Seit einem Jahr sind Tankstellenbetreiber verpflichtet, Preisänderungen bei den gängigen Kraftstoffsorten an die Markttransparenzstelle des Bundeskartellamtes zu melden. Diese gibt die Daten an Verbraucher-Informationsdienste weiter. Aktuell hat die Behörde 37 Websites und Apps zugelassen. Fast alle sind kostenfrei. Dennoch fällt die erste Bilanz des größten Automobilclubs ernüchternd aus, Andreas Hölzel vom ADAC:
"Man durfte sich von Anfang an nicht die übergroßen Hoffnungen machen, dass mit Einführung der Markttransparenzstelle die Preise an den Zapfsäulen purzeln. Das ist natürlich nicht der Fall. Es ist allerdings ein gutes Instrument für die Verbraucher. Man kann sich informieren über die aktuellen Preise und zwar minutengenau."
Man kann sich informieren...genau darin liegt der Knackpunkt. Denn der Verbraucher kann sich zwar informieren, er tut es offenbar nicht ausreichend, um am Markt etwas zu bewegen. Genaue Statistiken über das Verbraucherverhalten gibt es nicht, nur Anhaltspunkte. So wurde die hauseigene App des ADAC zwei Millionen Mal heruntergeladen und wird gerade einmal 150.000 Mal am Tag genutzt.
Durch die Verbraucher-Apps die Preise übersichtlicher zu gestalten und dadurch dem Markt mehr Stabilität zu geben - das war Idee der Politik bei der Einführung der Markttransparenzstelle. Der Automobilclub AvD sieht in dem theoretischen Ansatz den entscheidenden Denkfehler. Übersehen wurde dabei, dass viele Verbraucher Firmenwagen hätten, mithin mehr auf zügiges Tanken und weniger auf den Preis achten würden, andere wiederum sich tankstellentreu verhielten. Johannes Hübner vom AvD:
"Wir schätzen, dass maximal die Hälfte aller Autofahrer überhaupt preisbewusst tankt. Wenn man nun etwas erreichen wollte, sollte man wie im Ausland verfügen, dass vielleicht doch nur einmal am Tag der Preis geändert werden sollte, das bringt dem Verbraucher mehr Stabilität."
Von Preisstabilität keine Spur
Seit der Einführung der Apps sei nun das Gegenteil der Fall. Statt Preisstabilität an den Tankstellen werden die Preise statt wie einst drei Mal am Tag nun bis zu sieben Mal geändert. Der Grund: Die Mineralölunternehmen nutzen die Informationen der Apps ebenso, sie können nun viel einfacher auf Preisunterschiede reagieren.
"Im Prinzip ist es wie an der Börse. Denn wo man vorher noch Marktbeobachter brauchte und Tankstellen, die einem Preise nannten, kann man es selber über das App nachsehen. Die Mineralölunternehmen haben selbst mehr Geschwindigkeit in der Preisgestaltung gewonnen. Innerhalb von zehn Minuten kann in ganz Deutschland nun der Preis umgestaltet werden."
Helfen könnte da nur eins, glaubt Hübner: Die Kartellwächter sollten ihr neues Instrument selbst einsetzen und endlich gegen Preisabsprachen vorgehen, die nun via App dokumentiert würden. Auch Stefan Zieger vom Bundesverband Freier Tankstellen sieht nun kaum mehr Chancen für echten Wettbewerb in der Benzinpreisentwicklung.
"Aus unserer Sicht sind die Profiteure die großen Mineralölgesellschaften. Die haben so gute Computersysteme, die reagieren sofort auf minimale Preisänderungen, sodass wir die Nische, in der wir vorher agieren konnten, als Preiswettbewerber eher verloren haben. Wir müssen unbedingt unsere Nische finden auf dem gläsernen Markt, sonst kann das bedeuten, dass die Freien als Folge der Markttransparenzstelle vom Markt verschwinden."
Nachteile der freien Tankstellen
Schließlich haben die freien Tankstellen ein zusätzliches Problem: Ihre Lieferanten sind gleichzeitig die Tankstellenkonkurrenten. Was bedeutet: Sie können meist nicht so günstig einkaufen wie die Mineralölunternehmen selber. Neue Bewegung im Tankstellen-Markt könnte lediglich ein Anstieg der Ölpreise bringen. Dann nämlich – so die Hoffnung – werden die Verbraucher mehr vergleichen.