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Mehr umweltverträglichkeit durch Autolib

Vor gut zweieinhalb Jahren hat die Stadt Paris ein Verleihsystem für Fahrräder eingeführt: 20.000 Räder bieten den Bewohnern und Besuchern der französischen Hauptstadt eine Alternative zum Auto. Nun will Paris eine zweite Alternative schaffen: emissionsfreie Elektro-Autos. Autolib’ heißt dieses neue System, das jedoch auf harsche Kritik stößt.

Von Lisa Louis |
    Die Autos stehen dicht an dicht. Ein Kilometer Fahrt kann hier schon mal fünf bis zehn Minuten dauern. Das ist Alltag im Zentrum von Paris, der Stadt mit einer der höchsten Bevölkerungsdichte in Europa. Um das Verkehrsaufkommen und den damit einhergehenden CO²-Ausstoß unter Kontrolle zu bekommen, will die Metropole nun das sogenannte "Autolib’"-System einführen: 3000 elektrische Autos sollen ab September 2011 zum Verleih bereitstehen - und zwar an rund 1000 Aufladestationen in und um Paris. Fahrer könnten so ihr Elektroauto an einer Station abholen und an einer beliebigen Anderen wieder abgeben. Pro Monat soll das Abonnement rund 15 Euro kosten, eine halbe Stunde Fahrt würde fünf Euro kosten. Doch das Projekt ist umstritten. Die Grünen bezweifeln, dass mit Autolib’ das Verkehrsaufkommen in Paris sinken wird. Jean-Pierre Girault ist Abgeordneter der Partei im Regionalparlament der Hauptstadt.

    "Die Leihfahrräder im Velib’-System werden zweimal am Tag mit Lastwagen von weniger zu stark frequentierten Stationen gebracht. Die Elektroautos könnten schlecht mit Lastwagen transportiert werden. Deshalb müsste man zusätzliche Fahrer einsetzen, die die Verteilung der Autos auf die Stationen regulieren. Das würde letztlich dazu führen, dass mehr anstelle von weniger Strecken gefahren werden."
    Bevor es soweit kommt, muss das Projekt jedoch erst einmal umgesetzt werden. Und dieser Termin wurde schon um zwei Jahre verschoben. Dabei gibt es mehrere Kritikpunkte an der Konzeption von Autolib’. Zum Beispiel ist zurzeit kein Automobilhersteller in der Lage, kurzfristig 3000 Elektroautos zu produzieren. Dieser Kritik hält Giuseppe Prete ein graduelles Vorgehen entgegen. Er ist geschäftsführender Direktor der Parkplatzfirma Interparking in Frankreich, die eine der sechs Kandidaten für das Autolib’-Projekt ist.

    "Für das erste Jahr streben wir 500 Elektroautos an, im zweiten Jahr dürften schon 2000 bereitstehen. Und im dritten Jahr können wir dann auf 4000 Fahrzeuge erhöhen. Zu dem Zeitpunkt werden die Automobilhersteller auch über das nötige Know-How verfügen, um so viele Elektroautos zu produzieren. Aber es ist klar, dass sich der Markt im Moment in einer Übergangsphase befindet."

    In Frage steht auch die Rentabilität von Autolib’. Als Beispiel kann dabei La Rochelle an der Atlantikküste dienen. Die Stadt hat ein vergleichbares System schon im Jahr 1999 eingeführt, allerdings mit lediglich 50 Elektroautos. Das macht seitdem stets Verluste, die jedoch von der Stadt getragen werden. Laut Giuseppe Prete sollte auch Paris sein Ausleihsystem finanziell fördern.

    "Wir müssen zumindest die Rentabilitätsschwelle erreichen – sonst hat das alles keinen Sinn. Und am Anfang wird Autolib’ sehr wahrscheinlich Verluste machen. Deswegen werden wir zunächst auf öffentliche Subventionen zurückgreifen müssen. Mit einem Überschuss rechne ich erst nach drei Jahren."

    Doch finanzielle Unterstützung verspricht die öffentliche Hand lediglich für die Anfangsinvestitionen: Ein Viertel der 200 Millionen Euro will sie übernehmen. Danach soll es keine öffentlichen Zuschüsse mehr geben, sagt Pierre Avril, Vize-Präsident des Organisationsgremiums von Autolib’.

    Schließlich biete man dem Auftragnehmer schon ein Sprungbrett in den Elektroauto-Sektor.

    "Der Staat sichert dem Betreiber einen Markt, der immerhin fünf, sechs Millionen potenzielle Kunden umfasst."

    Welcher der sechs Kandidaten diesen Markt bedienen darf, will das Autolib-Komitee Mitte des Jahres entscheiden.