Wegner und Günther-Wünsch
Klatsch im Politikteil

Die Beziehung zwischen Berlins Regierendem Bürgermeister und der Bildungssenatorin brachte Anfang Januar viele Schlagzeilen. Arno Orzessek nimmt die Berichte unter die Lupe und beobachtet viel Klatsch, Verschwörungsgedanken und ein bisschen Häme.

Eine Kolumne von Arno Orzessek |
Katharina Günther-Wünsch (CDU), Bildungssenatorin, und Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister, stehen bei einer Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhauses dicht beeinander und lachen.
Anfang des Jahres bestätigten Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) und Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) ihre Liebesbeziehung (picture alliance / dpa / Jörg Carstensen)
Markus Söders Gesichtshaar-Kampagne ist ein klarer Fall: Wir ignorieren sie einfach! Schließlich weiß man beim Deutschlandfunk Relevantes von Klatsch zu unterscheiden. Zwar hat sich der bayerische Ministerpräsident bei Antenne Bayern endlich zu seinem unerfüllten Bartwunsch bekannt, ein Selfie mit Drei-Tage-Stoppeln gepostet und vom Publikum ein Votum erbeten, was ihm laut "Spiegel" nicht nur die Titulierung „Feldkater“ einbrachte, sondern auch das Kompliment, „menschlicher“ auszusehen. Aber das wollen Sie ja alles gar nicht wissen, sonst hätten Sie nicht unseren Kein-Klatsch-Sender eingeschaltet. 

Bart nein, Beziehung ja

Vertrackter ist der Fall Kai Wegner und Kathrin Günther-Wünsch. Also die delikate Beziehung zwischen Berlins Regierendem Bürgermeister (CDU) und der Bildungssenatorin (ebenfalls CDU), eine Beziehung, in der sich Öffentlich-Politisches und Privat-Intimes paaren.
Als "Zeit Online", gerühmt für Seriosität, darüber berichtete, kommentierte das der Nutzer 'Leporello' so erbost, als hätte er in der Buchstabensuppe Söders Barthaare gefunden: „Was soll das jetzt hier bei ZON [ZEIT online]. Sowas lese ich sonst nur beim Frisör.“ Woraufhin ein/eine 'Vernissage' 'Leporello' anblaffte: „Sie haben offensichtlich die politische Dimension [...] nicht verstanden.“
Ungerührt davon unkte Nutzer 'Feigenbaum': „Irgendwie ist die Meldung so 'Gala'". Gemeint war jenes People-Magazin, das die gehobene Medien-Kundschaft nur in Frisör-Salons zur Hand nimmt – und auch dann nur ein bisschen genant, wie Sie vielleicht bestätigen können. Indessen bleibt die Gefühlszeitschrift "Gala" meistens über jener Gürtellinie, die die Bild gerne unterschreitet.
So auch in der Causa Wegner und Günther-Wünsch. Das Springer-Blatt reflektierte das politisch Anstößige wollüstig auf Matratzen-Niveau und fragte: „Glühten […] die Laken bereits, als Frau Günther-Wünsch zur Senatorin berufen wurde?“
Portraitaitfoto des Autors Arno Orzessek
@mediasres-Kolumnist Arno Orzessek (Erik Zimmermann)

Verschwörungstheorien bis Häme

Sinnlich sensibler: die "Tageszeitung". Dort übernahm der Autor Hanno Fleckenstein mit spitzen Fingern die Bild-Formulierung „das süßeste Kuschel-Thema von Berlin", um dann zu jammern, dass medienauf, medienab Kuscheln das Thema sei, nicht aber die „Nacht der Repression.“ Selbige hatte Bürgermeister Wegner angekündigt, falls in Berlin an Silvester wieder Gewaltexzesse drohen würden wie im letzten Jahr. Es kam dann weniger schlimm.
Kein Grund zur Freude für Fleckenstein, der Berlin offenbar brennend liebt. Er behauptete, dem Regierenden käme die Omnipräsenz des Kuschelns sehr recht, denn so könne „der liebestolle Bürgermeister“ auch künftig „seine reaktionäre Sicherheitspolitik fortführen.“ Wenn das keine Verschwörungstheorie ist, geschätzte "Taz". Doch zurück zur Liebe selbst.
Carsten Schatz von der Berliner Links-Fraktion sagte der Deutschen Presse Agentur: Die Liebenden müssten klarmachen, „wie konkret Berufliches und Privates getrennt werden sollen“. Ach, lieber Schatz, das ist unmöglich! Deshalb ist es doch Liebe. Und deshalb rät Claudius Seidl in der "FAZ" voller Überzeugung von Beziehungen am Arbeitsplatz ab: „Man glaubt sich der Freiheit näher. Und holt doch nur das Büro ins Bett.“
Weil man aber oft erst hinterher klüger ist, wünschen wir Kai Wegner und Kathrin Günther-Wünsch mit den Worten eines Kommentars auf RBB24: „Viel Erfolg bei der Wohnungssuche.“