Die Grippesaison 2012/2013 war eine der härtesten der vergangenen Jahre. Sie dauerte besonders lange und viele Menschen sind damals schwer erkrankt. In der kanadischen Provinz British Columbia wurden besonders viele Ausbrüche in Pflegeheimen registriert – was ungewöhnlich war: Denn eigentlich waren die Bewohner und die Pflegekräfte gegen Grippe geimpft, sagt Danuta Skowronski vom British Columbia Centre for Disease Control.
"Trotzdem gab es in Pflegeheimen ein Drittel mehr Grippe-Ausbrüche als in den Jahren vorher. Das war für uns ein Zeichen, dass etwas nicht stimmt."
Viren im Impfstoff hatten sich verändert
Im Winter 2012 hat die Grippeimpfung nicht richtig angeschlagen. Bei Erwachsenen betrug die Schutzwirkung gerade einmal 40 Prozent, bei Menschen über 65 sogar nur neun Prozent. Dabei war der Impfstoff eigentlich genau abgestimmt auf die Grippeviren, die damals im Umlauf waren. Was war passiert? Hatten sich die Grippeviren draußen so verändert, dass der Impfstoff nicht mehr wirken konnte? Danuta Skowronski und ihr Team haben sich Viren und Impfstoff sehr genau angesehen. Und erlebten eine kleine Überraschung.
"Die Viren, die draußen zirkuliert sind, hatten sich nicht verändert. Es waren immer noch die, die die Weltgesundheitsorganisation für die Impfstoffe empfohlen hatte. Aber die Viren im Impfstoff waren an ein paar Stellen verändert. Für mich war das ein echtes Aha-Erlebnis: okay! Es sind die Viren im Impfstoff! An diese Möglichkeit hat keiner wirklich gedacht."
Der saisonale Grippe-Impfstoff muss jedes Jahr neu angepasst werden. Er enthält immer drei verschiedene Virenstämme. Für die Produktion des Impfstoffs braucht man diese Viren in rauen Mengen: Normalerweise werden sie in bebrüteten Hühnereiern vermehrt. Damit das klappt, müssen die Grippeviren aber zuerst ans Hühnerei angepasst werden. Und dabei scheint im Jahr 2012 bei einem der Stämme – bei H3N2 – etwas schiefgelaufen zu sein.
"Die H3N2-Viren konnten dann zwar prima im Hühnerei wachsen, aber gleichzeitig haben sie sich an ein paar entscheidenden Stellen verändert. Die Antikörper, die nach der Impfung gebildet worden sind, haben die draußen zirkulierenden H3N2-Viren dann nicht so gut erkannt."
Danuta Skowronski befürchtet, dass auch die Impfstoffe für die aktuelle und die kommende Grippesaison 2014/2015 davon betroffen sein könnten. Doch dem sei nicht so, sagt Michael Pfleiderer vom Bundesinstitut für Impfstoffe, dem Paul-Ehrlich-Institut in Langen.
"Also, dieses Problem existiert nicht mehr."
Michael Pfleiderer bestimmt jedes Jahr aufs neue mit, welche Viren in den europäischen Grippe-Impfstoffen enthalten sein müssen. Sie hätten das Problem mit dem 2012er-Impfstoff damals schnell erkannt und behoben, sagt er.
Nun wieder mehr Schutz gegen H3N2
"Und das war der Grund gewesen, warum dann sofort - also schon für die nächste Saison 2013/'14 und jetzt auch '14/'15 - eben dieser Stamm ausgetauscht wurde. Der ist wesentlich stabiler in den unterschiedlichen Herstellungsprozessen, sodass dieses Problem der eingeschränkten Wirksamkeit nun in der Form nicht mehr besteht."
Die aktuellen Grippe-Impfstoffe sollten also wieder besser vor H3N2 schützen. Außerdem wurden noch mehr Kontrollmechanismen in den Herstellungsprozess eingebaut – um sicherzugehen, dass auch in Zukunft keine veränderten Viren mehr im Impfstoff landen. Auch wenn die Wirksamkeit der Grippe-Impfung stark schwanken kann: alte und chronisch kranke Menschen sollten sich auf jeden Fall impfen lassen.
"Es ist das beste Werkzeug, das wir haben, um Influenza zu verhindern. Um zumindest eine Erkrankung abzuschwächen, und um Folgeerscheinungen wie zum Beispiel schwere Verläufe, zusätzliche bakterielle Erkrankungen, Hospitalisierung und sogar Tod zu reduzieren und zu minimieren. Influenza ist komplex, und es gibt keine Impfstoffe, die hundertprozentig wirksam sind. Aber die schlechteste Option wäre, nicht zu impfen."