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Meinungsfreiheit in Ägypten
Verlage und Schriftsteller unter Druck

Schikane, Razzien, Festnahmen: Auch sieben Jahre nach dem Rücktritt von Diktator Mubarak leiden Ägyptens Schriftsteller unter staatlicher Gewalt. Bestseller-Autor Alaa Al-Aswani musste seinen neuen Roman im Libanon publizieren - seinen ägyptischen Verleger verließ der Mut.

Von Cornelia Wegerhoff |
    Zu sehen ist Herr Alaa al Aswani im Porträt Portrait of Ala al-aswani, 2011 PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY Copyright: LeonardoxCendamo/Leemage CEN09848 Portrait of Ala Al 2011 PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY Copyright LeonardoxCendamo Leemage CEN09848
    Im Visier des ägyptischen Staates: Bestseller-Autor Alaa Al-Aswani. (imago stock&people, Fotografia Ritratto Cendamo )
    Sein neuer Roman ist eigentlich ein Rückblick: auf Ägypten im Revolutionsjahr 2011. Aber Alaa Al-Aswani, ein Meister der literarischen Gesellschaftsanalyse, schaut nie nur zurück. Schon der Titel seines Buches ist brandaktuell: "Gomhorreya kaanu", "Republik als ob":
    "In einer Diktatur sieht alles so aus 'als ob'. Es wirkt real, aber es ist Fake", so Alaa Al-Aswani. "Das fängt bei den Wahlen an, die der Präsident organisiert, bis hin zum Privatleben jeder Frau, jedes Mannes in Ägypten oder in jeder anderen Diktatur. Da lernt man zu zeigen, dass alles okay ist, und zu verbergen, wer wir wirklich sind."
    Verlag machte Rückzieher
    Wie die Ägypter das tun, erzählt Alaa Al-Aswani mit Hilfe seiner fiktiven Protagonisten vor dem realen Hintergrund des Volksaufstandes. Heute, im Jahr 2018, enthält dieser Romanstoff ein bitteres Déja Vu. Ägyptens autokratisch regierender Präsident Abdel Fattah Al-Sisi stellt sich ohne nennenswerten Gegenkandidaten Ende März zur Wiederwahl. Wer daran Kritik übt, ist staatlichen Repressionen ausgesetzt. Al-Aswanis neues Buch musste jetzt deshalb von einem libanesischen Verlag herausgebracht werden. Der 60-Jährige berichtet, dass sich sein Verleger in Ägypten schlichtweg nicht mehr getraut habe:
    "Es gab starken Druck der Sicherheitsbehörden, wurde mir vom Verlagshaus gesagt. Es ging in erster Linie um den Inhalt, aber auch um mich als Person. Ich bin in Ägypten von allem ausgeschlossen worden, dass ich in der Zeitung schreibe, dass ich im Fernsehen auftrete", sagt Al-Aswani. "Einer der Verleger, der meinen Vertrag unterschrieben und mich sogar schon im Voraus bezahlt hatte, teilte meinem Agenten plötzlich mit, er könne die politischen Konsequenzen für diesen Buch nicht tragen."
    Al-Aswanis Fall ist zwar ein besonders prominenter, aber nur einer von vielen. Immer wieder gibt es Razzien bei ägyptischen Verlegern, Festnahmen von Schriftstellern und Bloggern. Allein 31 Journalisten sind derzeit in Haft, so das Kairoer Journalistensyndikat vor wenigen Tagen. Reporter werden vermisst. Der deutsche Schriftstellerverband PEN blickt mit großer Sorge nach Ägypten. Gesetzesänderungen sollen die staatlichen Übergriffe legitimieren, so Vizepräsident Sascha Feuchert:
    "Erst im November haben wir uns gemeinsam mit anderen Menschenrechtsorganisationen an den Hohen Kommissar für Menschenrechte der UN gewandt und darauf hingewiesen, wie sehr diese Gesetze den Sicherheitskräften in die Hände spielen, um Oppositionelle und darunter eben besonders die Autoren massiv einzuschüchtern und zu verfolgen durch willkürliche Festnahmen, Haft unter übelsten Bedingungen oder eben Ausreiseverbote."
    Freie Meinungsäußerung via Twitter
    Zusätzlich habe der ägyptische Staat inzwischen knapp 500 Internet-Seiten blockiert. Der Schriftsteller Alaa Al-Aswani, dessen Erfolgsroman "Der Jakubijan-Bau" auch ins Deutsche übersetzt wurde, nutzt unterdessen Twitter, um seine Meinung weiter unters Volk zu bringen. Er hat 3,3 Millionen Follower. Er lasse sich nicht mundtot machen, so der Ägypter kämpferisch. Auch wenn er im Januar kurz vor seinem Abflug zu einer Lesereise in die USA sogar persönlich schikaniert worden sei:
    "Ich wurde am Kairoer Flughafen zwei Stunden lang völlig grundlos von der Staatssicherheitsbehörde festgehalten. Das war eine Botschaft, die mit meiner politischen Position gegen das Regime und gegen die Diktatur zu tun hat. Die Botschaft lautet: Wir können Dir jederzeit Schaden zufügen. Auch wenn Du hier bekannt bist und im Ausland geschätzt, können wir mit Dir machen, was wir wollen."