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Medizin
Erneut Kind nach Uterus-Transplantation geboren

In Schweden ist ein weiteres Kind nach einer Uterustransplantation geboren worden. Anfang Oktober war erstmals über eine erfolgreiche Anwendung dieser Methode berichtet worden. Es bleibt aber noch unklar, welche Risiken es für das Baby mit sich bringt, wenn es in einer fremden Umgebung heran reift.

Von Christine Westerhaus | 10.12.2014
    Eine schwangere Frau hält ihren Bauch.
    Eine Schwangerschaft in einer fremden Gebärmutter birgt noch kaum bekannte Risiken (dpa/Fredrik von Erichsen)
    Es ist ein massiver Eingriff in die Natur, die eine Schwangerschaft in einer fremden Gebärmutter bedeutet. Das Organ muss in einer komplizierten Operation transplantiert werden, die Eizelle wird künstlich befruchtet und dann implantiert. Selbst die Geburt ist nicht natürlich, sondern erfolgt per Kaiserschnitt. Zudem muss die Frau während der gesamten Schwangerschaft starke Medikamente einnehmen, die verhindern, dass der Körper das fremde Organ abstößt.
    "Auch wenn die Gebärmutter alt ist, kann sie funktionieren."
    Erstaunlich ist, dass das erste Kind, das mit dieser Methode geboren wurde, aus dem Uterus einer Frau stammte, die bereits 61 Jahre alt war. Doch Baby Vincent entwickelte sich in dieser fremden Umgebung offenbar völlig normal. Liza Johannesson, eine der Forscherinnen, die an dem Transplantationsprojekt am Sahlgrenska Universitätskrankenhaus in Göteborg beteiligt war, geht deshalb davon aus, dass das Alter einer Gebärmutter keinen Einfluss auf die Schwangerschaft hat.
    "Wir wussten nicht, wie alt eine Gebärmutter maximal sein darf, damit in ihr ein Kind heranreifen kann. Es gibt ja eine Reihe von Fällen, bei denen ältere Frauen nach einer Eizellspende gesunde Kinder zur Welt gebracht haben und man hat immer vermutet, dass eher die Qualität der Eizellen wichtig ist. Und das zeigt unsere Arbeit nun ebenfalls: Auch wenn die Gebärmutter alt ist, kann sie funktionieren."
    Fraglich ist jedoch, ob sich der Embryo in einer fremden Gebärmutter genauso entwickelt, wie er es im Uterus der leiblichen Mutter tun würde. Theoretisch sei es denkbar, dass die Zellen des gespendeten Organs die Entwicklung des Embryos anders lenken, als die mütterlichen, meint Nick Macklon, Professor für Gynäkologie an der Universität von Southampton:
    "Wir lernen momentan mehr und mehr darüber, wie die intrauterine Umgebung, also die Umgebung, in der ein Fötus heran reift, wichtige Weichen für die spätere Gesundheit stellt. Unser Geburtsgewicht beeinflusst beispielsweise das Risiko für spätere Herz-Kreislauferkrankungen. Dieses Konzept der sogenannten Entwicklungsprogrammierung besagt, dass wir als Embryo oder Fötus unsere Umgebung wahrnehmen und uns daran anpassen. Es könnte also zu Fehlanpassungen kommen, wenn die Umgebung, in der ein Baby heran reift, nicht die mütterliche ist."
    Geringe Zahl der Geburten erschwert Riskokobewertung
    Was genau das für die Gesundheit des Kindes bedeuten würde, ist allerdings noch völlig unklar. Um das untersuchen zu können, müsste es wesentlich mehr Geburten dieser Art geben, gibt Liza Johannesson zu bedenken.
    "Bisher weiß man noch nichts darüber. Aber ich denke, dass wir in Zukunft sehr viel darüber lernen werden. Wir hatten anfangs Überlegungen, dass es eine schlechtere Sauerstoffversorgung in der Plazenta geben könnte, da wir den Uterus zusammen mit den Blutgefäßen transplantieren. Aber darauf gab es keine Hinweise. Wir haben außerdem beobachtet, dass sich die Feten im Mutterleib genauso entwickeln, wie sie sollen, Woche für Woche sind sie genauso viel gewachsen, wie bei einer normalen Schwangerschaft auch."
    Unbekannte Nebenwirkungen
    Fraglich ist jedoch, wie sich die starken Immunsupressiva auf das Ungeborene auswirken. Diese Medikamente unterdrücken das mütterliche Immunsystem, um die Abstoßung des fremden Uterus zu verhindern. Über die Plazenta kommt auch das Ungeborene mit diesen Wirkstoffen in Kontakt und könnte geschädigt werden, meint Nick Macklon:
    "Wir wissen, dass das Zusammenspiel der Immunzellen im Uterus sehr komplex ist. Wenn diese Interaktion durch die Medikamente gestört wird, kann das die Entwicklung des Fötus stören und auch seine Fähigkeit, später im Leben mit Krankheiten umzugehen. Es gibt zwar auch viele andere Schwangerschaften, bei denen die Frauen Immunsuppressiva einnehmen müssen. Aber in diesem Fall waren die Medikamente besonders stark und wurden über einen langen Zeitraum eingenommen. Wir müssen deshalb in Zukunft besser verstehen lernen, welche Konsequenzen das für das Baby im Mutterleib hat."
    Trotz der möglichen Risiken geht Nick Macklon davon aus, dass sich die Uterustransplantation in Zukunft etablieren wird. Die Zielgruppe wird allerdings klein sein.
    "Ich denke, es wird keine Mainstream-Methode werden, sondern nur einer kleinen Gruppe von Frauen angeboten werden, die keine funktionierende Gebärmutter haben."