Manfred Götzke: Während die Berliner Spitzenpolitik zurzeit kein anderes Thema zu kennen scheint als das geleakte Merkel-Handy, wird fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit Koalitionsverhandlungskernarbeit geleistet. Die ersten Arbeitsgruppen zu den einzelnen Themen starten mit ihrer Gruppenarbeit. Die große Frage dabei ist natürlich, was ist Streit- und was ist eher Kuschelthema? Die Bildungspolitik, die hätte man bis vor kurzer Zeit ganz klar ins erste Körbchen, ins Körbchen Streit gelegt. Was gab es zwischen SPD und Union nicht für ideologische Gräben: Ganztags- und Gesamtschule, Teufelszeug für die Union! Herdprämie und dreigliedriges Schulsystem, No-Go für die SPD! Und heute – gibt es die Differenzen eher bei Struktur denn bei inhaltlichen Fragen.
Differenzen, die dürfte es also vor allem beim Kooperationsverbot geben in den Koalitionsverhandlungen. Ich fasse noch mal kurz zusammen: CDU will das Verbot einschränken, SPD will es komplett abschaffen, auch im Schulbereich. Wobei, ein rot-grün oder grün-rot regiertes Land verhält sich beim Thema Kooperationsverbot ganz in der Tradition der langjährigen CDU-Vorgängerregierung: Baden-Württemberg. Dessen Kultusminister Andreas Stoch ist von der SPD und jetzt am Telefon, guten Tag, Herr Stoch!
Andreas Stoch: "Ich grüße Sie!
Götzke: Herr Stoch, haben die Unionskultusminister eigentlich schon mal persönlich bei Ihnen Danke gesagt?
Stoch: Die haben nicht persönlich Danke gesagt, aber die haben insoweit, was aus der Kultusministerkonferenz gute Tradition ist, natürlich mit uns sehr konstruktiv diskutiert, weil alle sich im Ziel einig sind. Und ich glaube, wenn man sich mal im Ziel einig ist, dann ist schon mal ganz, ganz viel gewonnen. Das Ziel, bessere Ganztagsinfrastruktur, bessere Inklusionsumsetzung. Und den Weg dann zu finden, der der richtige sein soll, das ist dann die nachgeordnete, aber, ich glaube, auch bewältigbare Aufgabe.
Götzke: Ja, so unwichtig ist der Weg ja tatsächlich nicht. Also, Sie sind sich ja uneinig mit den SPD-Kultusministern. Wie erklären Sie denen eigentlich Ihre Position?
Stoch: Zunächst mal muss ich sagen, innerhalb der baden-württembergischen Regierung gibt es dann natürlich auch Diskussionen hier, der Ministerpräsident Kretschmann hat insbesondere betont, und zwar unter dem Gesichtspunkt des Hochhaltens des Föderalismus’, dass er eine Grundgesetzänderung eigentlich nicht befürwortet. Ich sage Ihnen ganz offen, als Kultusminister des Landes Baden-Württemberg, für mich ist die Frage des verfassungsrechtlich richtigen Weges die nachgeordnete Frage. Ich brauche ganz dringend, um viele Entwicklungen im Bildungsbereich forcieren zu können, zusätzliche Mittel. Wir wissen, dass wir unterhalb des OECD-Durchschnitts liegen in Deutschland, was wir uns eigentlich überhaupt nicht leisten können, und deswegen ist es für mich eine drängende Aufgabe, dass wir das jetzt lösen, dass wir hier quer zur SPD-Position im Bund liegen, aber auch zur Position der Grünen im Bund. Das ist für mich, ich sage jetzt mal, keine Frage, die ganz oben steht. Für mich ist das Entscheidende, dass wir uns inzwischen - und das freut mich sehr - über die richtigen Ziele vollkommen einig sind.
Götzke: Ja, aber das ist ja nicht ganz irrelevant, der Weg. Es ist ja keineswegs so, dass Sie in Baden-Württemberg kein Geld vom Bund wollen. Sie haben es ja gerade angedeutet, der Ministerpräsident Kretschmann sagte gestern, er kämpfe für mehr Geld vom Bund zum Beispiel für Ganztagsschulen. Wie passt das denn mit dem geltenden Recht, mit dem bestehenden Kooperationsverbot zusammen, das Sie nicht abschaffen wollen?
Stoch: Zunächst mal, die eine Lösung wäre ja, eine veränderte Steuerverteilung zu machen, auf Basis zum Beispiel von Artikel 106. Das wäre jetzt die Linie, die Sie angesprochen haben, die eher von CDU/CSU befürwortet wird, und auch von Ministerpräsident Kretschmann. Und die andere Linie …
Götzke: Da geht es um die Mehrwertsteuer.
Stoch: Ja, genau. Und die andere Linie, die das Kooperationsverbot lockern möchte, die führt ja eigentlich nicht im Mund, dadurch den Föderalismus infrage zu stellen, vor allem nicht den Bildungsföderalismus infrage zu stellen. Es ist eigentlich klar formuliert worden, auch von meinem Kollegen Stephan Dorgerloh, der ja gerade im Beitrag war, dass wir natürlich nicht wollen, dass der Bund sich, wie soll ich sagen, in diese Länderkompetenz der Bildungspolitik jetzt einmischt und damit quasi Detailvorgaben machen kann. Das würde das, was im Grundgesetz als Kompetenzverteilung steht, auf den Kopf stellen. Das heißt, auch wenn ein SPD-Kultusminister oder Ministerpräsident das Wort von der Aufhebung des Kooperationsverbots oder Lockerung des Kooperationsverbots im Munde führt, dann meint er damit nicht ein Umdrehen der bisherigen Kompetenzzuteilung, sondern dann heißt es lediglich, dass wir natürlich mit dem Bund gemeinsam dann festlegen müssen, wofür werden Gelder verwendet. Aber wie das die Länder dann gestalten, das muss auch nach Vorstellung aller SPD-Kollegen in der Hoheit der Länder bleiben.
Götzke: Das heißt, Sie wollen Geld, mehr Geld, aber keine Macht abgeben?
Stoch: Sagen wir mal so, der Bund weiß, dass es eine Aufgabe unserer gesamten Gesellschaft ist. Nehmen Sie das Beispiel Inklusion, da können Sie jetzt nicht sagen, die Länder sind für die Bildung zuständig und damit sind sie allein mit dem Thema Inklusion, im Bildungsbereich allein gelassen. Das wird der Bund nicht sagen, das habe ich von Frau Merkel und von Frau Wanka so auch noch nie gehört und deswegen bin ich sehr zuversichtlich, dass da jetzt nicht der Bund klebrige Finger kriegt und quasi dann über den Weg der Finanzierung Kompetenzen an sich ziehen möchte. Ich glaube, sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene ist klar, wie die Kompetenzverteilung ist, und es ist aber auch beiden Seiten klar, dass wir hier erhebliche zusätzliche Mittel brauchen, um die Aufgaben - und zwar zugunsten beider Ebenen - gut zu bewältigen.
Götzke: Letztlich ist es ja so, wir sprechen ja über Strukturfragen, Finanzierungsfragen, die vielen Bürgern letztlich völlig egal sind, die wollen, dass die Schulen, die Hochschulen genug Geld haben, um ihren Job gut machen zu können. Wie vermitteln wir Sie es denn Ihren Lehrern, den Eltern, dass sie bei diesem Thema nicht so wirklich weiterkommen?
Stoch: Ich glaube, das ist jetzt eine gute Gelegenheit, in Berlin, in den Koalitionsverhandlungen gerade in diesem Punkt weiterzukommen, dass wir hier keine Frontstellung dann mehr haben, der Bund, die Bundesregierung will das eine und zum Beispiel ein anders dominierter Bundesrat möchte das andere. Ich glaube, jetzt besteht die große Möglichkeit, dass man hier eine sehr praktikable, pragmatische Lösung findet. Den Lehrerinnen und Lehrern, aber auch den Eltern und Schülern ist es letztlich - Sie sagen es vollkommen richtig, ist es letztlich egal. Aber dass wir gemeinsam inzwischen anerkannt haben, dass wir für den Bildungsbereich - und das freut mich auch sehr, das im Rahmen der Koalitionsverhandlungen das so deutlich an prominenter Stelle immer wieder genannt zu hören -, dass wir hier deutlich mehr Geld brauchen, um bessere Qualität zu gewährleisten. Bei diesen zurückgehenden Schülerzahlen, wir können es uns nicht leisten, nur einen jungen Menschen in diesem Land nicht optimal und auch individuell zu fördern! Deswegen ist es für mich eigentlich im Moment eine sehr gute Ausgangsposition, wie wir dieses Problem - und zwar im Sinne der Schülerinnen und Schüler - lösen können.
Götzke: Herr Stoch, mittlerweile ist völlig unumstritten, dass wir in Deutschland mehr Ganztagsschulen brauchen. Auch Sie setzen sich ja dafür ein. Gleichzeitig wollen Sie bis 2020 mehr als 11.000 Lehrerstellen streichen. Wer soll die Kinder dann am Nachmittag unterrichten? Der Hausmeister?
Stoch: Ganz sicher nicht, aber ein netter Versuch! Wir haben einen extremen Schülerrückgang, bereits seit einigen Jahren. Wir haben in den letzten Jahren die Lehrerstellen vollkommen im System gelassen, um eben Qualitätsverbesserungen zu erreichen. Aber wir werden eben, bezogen auf die nächsten zehn bis 15 Jahre, nochmals gut 20 bis 25 Prozent weniger Schüler haben. Und Sie können, egal, in welchem Unternehmen Sie sind, aber eben auch in der Schulverwaltung, Sie können bei zurückgehenden Schülerzahlen nicht sagen, ich lasse die Kosten aber da oben, wo sie immer sind. Wir haben in Baden-Württemberg eine schwierige Haushaltslage, wir haben eine hohe Verschuldung und auch ein strukturelles Defizit. Und dass hier auch der Personalkostenbereich ins Auge genommen wird, gerade bei sinkenden Schülerzahlen, das ist klar. Aber ich als Kultusminister sage an der Stelle immer ganz deutlich: Diese Zahl von 11.600, die ist dann unrealistisch, wenn wir merken, dass es zulasten der Qualität geht. Und deswegen werde ich jedes Jahr mit den Abgeordneten im Landtag - die haben nämlich die Haushaltshoheit - darum ringen, dass wir genügend Mittel für die Bildung aufwenden, und eben nur so viel Stellen abbauen, die es uns gewährleisten, dass wir ein sehr gutes Bildungssystem aufrechterhalten können.
Götzke: Sagt Andreas Stoch, Kultusminister von Baden-Württemberg. Vielen Dank für das Gespräch!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Differenzen, die dürfte es also vor allem beim Kooperationsverbot geben in den Koalitionsverhandlungen. Ich fasse noch mal kurz zusammen: CDU will das Verbot einschränken, SPD will es komplett abschaffen, auch im Schulbereich. Wobei, ein rot-grün oder grün-rot regiertes Land verhält sich beim Thema Kooperationsverbot ganz in der Tradition der langjährigen CDU-Vorgängerregierung: Baden-Württemberg. Dessen Kultusminister Andreas Stoch ist von der SPD und jetzt am Telefon, guten Tag, Herr Stoch!
Andreas Stoch: "Ich grüße Sie!
Götzke: Herr Stoch, haben die Unionskultusminister eigentlich schon mal persönlich bei Ihnen Danke gesagt?
Stoch: Die haben nicht persönlich Danke gesagt, aber die haben insoweit, was aus der Kultusministerkonferenz gute Tradition ist, natürlich mit uns sehr konstruktiv diskutiert, weil alle sich im Ziel einig sind. Und ich glaube, wenn man sich mal im Ziel einig ist, dann ist schon mal ganz, ganz viel gewonnen. Das Ziel, bessere Ganztagsinfrastruktur, bessere Inklusionsumsetzung. Und den Weg dann zu finden, der der richtige sein soll, das ist dann die nachgeordnete, aber, ich glaube, auch bewältigbare Aufgabe.
Götzke: Ja, so unwichtig ist der Weg ja tatsächlich nicht. Also, Sie sind sich ja uneinig mit den SPD-Kultusministern. Wie erklären Sie denen eigentlich Ihre Position?
Stoch: Zunächst mal muss ich sagen, innerhalb der baden-württembergischen Regierung gibt es dann natürlich auch Diskussionen hier, der Ministerpräsident Kretschmann hat insbesondere betont, und zwar unter dem Gesichtspunkt des Hochhaltens des Föderalismus’, dass er eine Grundgesetzänderung eigentlich nicht befürwortet. Ich sage Ihnen ganz offen, als Kultusminister des Landes Baden-Württemberg, für mich ist die Frage des verfassungsrechtlich richtigen Weges die nachgeordnete Frage. Ich brauche ganz dringend, um viele Entwicklungen im Bildungsbereich forcieren zu können, zusätzliche Mittel. Wir wissen, dass wir unterhalb des OECD-Durchschnitts liegen in Deutschland, was wir uns eigentlich überhaupt nicht leisten können, und deswegen ist es für mich eine drängende Aufgabe, dass wir das jetzt lösen, dass wir hier quer zur SPD-Position im Bund liegen, aber auch zur Position der Grünen im Bund. Das ist für mich, ich sage jetzt mal, keine Frage, die ganz oben steht. Für mich ist das Entscheidende, dass wir uns inzwischen - und das freut mich sehr - über die richtigen Ziele vollkommen einig sind.
Götzke: Ja, aber das ist ja nicht ganz irrelevant, der Weg. Es ist ja keineswegs so, dass Sie in Baden-Württemberg kein Geld vom Bund wollen. Sie haben es ja gerade angedeutet, der Ministerpräsident Kretschmann sagte gestern, er kämpfe für mehr Geld vom Bund zum Beispiel für Ganztagsschulen. Wie passt das denn mit dem geltenden Recht, mit dem bestehenden Kooperationsverbot zusammen, das Sie nicht abschaffen wollen?
Stoch: Zunächst mal, die eine Lösung wäre ja, eine veränderte Steuerverteilung zu machen, auf Basis zum Beispiel von Artikel 106. Das wäre jetzt die Linie, die Sie angesprochen haben, die eher von CDU/CSU befürwortet wird, und auch von Ministerpräsident Kretschmann. Und die andere Linie …
Götzke: Da geht es um die Mehrwertsteuer.
Stoch: Ja, genau. Und die andere Linie, die das Kooperationsverbot lockern möchte, die führt ja eigentlich nicht im Mund, dadurch den Föderalismus infrage zu stellen, vor allem nicht den Bildungsföderalismus infrage zu stellen. Es ist eigentlich klar formuliert worden, auch von meinem Kollegen Stephan Dorgerloh, der ja gerade im Beitrag war, dass wir natürlich nicht wollen, dass der Bund sich, wie soll ich sagen, in diese Länderkompetenz der Bildungspolitik jetzt einmischt und damit quasi Detailvorgaben machen kann. Das würde das, was im Grundgesetz als Kompetenzverteilung steht, auf den Kopf stellen. Das heißt, auch wenn ein SPD-Kultusminister oder Ministerpräsident das Wort von der Aufhebung des Kooperationsverbots oder Lockerung des Kooperationsverbots im Munde führt, dann meint er damit nicht ein Umdrehen der bisherigen Kompetenzzuteilung, sondern dann heißt es lediglich, dass wir natürlich mit dem Bund gemeinsam dann festlegen müssen, wofür werden Gelder verwendet. Aber wie das die Länder dann gestalten, das muss auch nach Vorstellung aller SPD-Kollegen in der Hoheit der Länder bleiben.
Götzke: Das heißt, Sie wollen Geld, mehr Geld, aber keine Macht abgeben?
Stoch: Sagen wir mal so, der Bund weiß, dass es eine Aufgabe unserer gesamten Gesellschaft ist. Nehmen Sie das Beispiel Inklusion, da können Sie jetzt nicht sagen, die Länder sind für die Bildung zuständig und damit sind sie allein mit dem Thema Inklusion, im Bildungsbereich allein gelassen. Das wird der Bund nicht sagen, das habe ich von Frau Merkel und von Frau Wanka so auch noch nie gehört und deswegen bin ich sehr zuversichtlich, dass da jetzt nicht der Bund klebrige Finger kriegt und quasi dann über den Weg der Finanzierung Kompetenzen an sich ziehen möchte. Ich glaube, sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene ist klar, wie die Kompetenzverteilung ist, und es ist aber auch beiden Seiten klar, dass wir hier erhebliche zusätzliche Mittel brauchen, um die Aufgaben - und zwar zugunsten beider Ebenen - gut zu bewältigen.
Götzke: Letztlich ist es ja so, wir sprechen ja über Strukturfragen, Finanzierungsfragen, die vielen Bürgern letztlich völlig egal sind, die wollen, dass die Schulen, die Hochschulen genug Geld haben, um ihren Job gut machen zu können. Wie vermitteln wir Sie es denn Ihren Lehrern, den Eltern, dass sie bei diesem Thema nicht so wirklich weiterkommen?
Stoch: Ich glaube, das ist jetzt eine gute Gelegenheit, in Berlin, in den Koalitionsverhandlungen gerade in diesem Punkt weiterzukommen, dass wir hier keine Frontstellung dann mehr haben, der Bund, die Bundesregierung will das eine und zum Beispiel ein anders dominierter Bundesrat möchte das andere. Ich glaube, jetzt besteht die große Möglichkeit, dass man hier eine sehr praktikable, pragmatische Lösung findet. Den Lehrerinnen und Lehrern, aber auch den Eltern und Schülern ist es letztlich - Sie sagen es vollkommen richtig, ist es letztlich egal. Aber dass wir gemeinsam inzwischen anerkannt haben, dass wir für den Bildungsbereich - und das freut mich auch sehr, das im Rahmen der Koalitionsverhandlungen das so deutlich an prominenter Stelle immer wieder genannt zu hören -, dass wir hier deutlich mehr Geld brauchen, um bessere Qualität zu gewährleisten. Bei diesen zurückgehenden Schülerzahlen, wir können es uns nicht leisten, nur einen jungen Menschen in diesem Land nicht optimal und auch individuell zu fördern! Deswegen ist es für mich eigentlich im Moment eine sehr gute Ausgangsposition, wie wir dieses Problem - und zwar im Sinne der Schülerinnen und Schüler - lösen können.
Götzke: Herr Stoch, mittlerweile ist völlig unumstritten, dass wir in Deutschland mehr Ganztagsschulen brauchen. Auch Sie setzen sich ja dafür ein. Gleichzeitig wollen Sie bis 2020 mehr als 11.000 Lehrerstellen streichen. Wer soll die Kinder dann am Nachmittag unterrichten? Der Hausmeister?
Stoch: Ganz sicher nicht, aber ein netter Versuch! Wir haben einen extremen Schülerrückgang, bereits seit einigen Jahren. Wir haben in den letzten Jahren die Lehrerstellen vollkommen im System gelassen, um eben Qualitätsverbesserungen zu erreichen. Aber wir werden eben, bezogen auf die nächsten zehn bis 15 Jahre, nochmals gut 20 bis 25 Prozent weniger Schüler haben. Und Sie können, egal, in welchem Unternehmen Sie sind, aber eben auch in der Schulverwaltung, Sie können bei zurückgehenden Schülerzahlen nicht sagen, ich lasse die Kosten aber da oben, wo sie immer sind. Wir haben in Baden-Württemberg eine schwierige Haushaltslage, wir haben eine hohe Verschuldung und auch ein strukturelles Defizit. Und dass hier auch der Personalkostenbereich ins Auge genommen wird, gerade bei sinkenden Schülerzahlen, das ist klar. Aber ich als Kultusminister sage an der Stelle immer ganz deutlich: Diese Zahl von 11.600, die ist dann unrealistisch, wenn wir merken, dass es zulasten der Qualität geht. Und deswegen werde ich jedes Jahr mit den Abgeordneten im Landtag - die haben nämlich die Haushaltshoheit - darum ringen, dass wir genügend Mittel für die Bildung aufwenden, und eben nur so viel Stellen abbauen, die es uns gewährleisten, dass wir ein sehr gutes Bildungssystem aufrechterhalten können.
Götzke: Sagt Andreas Stoch, Kultusminister von Baden-Württemberg. Vielen Dank für das Gespräch!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.