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Medikamente
Nebenwirkung Impotenz

Ursache für sexuelle Lustlosigkeit kann die Einnahme von Medikamenten sein. Diese unerwünschten Nebenwirkungen finden sich aber selten auf dem Beipackzettel. Welche Medikamente insbesondere zu Lustlosigkeit und Impotenz führen können, das hat das kritische Arzneimittelmagazin "Gute Pillen - Schlechte Pillen" recherchiert.

Von Michael Engel |
    Zahlreiche Pillen und Tabletten liegen auf einem Tisch und auf einem Löffel.
    Besonders nach längerer Einnahme können manche Medikamente zu sexuellen Störungen führen. (dpa / Daniel Reinhardt)
    Mitunter geht der Beipackzettel über mehrere Seiten. Es scheint, als wäre jede noch so seltene Nebenwirkung im Kleingedruckten fein säuberlich aufgelistet. Jedoch: Infos über sexuelle Funktionsstörungen sind dagegen spärlich, sagt Prof. Bruno Müller-Oerlinghausen. Ein Grund: Die schlechte Datenlage bei der Zulassung des Präparates.
    "Das hat teilweise einen ganz banalen Hintergrund, denn solche Studien werden ja häufig an Krankenhauspatienten gemacht. Na ja, im Krankenhaus findet normalerweise kein Sex statt. Wie wollen Sie dann die Daten dort erheben."
    Auch später, wenn die Medikamente auf dem Markt sind und verordnet werden können, gibt es nur wenig Rückmeldungen über sexuell negativ beeinflussende Nebenwirkungen. Patienten, die nach Einnahme der Präparate Probleme mit der Sexualität haben, kommen gar nicht auf die Idee, es könnte an den Pillen liegen."
    "Weil Patienten zum einen scheu sind, Sexualität anzusprechen. Zum anderen auch Ärzte nicht gerne in die Tiefe gehen und das Thema lieber draußen lassen. Und dass zum anderen der Zusammenhang zwischen Einnahme eines Medikamentes und Veränderungen der Sexualität – meist negative Veränderungen der Sexualität – auch vom Patienten gar nicht gedacht werden."
    Dabei gibt es eine ganze Reihe von Arzneimitteln, die insbesondere nach längerer Einnahme die Sexualität stören können. Dazu zählen Psychopharmaka wie Neuroleptika, Antidepressiva und Beruhigungsmittel. Aber auch Mittel gegen Bluthochdruck – Diurethika, Betablocker, Kalzium-Antagonisten – sowie Präparate gegen Fettstoffwechselstörungen und bei Blasenproblemen.
    "Wir haben für die wenigsten Substanzen zuverlässige Angaben der Häufigkeit dieser Störungen. Das ist alles, wie wir das nennen, kasuistisch, das heißt, wir haben Fallberichte, aber zuverlässige Angaben über die Häufigkeit findet man selten. Wir können nur sagen, für die und die Substanz ist es sehr gut belegt, für andere Substanzen wird gelegentlich gemeldet. Es gibt Substanzen, wo solche Meldungen immer wieder kommen."
    Psychopharmaka wie Beruhigungsmittel hemmen häufig das Lustempfinden. Die heute sehr häufig verordneten "SSRI-Antidepressiva" beeinträchtigen die Erregbarkeit – auffällig oft bei Frauen. Präparate gegen Bluthochdruck mindern die Erektionsfähigkeit - bei Männern. Einer Studie zufolge sind mitunter sogar mehr als 20 Prozent der Patienten betroffen. Manchmal hilft ein Wechsel des Präparates – manchmal – bei Männern - Viagra und Co. 0.20
    "Die Arzneimittelkommission hat vor mehreren Jahren dazu mal im deutschen Ärzteblatt einen Artikel gebracht. Und wir werden demnächst auch in unserem Informationsblatt Arneiverordnungen in der Praxis dazu etwas schreiben. Und wir werden auch die Daten mal publizieren, die wir derzeit in der Datenbank haben. Man kann nur hoffen, dass die Ärzte das auch zur Kenntnis nehmen."
    Eine umfangreiche Liste von Medikamenten, die im Verdacht stehen, Sexualstörungen auszulösen, findet sich im Internet unter impotenz-selbsthilfe.de – hier auch mit Links zu Fachartikeln sowie Adressen von Ansprechpartnern bei Potenzproblemen.