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Medikamente im Trinkwasser, Pestizide in der Umwelt

Häufig arbeiten Wissenschaftler und Umweltschützer eher nebeneinander als miteinander. Die Organisation SETAC - das ist die englische Abkürzung für "Gesellschaft für Umwelttoxikologie und Chemie" - will dies ändern. In dieser Woche treffen sich Praktiker und Forscher aus aller Welt in Berlin und diskutieren über Umweltbelastungen und welche Auswirkung diese auf den Menschen hat.

Von Dieter Nürnberger |
    Rund 2500 Wissenschaftler sind nach Berlin zum SETAC-Kongress gekommen. Und bei so vielen Teilnehmern ist das Themenspektrum natürlich entsprechend breit. Bei SETAC kommen vor allem Umweltwissenschaftler, Chemiker und Toxikologen zusammen, Experten also, die sich mit der Einbringung von Gift- und Schadstoffen befassen. Und mit deren Folgen für die Umwelt und auch den Menschen.

    Es geht beispielsweise um Hormone im Wasserkreislauf. Denn längst sind diese zum Problem geworden. Eine Zahl verdeutlicht dies ganz besonders: Waren es 1960 weltweit nur 500.000 Frauen, die regelmäßig die Pille einnahmen, so sind es heute rund 200 Millionen Frauen – und somit gelangen Hormone durch die Ausscheidung im Urin auch in das Abwasser. Henner Hollert ist vom nationalen SETAC-Organisationskomitee. Er schildert neue Erkenntnisse zu diesem Problem:

    "Man weiß zum Beispiel aus Studien, dass die Spermienqualität zurückgehen kann. Da gibt es inzwischen verschiedene Studien, die das zeigen. Hinsichtlich der Ökosysteme ist sogar bekannt, dass Konzentrationen von Hormonen, wie sie nach Kläranlagen vorkommen, dort zu einer Veränderung von Fischpopulationen führen können. Eine Kollegin in Kanada hat beispielsweise Experimente gemacht und hat entsprechende Konzentrationen aus kanadischen Seen eingesetzt. Vergleichbar mit Konzentrationen nach dem Durchlaufen von hiesigen Kläranlagen. Dies zeigt: Hier kann es deutliche Veränderungen bei Fischpopulationen geben, halten diese Konzentrationen an, dann könnten bestimmte Fischspezies auch aussterben."

    Im Grunde, so der Umweltexperte von der Universität Aachen, lauert also die Gefahr einer ungewollten Pille für den Mann schon heute im Trinkwasser, in welches Rückstände der Hormone gelangen. Die SETAC-Organisation hat sich auf die Fahnen geschrieben, nicht nur Probleme unter Wissenschaftlern zu diskutieren, sondern auch gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Denn die hier versammelten Wissenschaftler kommen nicht nur aus Umweltforschung, sondern auch aus der Verwaltung oder der Industrie. Im Falle der Hormone im Trinkwasser gebe es nun auch Filtermethoden, um das Problem in den Griff zu kriegen, sagt Henner Hollert:

    "Das ist beispielsweise der Einsatz von Ozonierung, von Membranfiltern, auch in Kombination mit Sandfiltern. Solche Stoffe mit nachteiliger Wirkung können dadurch fast vollständig eliminiert werden."

    Ein anders gutes Beispiel für die praxisorientierte Arbeit der Wissenschaftler ist der Bereich von Dioxinen im Boden. Das sind überwiegend und oft Altlasten aus der Industrie vergangener Jahrzehnte, die sich allerdings nur sehr schwer abbauen. Henner Hollert arbeitet hier beispielsweise sehr eng mit China zusammen. Weil das Problem hier besonders gravierend auftritt - etwa in der Region des berühmten Drei-Schluchten-Staudamms, also am größten Fluss Chinas, dem Jangtsekiang. Und hier soll mit dem deutschen Know-How in der Umwelttechnik das Problem zuallererst analysiert und dann auch angegangen werden. Hollerts Spezialgebiet ist die Forschung mit Sedimenten, also beispielsweise mit Flussschlamm. Hier könne eindeutig Cadmium oder Kupfer nachgewiesen werden und eben generell Dioxine.

    "Bei Hochwasserereignissen, die nun auch immer häufiger auftreten werden, können solche Sedimente wieder aufgewirbelt werden. Gelangen sie in die Wassersäule, führt dies zu großen Problemen. Solche Probleme haben wir auch in Deutschland. Solche Sedimente können Auen überschwemmen, können dort nach der Aufnahme durch Tiere auch in die Nahrungskette gelangen. Solche Dioxin-ähnlichen Stoffe können somit zum Problem auch auf unserem Teller werden."

    Noch bis Donnerstag werden sich die Wissenschaftler hier in Berlin austauschen. Am Ende der Tagung soll eine Berliner Erklärung stehen, die vor allem darauf abzielt, dass sich die Politik auch in der Chemikalienpolitik am Grundsatz der Nachhaltigkeit orientiert.