendenaktion "Ein Herz für Kinder" teilgenommen.
Scholz' Aufritte bei "Bild" und "Joko & Klaas"
Dass Scholz es Kanzler Gerhard Schröder gleichtun und mit "'Bild', 'BamS' und Glotze" regieren werde, glaubt Haider jedoch nicht. Der Neukanzler sei an jenem Tag in vielen verschiedenen Sendern zum Interview zu Gast gewesen und werde sich bemühen, alle Medienanfragen in etwa gleich zu behandeln.
Trotzdem haben die Auftritte von Scholz bei "Bild" oder der ProSieben-Show "Joko & Klaas" Haider überrascht - sie seien ungewöhnlich für den SPD-Politiker gewesen.
"Es kann durchaus möglich sein, dass er sich in seiner neuen Funktion ein bisschen neu erfindet - dass dieses Kanzleramt wie eine Befreiung auf ihn wirkt, dass er sein Ziel endlich erreicht hat, und nun auch andere Seiten zeigen kann."
Mit Freundlichkeit und Humor zum Interviewerfolg
Als Tipp, wie man Olaf Scholz in Interviews knacken könne, empfiehlt der Chefredakteur des Hamburger Abendblatts: "Man kommt überhaupt nicht weiter, wenn man ihn provoziert oder versucht, in die Enge zu treiben."
Stattdessen solle man versuchen, Scholz mit Freundlichkeit und Humor einzuwickeln - "damit erreicht man mehr, als wenn man ihm versucht, die Pistole auf die Brust zu setzen."