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Mehr Geld für die Hochschulen

Die Mittel aus dem heute beschlossenen Hochschulpakt sicherten die zusätzlichen Studienanfänger von 2011 bis 2015 ab, sagt Doris Ahnen (SPD), Vorsitzende der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz. Wichtig sei für die Länder aber auch eine gute Grundfinanzierung der Hochschulen.

Doris Ahnen im Gespräch mit Manfred Götzke | 12.04.2013
    Manfred Götzke: Lehrer sollen also bald auch umziehen können und es gibt mehr Geld für den Hochschulpakt, die beiden wichtigsten Ergebnisse der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz. Wie belastbar die sind und wie sehr den Hochschulen damit tatsächlich geholfen ist, das möchte ich mit Doris Ahnen besprechen, sie ist Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz und derzeit Vorsitzende der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz. Frau Ahnen, 4,4 Milliarden wollen Bund und Länder zusätzlich für den Studienplatzausbau ausgeben. Wie sicher sind Sie denn, dass Ihre Kollegen aus Sachsen-Anhalt und Sachsen das auch tatsächlich umsetzen?

    Doris Ahnen: Ich bin mir sehr sicher, dass alle Länder in ihrer Verantwortung entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung stellen und die Gesamtfinanzierung sicherstellen. Das gilt für die neuen Länder, das gilt für die alten Flächenländer und das gilt auch für die Stadtstaaten.

    Götzke: Nun hörten wir vor ein paar Tagen, dass Sachsen-Anhalt zum Beispiel schon im kommenden Jahr fast 30 Millionen bei den Hochschulen einsparen will. Wie passt das mit dem Ausbau von Studienplätzen zusammen?

    Ahnen: Wir haben eine Gesamtverpflichtung als Länder, dass wir die zusätzlichen Studienanfängerinnen und Studienanfänger aufnehmen. Wir sind ursprünglich davon ausgegangen, dass es 275.000 von 2011 bis 2015 sein würden. Durch die Aussetzung des Wehrpflichteffektes waren es dann schon 325.000, und jetzt gehen wir von über 620.000 Studienanfängerinnen und Studienanfängern aus. Und alle Länder gemeinsam wollen sich anstrengen, dass diese Studierenden gute Studienbedingungen und Studienplätze vorfinden, und wir werden dabei erheblich vom Bund unterstützt.

    Götzke: Sie haben es ja schon gesagt, der Bund und die Länder lagen halt immer falsch bei der Prognose, was den Ansturm auf die Hochschulen angeht – wie lange werden die heute beschlossenen Mittel ausreichen?

    Ahnen: Die Mittel, die wir heute beschlossen haben, die sichern die zusätzlichen Studienanfängerinnen und -anfänger in 2011 bis 2015 ab, inklusive der Ausfinanzierung. Denn wenn die Studierenden mal aufgenommen sind, müssen wir natürlich auch ihr Studium zu Ende finanzieren. Und es ist jetzt schon klar, dass wir für die Phase 2016 bis 2020 erneut werden verhandeln müssen.

    Götzke: Horst Hippler, der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz und auch die Studierendenvertreter, die sagen: Hochschulpakt gut und schön, aber was wir eigentlich bräuchten, wäre eine dauerhaft bessere Grundfinanzierung der Hochschulen. Was sagen Sie?

    Ahnen: Der Hochschulpakt sind in der Tat zusätzliche Mittel für die Studienanfängerinnen und Studienanfänger. Wichtig ist, dass es in den Ländern auch eine gute Grundfinanzierung für die Hochschulen gibt. Und deswegen haben wir ja auch bei der Diskussion mit dem Bund immer darauf hingewiesen, dass man das in einem Kontext sehen muss. Weil natürlich Mittel der Grundfinanzierung den Hochschulen dauerhaft zur Verfügung stehen. Hochschulpaktmittel sind eine wichtige Ergänzung, aber sie können das nicht ersetzen.

    Götzke: Muss der Bund dauerhaft in die Hochschulfinanzierung wieder einsteigen?

    Ahnen: Wir werden sicherlich Gespräche zwischen Bund und Ländern darüber führen müssen, wie in Zukunft Bildungsfinanzierung, und dazu gehört für mich ausdrücklich auch Hochschulfinanzierung in der Bundesrepublik Deutschland, sinnvoll zu gestalten ist. Ich sage dazu, ich glaube, wir müssen über den Bereich Bildungsfinanzierung reden und müssen Schulen und Hochschulen in den Blick nehmen.

    Götzke: Da sind wir beim Thema Kooperationsverbot. Bleiben wir vielleicht noch mal kurz beim Hochschulpakt. Der bezieht sich ja erst mal auf die Steigerung der Bachelorstudienplätze, um den steigenden Studienanfängerzahlen gerecht zu werden. Was aber, wenn die meisten danach noch einen Masterstudium draufsatteln wollen?

    Ahnen: Nein. Wir nehmen bei den zusätzlichen Studienanfängerinnen und Studienanfängern nicht nur die Bachelorabsolventen in den Blick, sondern die gesamte Studienzeit.

    Götzke: Der HRK-Präsident, Horst Hippler, der sagt, Sie hätten im Hochschulpakt die Masterplätze vergessen.

    Ahnen: Nein, die haben wir nicht vergessen, sondern, wie gesagt, es geht darum, insgesamt den Studienanfängerinnen und -anfängern ein gutes Angebot für die Gesamtstudienzeit zu machen. das heißt, wenn sie einen Master anstreben, auch für den Master.

    Götzke: Das zweite Thema heute bei der Sitzung der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz war die Anerkennung von Lehrerabschlüssen. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka ist zuversichtlich, dass die Länder jetzt die Ausbildung sich bald gegenseitig anerkennen. Sie auch?

    Ahnen: Die KMK, die Kultusministerkonferenz, hat bereits im März die gegenseitige Anerkennung der Lehramtsausbildungen beschlossen. Jetzt muss man noch dazu sagen, manchmal entsteht der Eindruck, als hätten bisher keine Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland zwischen den Bundesländern gewechselt. Das ist schon bisher in einem hohen Maße der Fall. In Rheinland-Pfalz zum Beispiel weiß ich es, da sind das 30 Prozent, die aus anderen Bundesländern kommen oder eben in andere Bundesländer gehen. Aber es hat trotzdem natürlich immer wieder Fälle gegeben, wo die Betroffenen auch Hürden gespürt haben. Und wir haben uns in der Kultusministerkonferenz im März verpflichtet, diese Hürden abzubauen und in einer klaren, verbindlichen Richtlinie dies auch festzulegen.

    Götzke: Baden-Württemberg plant derzeit, die Lehramtsausbildung komplett umzustellen. Ein Gymnasiallehrer soll bald die gleiche Ausbildung bekommen wir zum Beispiel ein Hauptschullehrer. Wie sicher sind Sie, dass dann tatsächlich Bayern in Zukunft den Stuttgarter Einheitslehrer einstellt?

    Ahnen: Es gibt in den Ländern Bestrebungen, die Lehrerausbildung zu reformieren, die sind im Moment im Gange. Es ist klar, unter welchen Bedingungen die gegenseitige Anerkennung gewährleistet wird. Und dann gehört für mich dazu auch, dass, wenn es in den Ländern Reformen gibt, dass die sich einerseits daran orientieren, was gemeinsam festgelegt ist, aber wenn sie sich daran orientieren, es auch eine Anerkennung bundesweit gibt.

    Götzke: Bundesbildungsministerin Johanna Wanka hat angekündigt vor einigen Wochen, sich auch mit dem Thema BAföG zu beschäftigen in den Gesprächen mit Ihnen und Ihren Kollegen. Da haben wir bisher noch gar nichts gehört. Konnten sich beim Thema BAföG die Bundesministerin und die Länderminister nicht einigen?

    Ahnen: Das Thema BAföG stand heute nicht auf der GWK, sondern ist gestern Abend zwischen den Wissenschaftsministerinnen und -ministern aus Bund und Ländern beraten worden. Frau Wanka hatte das Thema strukturelle Veränderungen, zum Beispiel Teilzeitstudium, in die Diskussion gebracht, das ist ein Thema, das schon länger bei den Ländern diskutiert wird. Aber natürlich muss man sich auch mit der Anpassung von Freibeträgen und Bedarfssätzen befassen. Es hat hier keinen Beschluss gegeben, weil es heute nicht auf der Tagesordnung stand, aber man sich darauf verständigt, zu versuchen, die Notwendigkeiten beim BAföG in den nächsten Wochen stärker zu priorisieren und zu versuchen, ob sich hier eine gemeinsame Linie zwischen Bund und Ländern herausbildet.

    Götzke: Welche Linie hat sich bisher herausgebildet?

    Ahnen: Die Gespräche werden ja jetzt aufgenommen.

    Götzke: Die Bildungsminister von Bund und Ländern haben sich noch nicht auf eine BAföG-Reform geeinigt. Auf den Ausbau des Hochschulpaktes dagegen schon. Darüber sprach ich mit Doris Ahnen, SPD-Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz. Danke!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.