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Mehr Gesamtschulen für Niedersachsen

Nach dem knappen rot-grünen Wahlsieg in Niedersachsen haben in Hannover die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grüne begonnen. In Sachen Bildungspolitik waren sich beide Parteien schon im Wahlkampf ziemlich einig: Im Bildungssektor soll es gerechter zugehen.

Von Susanne Schrammar |
    Vor gut einem Jahr war der Landkreis Northeim noch vor dem niedersächsischen Oberverwaltungsgericht gescheitert: Die Kommune wollte in der Stadt Einbeck eine integrierte Gesamtschule errichten, konnte jedoch die Anforderung im Schulgesetz nicht erfüllen: Die bisherige schwarz-gelbe Landesregierung hatte festgelegt, dass eine Gesamtschule nur gegründet werden darf, wenn es absehbar zehn Jahre lang mindestens fünf Parallelklassen in einem Jahrgang geben wird. Eine zu hohe Hürde für den Landkreis, der vergeblich dagegen klagte. Jetzt können sich die Einbecker und viele Elterninitiativen, die vor allem in ländlichen Regionen für mehr Gesamtschulen in Niedersachsen kämpfen, Hoffnung machen:

    "Wir werden eine Diskriminierung von Gesamtschulen beenden. Das Gebot der Fünfzigkeit wird entfallen. Dort, wo es pädagogisch vertretbar ist, wo der Elternwille vor Ort das will und auch der kommunale Schulträger, wollen wir Gesamtschulen möglich machen."

    Was Stephan Weil, der künftige SPD-Ministerpräsident in Niedersachsen, im Wahlkampf angekündigt hat, wird als Ziel in den Koalitionsvertrag, der in diesen Tagen von den Parteien verhandelt wird, aufgenommen. SPD und Grüne wollen auch vier- und in Ausnahmen sogar dreizügige Gesamtschulen erlauben. Als Kampfansage gegen Gymnasien oder die von CDU und FDP eingeführten Oberschulen will der künftige niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, SPD, dies jedoch nicht verstanden wissen.

    "Wir wollen keinen neuen Schulstreit in Niedersachsen, sondern wir wollen, dass diejenigen Lösungen, die tatsächlich regional nachgefragt sind, dass die auch gewählt werden können und realisiert werden können."

    Unter der neuen rot-grünen Landesregierung soll es in Niedersachsen auch eine Abkehr von Turboabi geben – zumindest an den Gesamtschulen. Dort wird es künftig wieder möglich sein, das Abitur erst im 13. Schuljahr abzulegen. Ob auch den Gymnasien künftig ein Wahlrecht zwischen G8 und G9 eingeräumt wird und wie der Stress für Schüler – etwa durch Entschlackung der Lehrpläne - reduziert werden kann, darüber soll zunächst mit allen Beteiligten ergebnisoffen diskutiert werden.

    "Dieses Thema werden wir sehr sorgfältig insbesondere mit den Schulen besprechen, weil ich mir sehr wohl bewusst bin, wie groß der Aufwand gewesen ist und die Anstrengung, um diesen Systemwechsel vorzunehmen. Wir wollen die hohe Wertschätzung, die wir für Schulleitungen haben, auch dadurch zum Ausdruck bringen, dass wir jetzt nicht sie in ein Wechselbad stürzen, sondern wir wollen in Ruhe über vernünftige Lösungen reden."

    Keine Diskussion gibt es hingegen bei den Studiengebühren, die will Rot-Grün, wie vor der Wahl versprochen, in Niedersachsen abschaffen. Allerdings nicht sofort, aber spätestens zum Wintersemester 2014/2015. Jan Haude, Landesvorsitzender der Grünen kündigte an, das Land werden den Hochschulen den Einnahmeausfall – rund 100 Millionen jährlich – kompensieren.

    "Wir werden die Hochschulen mindestens genauso gut ausstatten, wie sie es aktuell sind. Wir wollen, dass die Studierenden weiterhin auch Einfluss haben, wie das Geld eingesetzt wird und wir wollen auch die Fachhochschulen stärken, vor allem das Studienplatzangebot dort optimieren. Auch gerade in dem Bereich, wo wir grad Mangel haben – im Bereich Erziehung und Gesundheitswesen, um dort eben auch die entsprechenden Angebote sicher zu stellen."

    Auch das Ganztagsschulangebot und die Krippenplätze will die künftige Landesregierung ausbauen, darauf hat sich Rot-Grün in den Koalitionsverhandlungen, die voraussichtlich am 10. Februar abgeschlossen werden, verständigt. Wer künftig das Kultus- und das Wissenschaftsministerium in Niedersachsen führen wird, darüber wollen die Vertreter der Parteien erst am Ende der Gespräche entscheiden. Im Gespräch für das Kultusressort sind Frauke Heiligenstadt von der SPD und Ina Korter von den Grünen. Als künftige Wissenschaftsministerin werden unter anderen die Sozialdemokratin Gabriele Andretta und die Grüne Gabriele Heinen-Klajic gehandelt.