"Bei jeglicher Form von Streit ist wichtig zu wissen, dass der Streit eine Funktion hat und nicht einfach nur so stattfindet", sagte Dr. med. Filip Caby, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Marien Hospital Papenburg Aschendorf, im Dlf. Der Streit sei eine Ablenkung von dem, was eigentlich angesprochen werden soll. Es sei daher wichtig, gemeinsam mit den Streitenden dahinter zu gucken und die Frage zu stellen: "Was würden Sie tun, wenn Sie nicht mehr streiten?"
Oft sind es Generationengeschichten, die schon lange mitgetragen werden und denen ausgewichen wird, erklärte der stellvertretende Vorsitzender der Dt. Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e.V. - und oft handele es sich dabei um finanzielle Themen wie Erbschaftsfragen. Auch Rollenfindung und -behauptung sind Konfliktpunkte in Familien. Das gilt für Geschwister genauso wie für Patchworkfamilien.
Streiten kann man lernen
Generell sollten Eltern nur im Äußerten eingreifen, rät Caby. "Kinder sollten lernen, was Streit heißt. Und dann dürfen auch mal die Fetzen fliegen. Eltern müssen nur dabei aufpassen, dass es nicht zu gefährlich wird." Es sei wichtig, dass Kinder die Gelegenheit dazu bekommen, eine konstruktive Streitkultur zu entwickeln. "Wenn man das gut beherrscht, ist man gut gewappnet für das weitere Leben."
Wenn kleine Geschwister größeren vorschreiben, was sie zu tun haben, sei Streit programmiert. "Der Ältere wird um seine Rolle kämpfen, der jüngere genauso." Das Rollenverständnis behalte man auch im Alter, doch sollte dann die ältere Schwester tolerieren, was die jüngere zu sagen hat. Und umgekehrt sei es wichtig, dass aus dem Respekt der jüngeren für die ältere Schwester ein Miteinander auf Augenhöhe wird.
Lösungen finden statt Ursachen suchen
Bei den verschiedenen Formen der Familientherapie sei das größte Problem, im Akutfall schnell Hilfe zu bekommen. Dann sollte man nicht zu viel Ursachenforschung betreiben. "Man kommt ja, weil man weiterkommen möchte. Die Familientherapie ist darauf angewiesen, dass die Teilnehmer etwas wollen." Der Familientherapeut erarbeitet dann gemeinsam mit der Familie Lösungen, die der Familie einfallen. Dazu müssten nicht alle Familienmitglieder anwesend sein, etwa bei Scheidungsfällen.