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"Meine Schuld ist, dass ich abgelenkt war"

Im Januar kenterte die Costa Concordia mit 4200 Passagieren an Bord, mindestens 30 Menschen starben. Kommandant Francesco Schettino sitzt seitdem in Untersuchungshaft, weil er sich angeblich vor den Passagieren von Bord machte - verteidigte sich aber dennoch im italienischen Fernsehen.

Von Karl Hoffmann |
    13. Januar 2012 kurz vor Mitternacht. Francesco Schettino führt ein dramatisches Telefongespräch mit Gregorio De Falco dem zuständigen Kommandanten der Küstenwacht im nahen Livorno. Während sich über 4000 Menschen vom Luxusliner zu retten versuchen, steht Francesco Schettino an Land.

    "Schettino, sie haben sich vielleicht aus dem Wasser gerettet, aber jetzt bekommen Sie es mit mir zu tun. Gehen sie verdammt noch mal zurück an Bord.
    Ich bitte Sie Commandante …
    Ach hören sie auf mit ihren Bitten, machen Sie zu und gehen sie wieder an Bord. Was machen sie denn grade?
    Ich koordiniere die Hilfsmaßnahmen.
    Was koordinieren sie denn da? Gehen sie gefälligst an Bord."

    Eine jämmerliche Figur gab Schettino damals ab. Heute verteidigt er sich. Er sei ausgerutscht und in ein Rettungsboot gefallen. Ab da sei es für ihn unmöglich gewesen, De Falcos Befehl zu folgen und wieder an Bord zu gehen.

    "Ich hätte dreihundert Meter weit schwimmen müssen, den Bug umrunden und mir eine Strickleiter suchen müssen mit dem angeschalteten Handy. Stattdessen habe ich die Hubschrauber angefordert und alle zuständigen Stellen informiert."
    Bis zum Schluss habe er seine Aufgaben als Kommandant wahrgenommen, das Richtige getan, um möglichst alle Passagiere und Besatzungsmitglieder zu retten. Er trage die volle Verantwortung für die Ereignisse, aber kriminell sei er deswegen noch lange nicht. An dem tragischen Unfall, bei dem die Costa Concordia eine Klippe rammte, seien auch noch Andere beteiligt gewesen.

    "Ich hatte in diesem Moment nicht das Kommando, sondern das hatte der erste Offizier. Es war ein banaler Unfall, der fatalerweise passieren konnte, weil mehrere Personen gleichzeitig in Aktion waren. Es hat da ein grundsätzliches Missverständnis gegeben, deshalb bin ich ja auch so wütend. Es schien, als ob alle Verantwortlichen und gleichzeitig auch die Instrumente einen Blackout hatten. Meine Schuld ist, dass ich abgelenkt war."

    Das Kommando "Timone a Mano", Handsteuerung, hatte Schettino allerdings selbst gegeben und damit die Instrumente höchstpersönlich zum Blackout verdammt. Das war sein erster und schwerwiegendster Fehler, über den er im Interview aber hinweggeht. Dass er abgelenkt war, gibt er zu, dass der Grund eine attraktive Tänzerin aus der Ukraine war, mit der er vorher zu Abend gegessen hatte und die während des Unfalls auf der Brücke war, streitet Schettino ab. Ebenso, dass sie seine Geliebte war.

    "Es handelt sich eine gesellige Person, die allgemein beliebt ist, aber das bedeutet ja nicht, dass da mehr war. Sie war eine nette Gesellschaft, mit der man Spaß hatte, mehr nicht."

    Schettino sieht sich nach wie vor als Kommandant, der ein Opfer der Verkettung unglücklicher Ereignisse wurde. Und als Ehrenmann. Deswegen habe er sich entschlossen, an die Öffentlichkeit zu gehen.

    "Es ist meine moralische Pflicht der Öffentlichkeit gegenüber. Ich will damit niemanden zwingen, seine Meinung über mich zu ändern; ich respektiere, was man über mich denkt. Aber ich wünsche niemandem, dass er ein solches Drama erleben muss wie ich."

    Und das noch lange nicht zu Ende ist. Im September soll die Auswertung des Bordcomputers beendet sein, bis zum Jahresende dann die Anklageschrift stehen. Sollte Schettino schuldhaft sein Schiff verlassen und die Passagiere sich selbst überlassen haben, dann drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft. Sofern der Prozess nicht dank geschickter Anwälte verschleppt wird, bis er verjährt.
    Der Kapitän der havarierten Costa Concordia, Francesco Schettino, bei seiner Festnahme am 14. Januar
    Der Kapitän der havarierten Costa Concordia, Francesco Schettino, bei seiner Festnahme am 14. Januar (picture alliance / dpa / Enzo Russo)