Es beginnt mit Schmerzen in den Finger- oder Zehengelenken, in späteren Stadien können die Gelenke sogar ganz zerstört sein. Warum das Immunsystem mancher Menschen plötzlich verrückt spielt und den Körper angreift, ist unklar. Doch offenbar geht parallel zum Ausbruch einer rheumatoiden Arthritis etwas im Darm der Patienten vor sich. Dan Littman und seine Kollegen von der New York University School of Medicine haben beobachtet, dass bestimmte Bakterien häufiger werden, wenn Patienten die ersten Symptome entwickeln:
"Wir wussten schon aus Tierversuchen, dass ein einzelner Bakterienstamm bei Mäusen eine Arthritis auslösen kann. Und das hat uns auf die Idee gebracht, dies auch beim Menschen zu untersuchen. Bei den Mäusen waren es aber andere Mikroben als Prevotella."
Warum das Bakterium Prevotella copri im Darm von Arthritis -Patienten häufiger vorkommt, ist jedoch unklar. Littman:
"Ob dieses Bakterium die Krankheit beim Menschen auslöst oder zu ihrer Entstehung beiträgt, können wir bisher aber nicht sagen. Es könnte auch sein, dass dieses Bakterium im Darm nur deswegen häufiger vorkommt, weil das Wachstum anderer Mikroben gehemmt wird. Was wir beobachtet haben ist bisher also nur eine Korrelation."
Doch sie zeigt den Forschern, dass es auch beim Menschen eine Verbindung gibt zwischen dem Ausbruch der Krankheit und dem Miteinander der Bakterien im Darm. Prevotella ließe sich daher eventuell als Marker nutzen, mit dem Risikopatienten identifiziert werden könnten, meint Dan Littman. Taucht diese Mikrobe häufiger im Darm von Menschen auf, die genetisch vorbelastet sind, könnte das ein Warnsignal sein:
"Wir wissen aus Tiermodellen, dass bei genetisch vorbelasteten Mäusen bestimmte körpereigene Bakterien den Ausbruch der Krankheit verursachen können. Es wird schon lange vermutet, dass es Umweltfaktoren sind, die letztendlich dazu führen, dass jemand eine rheumatoide Arthritis entwickelt. Und in diesem Fall sind es offenbar Veränderungen in der Bakteriengemeinschaft."
Ernährung als Therapie
Die Beobachtungen der Forscher ließen sich aber nicht nur eventuell dazu nutzen frühzeitige Diagnosen zu stellen. Dan Littman geht davon aus, dass Menschen mit einer Autoimmunerkrankung den Verlauf ihrer Krankheit auch durch die richtige Diät beeinflussen können:
"Es gibt in der Literatur viele anekdotische Berichte darüber, dass die Ernährung und auch Antibiotika den Verlauf einer rheumatoiden Arthritis beeinflussen. Leider war es bisher schwierig, diesen Zusammenhang konkret in wissenschaftlichen Studien nachzuweisen. Ich habe aber viele E-Mails von Leuten mit Arthritis bekommen, die meinten, dass das die Erklärung sein müsse. Sie erzählten, dass sich der Verlauf ihrer Krankheit verändert hat, nachdem sie ihre Ernährung umgestellt haben."
Wie sich Menschen mit einer Autoimmunerkrankung ernähren sollten, ist jedoch unklar. Das Zusammenspiel zwischen Darmbakterien, Ernährung und dem Immunsystem ist erst in Ansätzen verstanden. Dan Littman ist aber überzeugt, dass die symbiontischen Mikroben im Darm Einfluss auf das Immunsystem und damit auch auf den Verlauf von Autoimmunerkrankungen haben. Auch wenn dieser Zusammenhang nicht immer offensichtlich ist:
"Bemerkenswert ist, dass Bakterien bestimmte Immunzellen im Darm lokal beeinflussen können und dass diese Zellen dann ganz woanders im Körper wirken und eine Reaktion auslösen. Wir wissen zum Beispiel, dass auch die Nervenkrankheit Multiple Sklerose bei Mäusen von Bakterien beeinflusst wird. Es gibt also interessante systemische Effekte, die dadurch entstehen, dass in unserem Verdauungssystem Immunreaktionen ausgelöst werden."
Als Nächstes möchten die Forscher die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft im Darm von Arthritis Patienten über längere Zeiträume untersuchen. Littmann und seine Kollegen hoffen, auf diese Weise nachvollziehen zu können, wie sie sich die Mikrobiota verändert, wenn die Symptome der Krankheit auftreten.