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Mehr Hitze, mehr Sturm und mehr Hochwasser

Im Vergleich zu Amerika bleibt Europa von Hurrikan-Katastrophen noch relativ verschont. Bundesinstitutionen und -behörden stellen nun ihre Forschungsergebnisse zu den Folgen der Klimaerwärmung für Deutschland vor.

Von Dieter Nürnberger | 30.10.2012
    Eines vorneweg, der heutige Termin hier in Berlin stand schon länger fest – hat aber natürlich durch die aktuellen Ereignisse an der Ostküste der USA eine neue Brisanz bekommen. Ist Hurrikan Sandy auch schon ein Vorbote des Klimawandels? Die Antwort fällt allerdings sehr zurückhaltend aus. Paul Becker ist der Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes:

    "Man könnte dies sicherlich vermuten, aber es gibt auch sehr viele Argumente, die dagegen sprechen. Ich würde es im Moment noch nicht dem Klimawandel zuordnen wollen. Allein schon die Frage: Wie beobachten wir Hurrikans? Die Technologie der Hurrikanbeobachtung hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert. Da haben wir viel mehr Möglichkeiten als vorher. Insofern muss man vorsichtig sein."

    Aber klar sei auch, extreme Wetterereignisse stellen unsere Gesellschaft schon heute immer wieder vor große Herausforderungen. In Berlin unterzeichneten am Vormittag Akteure wie der Deutsche Wetterdienst, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, das Umweltbundesamt und zum Beispiel auch das Technische Hilfswerk ein Kooperationsabkommen. Ziel ist es, sich künftig auf Extremwetterlagen besser und kooperativer einstellen zu können. Paul Becker vom Deutschen Wetterdienst über eine neue Studie seines Hauses über die Prognosen für Deutschland hinsichtlich des Klimawandels, woraus hervorgeht, dass die Extremwetterlagen wie Hitzeperioden oder auch Starkregenereignisse deutlich zunehmen werden.

    "Das ist das Besondere, was wir vorher so nicht wussten. Bei heißen Tagen um die 30 Grad Celsius, da haben wir eine Verdopplung der Vorkommnisse bis zum Jahr 2100 schon gesehen. Nehmen wir das Beispiel Mannheim: Tage mit einer Temperatur von 39 Grad - bislang ist so etwas alle 25 Jahre aufgetreten. 2100 werden wir das aber wahrscheinlich rund vier Mal im Jahr haben. Dass diese Steigerungen vor allem im extremen Temperaturbereichen so verstärkt zunehmen, das haben wir herausgefunden."

    Da müsse man also vorbereitet sein. Natürlich haben die Akteure stets auch in Deutschland zusammengearbeitet, aber durch eine engere Kooperation soll sich an diese Extremwetterperioden besser angepasst werden können. Christoph Unger, der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe:

    "Wir müssen neue Strategien entwickeln, wir müssen neue Szenarien auch üben. Das Thema Evakuierung spielt ja aktuell auch in New York eine Rolle. Können wir das auch so wie Amerikaner? Hamburg hat so etwas ja stets geübt – nach den Erfahrungen von 1962. Auch die Niederlande haben vor einigen Jahren eine recht große Übung gemacht. Die Annahme war hier, dass ein großer Teil des Staatsgebiets evakuiert werden müsste. Der Klimawandel bedeutet ja auch einen Anstieg des Meeresspiegels. Tritt dann auch noch eine Sturmflut auf, dann müssten Hunderttausende oder sogar Millionen von Menschen evakuiert werden. Auch solche Szenarien sind denkbar, darauf müssen wir uns vorbereiten. Auch die Erfahrungen in Fukushima haben uns gezeigt, dass wir hier dran arbeiten müssen."

    Der Klimawandel sei vor allem auf den Menschen zurückzuführen, sagt beispielsweise der Deutsche Wetterdienst. Gerade um diese Aussage hat es aber immer wieder Streit gegeben, erst kürzlich traten ja Wissenschafter aus einem Forschungsprojekt der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften aus. Der Deutsche Wetterdienst setzt sich somit stärker als andere für Maßnahmen ein, die auch weiterhin die Ursachen des Klimawandels bekämpfen. Eine Einbehaltung des Zwei-Grad-Ziels beispielsweise, eine weitere Reduzierung der CO2-Emissionen – das sind teure, aber auch effiziente Maßnahmen.