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Autonomer Roboter-Chirurg assistiert im OP

Sie halten das Skalpell ohne jegliches Zittern und lassen sich Millimeter genau bewegen: Der Vision von perfekt funktionierenden Roboterchirurgen sind US-Forscher nun ein Stück näher gekommen. In der Fachzeitschrift "Science" stellen sie ein System vor, das fast selbstständig zwei Darmenden miteinander vernähen kann.

Von Volkart Wildermuth |
    Ein Skalpell vor dem Hintergrund weiterer Operationswerkzeuge
    Roboter könnten zukünftig zittrige Hände im OP ablösen (picture alliance / dpa / Oliver Berg)
    Es ist laut in dem kleinen Operationssaal am Sheikh Zayed Institut für Innovation in der Kinderchirurgie in Washington. Gerade weil es hier um Neuentwicklungen geht, werden vorerst nicht Kinder, sondern Schweine operiert. Axel Krieger hat gerade den Bauchraum geöffnet und ein Stück Darm entfernt, eine Standardoperation. Jetzt müssen die beiden Enden wieder dicht zusammengefügt werden. Er befestigt die Darmstücke mit drei Fäden in einem runden Rahmen, dann überlässt er einem Roboter namens START das Operationsfeld.
    "Wir haben den idealen Abstand zwischen den Stichen programmiert, die beste Fadenspannung, die optimale Anordnung. Der Roboter berechnet das und führt es aus."
    Langsam nähert sich der bewegliche Metallarm dem Gewebe. An der Spitze eine Art Miniaturnähmaschine. Sobald sie an der richtigen Position sitzt, sticht die Rundnadel durch die beiden Darmenden, eine Schlinge entsteht. Der Arm fährt zurück, strafft den blauen Faden. Der Zug ist erheblich, verformt das Gewebe. Trotzdem findet der Roboter den richtigen Ort für den nächsten Stich. Hier liegt die eigentliche Innovation des Systems.
    "Der Roboter wird in Zukunft völlig autonom arbeiten können"
    Roboter, die zum Beispiel genau nach Plan ein Loch für eine Hüftprothese aussägen können, gibt es schon länger. Aber der Knochen bleibt stabil, weiches Gewebe dagegen verändert ständig seine Position. START löst das Problem mit zwei Augen. Da ist einmal eine sogenannte Plenoptische Kamera, die mit vielen kleinen Linsen dreidimensionale Bilder erstellen kann. Ein Stück Darm sieht aber aus wie das Andere, deshalb hat Axel Krieger zusätzlich einige Leuchtpunkte aufgeklebt. Deren Position verfolgt eine Infrarotkamera und gleicht so das virtuelle Modell des Operationsgebiets ständig mit der Realität ab.
    "So gelingt, was als unmöglich galt: einen Roboter mit weichem Gewebe arbeiten zu lassen", sagt der Leiter des Zentrums, der Chirurg Peter Kim.
    Dank der Kombination der beiden Bilder weiß das System immer, wo genau sich die Darmenden befinden und passt seinen Nahtplan in Echtzeit an, setzt sicher Stich für Stich und verknotet den Faden am Ende. Nur gelegentlich, bei schwierigen Ecken, muss der Mensch noch etwas nachjustieren.
    "Das sind nur kleine Hilfestellungen. Vielleicht, wie wenn ein Baby die ersten Schritte macht, da ist man nervös und will sicher sein das es nicht fällt. Aber der Roboter wird in Zukunft völlig autonom arbeiten können."
    Team aus Mensche und Maschine
    Peter Kim ist sehr optimistisch. Das START System hat bei mehreren Schweinen den Darm zusammengenäht. Alle Tiere haben die Operation überstanden, das Gewebe verheilte gut, der Darm blieb dicht.
    "Überraschend war: im Vergleich mit herkömmlichen Techniken war die Maschine besser."
    Sowohl bei der Genauigkeit der Stiche als auch beim Endergebnis, der Dichtigkeit des Darms übertraf START die Schlüssellochchirurgie und auch die von Menschen direkt gesteuerten Roboterarme. Wenn aber der Bauchraum des Schweins für die Operation geöffnet wurde, schnitten die menschlichen Chirurgen ebenso gut ab. Vor allem waren sie dann erheblich schneller. Peter Kim geht es auch gar nicht darum, den Chirurgen durch den Roboter zu ersetzen. Er stellt sich eher ein Team aus Mensch und Maschine vor, bei dem der Chirurg die Führung hat und der Roboter Standardaufgaben übernimmt, bei denen es mehr auf Genauigkeit, als Erfahrung und Kreativität ankommt.
    "Stellen sie sich vor: sie könnten mit diesen intelligenten Systemen die beste Technik überall, zu jeder Zeit, für alle Chirurgen und alle Patienten bereitstellen. Das würde Fehler vermeiden und Leben retten."
    Klingt im Moment noch weit hergeholt. Aber auch die ferngesteuerten Roboterarme wurden einst als Technologenphantasie belächelt. Heute sind sie in praktisch jeder großen Klinik zu finden.