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Mein Klassiker
"Sie wurden gezielt in Armut gehalten"

Der Liedermacher, Kabarettist und Autor Marc-Uwe Kling befasst sich in seinen Texten und Liedern mit politischen Themen. Auch sein Klassiker ist ein sozialkritischer Song: "Sixteen Tons" beschreibt, wie Schulden zu Lohnsklaverei führen - immer noch hochaktuell. Der Country-Sänger Tennessee Ernie Ford landete damit 1955 einen Millionenhit.

Aufgezeichnet von Elmar Krämer |
    Marc-Uwe Kling, deutscher Liedermacher, Kabarettist und Autor, bei einem Auftritt in Mainz
    Marc-Uwe Kling, deutscher Liedermacher, Kabarettist und Autor (picture alliance / dpa / Erwin Elsner)
    Mein Name ist Marc-Uwe Kling und mein Klassiker ist "Sixteen Tons" in der Version von Tennessee Ernie Ford.
    Ich interessiere mich berufsbedingt für sozialkritische Lieder und eines der Schönsten und Ergreifendsten ist dieses. Ich bin drüber gestolpert, weil Tom Waits es irgendwo empfohlen hat als eines seiner Lieblingslieder, und es ist geschrieben von einem relativ unbekannten Songwriter, dessen Vater und Bruder tatsächlich in den Kohleminen gearbeitet haben. Und zum Beispiel die Eingangszeile "You load sixteen tons, what do you get? Another day older and deeper in debt", angeblich hat ihm das sein Bruder mal als Brief geschrieben und das hat er als erste Zeile genommen. Und ein Satz, den sein Vater immer wieder gebracht hat, "I owe my soul to the company store", das ist ja ein Teil des Refrains geworden.
    Durch Schulden in die Leibeigenschaft getrieben
    Und zwar war das so, dass die Arbeiter kein Geld gekriegt haben, sondern nur Gutscheine von ihrer Company. Mit diesen Gutscheinen konnten sie nur im Company Store einkaufen. Sie wurden gezielt in Armut gehalten und das ist erst durch massive Streiks der Gewerkschaften beendet worden. Das war so eine Art Leibeigenschaft, deswegen singt der auch immer, "I owe my soul."
    Und es gibt dieses charakteristische Schnipsen. Der Legende nach, hat er das einfach gemacht, weil er wollte, dass die Band schneller spielt, deswegen hat er das Tempo vorgegeben und das sollte eigentlich wieder rausfliegen und der Produzent hat vergessen, das rauszunehmen, und das treibt das Lied sehr nach vorne.
    Weichgespült bei Freddy Quinn
    Es gibt unfassbar viele Coverversionen von dem Lied, also von Elvis über Johnny Cash und ich glaub Stevie Wonder haben das alle gecovert. Es gibt eine sehr schräge, wie ich finde, Coverversion von Freddy Quinn, mit völlig anderem Text:
    "Es gab so viele Schiffe, so schön und groß, die Mary-Ann aber ließ ihn nicht los."
    Das ist nur schräg, finde ich.
    Gerade in der Version von diesem Tennessee Ernie Ford. Der hat eine enorme Stimme, eine ganz tolle Präsenz und er hat dieses Tremolo. Gerade auch am Schluss, wie er aus dem Lied rausgeht und nun, er trägt ja das Lied fast nur mit seiner Stimme. Das ist ja total sparsam instrumentiert und diese alte Version, die "Mmmm", die rutscht da einfach so durch.