Silvia Engels: Vielen galt sie als Aushängeschild der Piraten-Partei und als neuer Typus des Politikers – Marina Weisband, Geschäftsführerin der Piraten-Partei und eine derjenigen, die für das Konzept des offenen Politikers geworben hat, also für Politiker und Politikerinnen, die viel und ständig auch über die neuen Medien im Austausch mit der Basis stehen. Nun hat Marina Weisband aber angekündigt, nicht mehr als Geschäftsführerin für ihre Partei kandidieren zu wollen. Sie ist nun am Telefon. Guten Tag, Frau Weisband!
Marina Weisband: Schönen guten Tag!
Engels: Warum wollen Sie denn nicht mehr?
Weisband: Ich will noch und ich werde auch. Ich gehe erst mal nirgendwo hin. Ich bin drei Monate noch voll im Amt und danach werde ich auch weitermachen. Das Einzige, was ich halt los werde, ist die Verwaltungsarbeit, die mit dem Vorstandsamt zu tun hat. Wir sind ja eine basisdemokratische Partei. Das heißt, meine Politik kann ich auch ohne Amt weitermachen. Aber ich werde halt die verwaltungstechnischen Aufgaben jemand anderem überlassen, damit ich mein Diplom machen kann.
Engels: Wollen Sie denn nach Abschluss Ihrer Prüfungen wieder voll einsteigen? Geht das dann überhaupt, oder macht das dann schon jemand anders?
Weisband: Na ja, erst mal das nächste Jahr über wird dann jemand anders im Vorstand sitzen. Aber wir wählen unsere Vorstände ja jedes Jahr neu. Das heißt, da sind mir noch alle Wege offen. Das Wichtige ist halt erst mal, dass ich meine Prüfungen mache und dass ich mit Berufsqualifikation dastehe.
Engels: Nun sind Sie aber auch ein Gesicht der Piraten-Partei in den letzten Wochen und Monaten geworden. Ist das nicht auch ein Schaden für Ihre Partei, wenn Sie jetzt schon wieder im Hintergrund stehen?
Weisband: Na ja, ich bin ja nur ein Gesicht, weil die Medien mit mir sprechen, und es ist die Entscheidung jedes einzelnen Journalisten, ob er mich nicht mehr fragen will, nur weil ich keinen Amtsstempel mehr auf mir kleben habe, oder ob ihn vielleicht trotzdem interessiert, was ich zu sagen habe. Ich werde auf jeden Fall freier sprechen können, ich werde meine inhaltlichen Positionen eben mehr vertreten können innerhalb der Partei, und ich glaube außerdem nicht, dass die Piraten-Partei wirklich abhängig von mir ist. Wir waren schon bei 8,5 Prozent, bevor irgendjemand meinen Namen kannte.
Engels: Die Medien fragen Sie, das tun wir ja auch. Auf der anderen Seite hören Sie dann auch Wähler, und für Wähler ist es ja auch wichtig, eine gewisse personelle Kontinuität bei Parteien zu erfahren. Wenn Sie dort nicht mehr da sind, ist das vielleicht auch für Ihre Wähler nicht schön.
Weisband: Gerade für die personelle Kontinuität sorge ich, indem ich mir jetzt erst mal eine Auszeit nehme. Es wäre viel schlimmer, wenn ich mir diese Auszeit jetzt nicht nähme, mich verheize und mein Diplom nicht abschließe, das Studium ganz umsonst gemacht habe und später mit nichts im Leben dastehe und dann sowieso irgendwann diese politische Karriere unterbrechen muss, um irgendwie beruflich zurande zu kommen, als wenn ich jetzt direkt am Anfang meiner Karriere eine Auszeit nehme und erst mal mein Diplom beende, das nach dem überraschenden Erfolg der Partei einfach nicht mehr in meinen Zeitrahmen passte, und dann weitermache und dann aber auch konstant da bin und auch zuverlässig da bin.
Engels: Gerade Anfang der Woche war ja ein Doppelinterview des Magazins "Der Spiegel" mit Ihnen und dem Politiker Peter Altmaier nachzulesen, und dort hatten Sie noch gesagt, die Piraten in ihrer Transparenz und in ihrem Streben, ohne Perfektionsdruck an die Dinge heranzugehen, seien Pioniere. Jetzt sprechen Sie andererseits auch von Auszeit und von Verheizen. Ist das möglicherweise für Sie jetzt schon zu viel geworden?
Weisband: Nein, nicht wirklich. Ich hatte, um ehrlich zu sein, bei meiner Wahl schon nicht gedacht, dass ich länger als ein Jahr mache – ganz einfach, weil mir bewusst war, dass ich mitten im Studium stehe. Wir müssen natürlich jetzt andere Strukturen etablieren. Ich suche mir zum Beispiel gerade Assistenten, unbezahlte Assistenten, weil ich eben auch ehrenamtlich arbeite und bisher ganz alleine, wofür andere einen ganzen Stab an Assistenten haben. Wir sind einfach gewachsen und deswegen brauchen wir bessere Strukturen, die bauen wir gerade auch. Trotzdem brauche ich als Studentin und als jemand, der ganz am Anfang seines Lebens steht, jetzt erst mal eine Beendigung meines Studiums und Zeit dafür.
Engels: Gerade im Interview hatten Sie aber auch gesagt, dass Sie eben keine Referenten, so etwas in der Art nicht hätten, hätten Sie die Basis, die Sie gerade über den Kommunikationsdienst Twitter erreichen würden, und haben das eigentlich noch als Vorteil beschrieben. Funktioniert dann professionelle Politik am Ende doch nicht so einfach?
Weisband: Je nachdem, wovon man spricht. Für die politischen Ziele ist die Basis über Twitter natürlich perfekt, auch dafür, wenn ich Kleinigkeiten in Erfahrung bringen will und so weiter. Ich rede eher von verwaltungstechnischen Dingen wie zum Beispiel meiner Terminkoordination. Das kann Twitter schlecht gewährleisten. Oder E-Mails beantworten – ich kriege irgendwie 200, 300 Anfragen zu Positionen der Piraten-Partei und da brauche ich eigentlich ein Team, das auch hinter mir steht und mir hilft und das konstant arbeitet, das wir jetzt aber auch haben langsam.
Engels: Kann es das also schon aus Zeitgründen einfach nicht geben, den ja von den Piraten postulierten gläsernen Politiker, der gleichzeitig alles macht - der Themen entwickelt, der mit der Basis diskutiert, der nach außen spricht, aber der auch immer wieder offen für alles ist?
Weisband: Oh, aus Zeitgründen kann es ihn schon geben. Das Einzige, was halt sein muss, ist, dass er sich erstens auf die Politik konzentriert und dann eben nicht noch so eine gewichtige Aufgabe wie ein Diplom hat. Und das Zweite ist halt, dass die Strukturen gegeben sein müssen, und die Strukturen wachsen, aber die wachsen eben nicht so schnell, wie ich das ganz akut im Moment brauche. Das heißt, das ist natürlich ein Zukunftsprojekt, aber wir sind dabei, es eben durch Ausprobieren auch umzusetzen.
Engels: Sie sind – wir haben es angesprochen – über das Kommunikationsnetzwerk Twitter immer eng mit ihrer Basis in Kontakt. Wie groß ist die Enttäuschung, dass Sie jetzt auf das Amt verzichten, dort?
Weisband: Die Enttäuschung innerhalb der Piraten ist, glaube ich, gar nicht so groß, weil allen klar ist, dass ich erhalten bleibe und dass ich nirgendwo hingehe, dass ich weiter mitarbeiten werde. Natürlich macht man sich ein bisschen Sorgen, wie werden jetzt die Medien darauf reagieren, aber die meisten Piraten begegnen mir mit sehr großem Respekt für meine Entscheidung und drücken mir ihre Glückwünsche aus und sagen, dass es die richtige Entscheidung ist, weil es eben die langfristig einzig vernünftige ist.
Engels: Marina Weisband, Geschäftsführerin der Piraten-Partei, die vor einer dreimonatigen Auszeit steht. Vielen Dank für das Gespräch heute Mittag.
Weisband: Alles Gute! - Tschüß!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Marina Weisband: Schönen guten Tag!
Engels: Warum wollen Sie denn nicht mehr?
Weisband: Ich will noch und ich werde auch. Ich gehe erst mal nirgendwo hin. Ich bin drei Monate noch voll im Amt und danach werde ich auch weitermachen. Das Einzige, was ich halt los werde, ist die Verwaltungsarbeit, die mit dem Vorstandsamt zu tun hat. Wir sind ja eine basisdemokratische Partei. Das heißt, meine Politik kann ich auch ohne Amt weitermachen. Aber ich werde halt die verwaltungstechnischen Aufgaben jemand anderem überlassen, damit ich mein Diplom machen kann.
Engels: Wollen Sie denn nach Abschluss Ihrer Prüfungen wieder voll einsteigen? Geht das dann überhaupt, oder macht das dann schon jemand anders?
Weisband: Na ja, erst mal das nächste Jahr über wird dann jemand anders im Vorstand sitzen. Aber wir wählen unsere Vorstände ja jedes Jahr neu. Das heißt, da sind mir noch alle Wege offen. Das Wichtige ist halt erst mal, dass ich meine Prüfungen mache und dass ich mit Berufsqualifikation dastehe.
Engels: Nun sind Sie aber auch ein Gesicht der Piraten-Partei in den letzten Wochen und Monaten geworden. Ist das nicht auch ein Schaden für Ihre Partei, wenn Sie jetzt schon wieder im Hintergrund stehen?
Weisband: Na ja, ich bin ja nur ein Gesicht, weil die Medien mit mir sprechen, und es ist die Entscheidung jedes einzelnen Journalisten, ob er mich nicht mehr fragen will, nur weil ich keinen Amtsstempel mehr auf mir kleben habe, oder ob ihn vielleicht trotzdem interessiert, was ich zu sagen habe. Ich werde auf jeden Fall freier sprechen können, ich werde meine inhaltlichen Positionen eben mehr vertreten können innerhalb der Partei, und ich glaube außerdem nicht, dass die Piraten-Partei wirklich abhängig von mir ist. Wir waren schon bei 8,5 Prozent, bevor irgendjemand meinen Namen kannte.
Engels: Die Medien fragen Sie, das tun wir ja auch. Auf der anderen Seite hören Sie dann auch Wähler, und für Wähler ist es ja auch wichtig, eine gewisse personelle Kontinuität bei Parteien zu erfahren. Wenn Sie dort nicht mehr da sind, ist das vielleicht auch für Ihre Wähler nicht schön.
Weisband: Gerade für die personelle Kontinuität sorge ich, indem ich mir jetzt erst mal eine Auszeit nehme. Es wäre viel schlimmer, wenn ich mir diese Auszeit jetzt nicht nähme, mich verheize und mein Diplom nicht abschließe, das Studium ganz umsonst gemacht habe und später mit nichts im Leben dastehe und dann sowieso irgendwann diese politische Karriere unterbrechen muss, um irgendwie beruflich zurande zu kommen, als wenn ich jetzt direkt am Anfang meiner Karriere eine Auszeit nehme und erst mal mein Diplom beende, das nach dem überraschenden Erfolg der Partei einfach nicht mehr in meinen Zeitrahmen passte, und dann weitermache und dann aber auch konstant da bin und auch zuverlässig da bin.
Engels: Gerade Anfang der Woche war ja ein Doppelinterview des Magazins "Der Spiegel" mit Ihnen und dem Politiker Peter Altmaier nachzulesen, und dort hatten Sie noch gesagt, die Piraten in ihrer Transparenz und in ihrem Streben, ohne Perfektionsdruck an die Dinge heranzugehen, seien Pioniere. Jetzt sprechen Sie andererseits auch von Auszeit und von Verheizen. Ist das möglicherweise für Sie jetzt schon zu viel geworden?
Weisband: Nein, nicht wirklich. Ich hatte, um ehrlich zu sein, bei meiner Wahl schon nicht gedacht, dass ich länger als ein Jahr mache – ganz einfach, weil mir bewusst war, dass ich mitten im Studium stehe. Wir müssen natürlich jetzt andere Strukturen etablieren. Ich suche mir zum Beispiel gerade Assistenten, unbezahlte Assistenten, weil ich eben auch ehrenamtlich arbeite und bisher ganz alleine, wofür andere einen ganzen Stab an Assistenten haben. Wir sind einfach gewachsen und deswegen brauchen wir bessere Strukturen, die bauen wir gerade auch. Trotzdem brauche ich als Studentin und als jemand, der ganz am Anfang seines Lebens steht, jetzt erst mal eine Beendigung meines Studiums und Zeit dafür.
Engels: Gerade im Interview hatten Sie aber auch gesagt, dass Sie eben keine Referenten, so etwas in der Art nicht hätten, hätten Sie die Basis, die Sie gerade über den Kommunikationsdienst Twitter erreichen würden, und haben das eigentlich noch als Vorteil beschrieben. Funktioniert dann professionelle Politik am Ende doch nicht so einfach?
Weisband: Je nachdem, wovon man spricht. Für die politischen Ziele ist die Basis über Twitter natürlich perfekt, auch dafür, wenn ich Kleinigkeiten in Erfahrung bringen will und so weiter. Ich rede eher von verwaltungstechnischen Dingen wie zum Beispiel meiner Terminkoordination. Das kann Twitter schlecht gewährleisten. Oder E-Mails beantworten – ich kriege irgendwie 200, 300 Anfragen zu Positionen der Piraten-Partei und da brauche ich eigentlich ein Team, das auch hinter mir steht und mir hilft und das konstant arbeitet, das wir jetzt aber auch haben langsam.
Engels: Kann es das also schon aus Zeitgründen einfach nicht geben, den ja von den Piraten postulierten gläsernen Politiker, der gleichzeitig alles macht - der Themen entwickelt, der mit der Basis diskutiert, der nach außen spricht, aber der auch immer wieder offen für alles ist?
Weisband: Oh, aus Zeitgründen kann es ihn schon geben. Das Einzige, was halt sein muss, ist, dass er sich erstens auf die Politik konzentriert und dann eben nicht noch so eine gewichtige Aufgabe wie ein Diplom hat. Und das Zweite ist halt, dass die Strukturen gegeben sein müssen, und die Strukturen wachsen, aber die wachsen eben nicht so schnell, wie ich das ganz akut im Moment brauche. Das heißt, das ist natürlich ein Zukunftsprojekt, aber wir sind dabei, es eben durch Ausprobieren auch umzusetzen.
Engels: Sie sind – wir haben es angesprochen – über das Kommunikationsnetzwerk Twitter immer eng mit ihrer Basis in Kontakt. Wie groß ist die Enttäuschung, dass Sie jetzt auf das Amt verzichten, dort?
Weisband: Die Enttäuschung innerhalb der Piraten ist, glaube ich, gar nicht so groß, weil allen klar ist, dass ich erhalten bleibe und dass ich nirgendwo hingehe, dass ich weiter mitarbeiten werde. Natürlich macht man sich ein bisschen Sorgen, wie werden jetzt die Medien darauf reagieren, aber die meisten Piraten begegnen mir mit sehr großem Respekt für meine Entscheidung und drücken mir ihre Glückwünsche aus und sagen, dass es die richtige Entscheidung ist, weil es eben die langfristig einzig vernünftige ist.
Engels: Marina Weisband, Geschäftsführerin der Piraten-Partei, die vor einer dreimonatigen Auszeit steht. Vielen Dank für das Gespräch heute Mittag.
Weisband: Alles Gute! - Tschüß!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.