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Megalampe für Röntgenlicht

Laser. -In Hamburg wird ein Riesenlaser gebaut, mehr als drei Kilometer lang und fast eine Milliarde Euro teuer. Im Jahre 2014 soll er extrem starke Röntgenblitze erzeugen. Der Europäische Röntgenlaser, so heißt die Wissenschaftsmaschine, zählt zu den teuersten Forschungsgeräten in ganz Europa.

Von Frank Grotelüschen | 09.07.2010
    Schon die nackten Zahlen sind beeindruckend. 3,4 Kilometer lang, eine Milliarde Euro teuer und millionenfach stärker als das, was es bislang an wissenschaftlichen Röntgenlampen auf der Welt gibt. Ab 2014 soll er in Hamburg leuchten – der Europäische Röntgenlaser, offiziell heißt er European XFEL. Das Besondere an der Maschine:

    "Eine Anlage bestehend aus einem Linearbeschleuniger, wo am Ende eine Laserstrahlung herauskommt, wie sie in der Welt bisher nicht da war: Mit viel kürzeren Wellenlängen als bisher","

    sagt Rolf Treusch, Physiker am Forschungszentrum Desy in Hamburg, das den Laser maßgeblich mitentwickelt.

    ""Sehr intensive, sehr kurze Lichtblitze, schön nach vorne gebündelt, wie man es von einem Laser erwartet."

    Wie der Name schon sagt: Der Röntgenlaser erzeugt kein normales, sichtbares Licht, sondern hochenergetische Röntgenstrahlung. Mit dieser Strahlung lassen sich – ähnlich wie beim Röntgen in der Arztpraxis – Stoffe und Materialien regelrecht durchleuchten. Basis des Lasers ist ein zwei Kilometer langer, unterirdischer Teilchenbeschleuniger. Er bringt Elektronen auf eine Geschwindigkeit von nahezu 300.000 Kilometern pro Sekunde. Treusch

    "Wir beschleunigen sie in unserem Linearbeschleuniger auf nahezu Lichtgeschwindigkeit und jagen sie durch ein spezielles Magnetfeld, wo wir sie auf einen Slalomkurs zwingen. Und während dieses Slalomkurses verlieren die Elektronen Energie und strahlen diese Energie in Form von Laserstrahlung ab – wie beim Scheinwerfer eines Autos."

    Die Blitze, die der Laser auf diese Weise erzeugt, sind extrem kurz und extrem stark. Geballte Röntgenpower, mit der die Forscher die verschiedensten Stoffe durchleuchten wollen – darunter Biomoleküle, Halbleiter und Nanomaterialien.

    "Die Maschine ist ausgelegt für eine sehr große Bandbreite von wissenschaftlichen Anwendungen","

    sagt Thomas Tschentscher, einer der drei wissenschaftlichen Direktoren des European XFEL,

    ""ein System sind chemische Reaktionen: Man löst eine chemische Reaktion mit einem Lichtblitz aus, und untersucht sie dann mit dem FEL-Puls, wie sie wirklich abläuft: Wie bewegen sich die Atome innerhalb der Moleküle bei der chemischen Reaktion?"

    Die Forscher hoffen also, chemische Reaktionen regelrecht filmen zu können. Die Erkenntnisse könnten bei der Entwicklung neuer Abgaskatalysatoren für Autos helfen. Astrophysiker dürften neue Details darüber erfahren, wie Materie im Inneren von Sternen aussieht. Geoforscher haben vor, künstliche Schockwellen durch Gesteinsproben zu jagen und mit dem starken Röntgenlicht zu analysieren. Dadurch möchten sie die im Erdkern herrschenden, gewaltigen Druckverhältnisse simulieren und herausfinden, was sich im Inneren unseres Planeten abspielt. Und Molekularbiologen wollen Bilder von einzelnen Proteinen aufnehmen. Die Ergebnisse – so die Hoffnung – könnten eines Tages das gezielte Design von Medikamenten ermöglichen.

    Der Röntgenlaser in Hamburg ist ein europäisches Projekt. Neben Deutschland machen 13 weitere Nationen mit. Doch auch in Japan und den USA setzt man auf ähnliche Anlagen – der US-Laser in Kalifornien ist sogar schon seit kurzem in Betrieb. Die europäische Maschine wird als letzte der drei Riesenlaser in Betrieb gehen. Aber dafür wird sie, sagt der russische Physiker Sergei Molodtsov, von allen dreien die beste sein.

    "Diese Maschine ist wirklich einmalig. Hier in Hamburg werden wir die Möglichkeit haben, 30.000 Lichtblitze in einer Sekunde zu erzeugen. Das, was die Amerikaner können, ist 100. Und das ist eine große Differenz."

    Zur Sendereihe 50 Jahre Laser